Heinz Langerhans

Heinz Langerhans

Heinz Langerhans (* 22. Februar 1904 in Bad Homburg; † 4. Mai 1976) war ein deutscher Sozial- und Politikwissenschaftler und Publizist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Heinz Langerhans war als Student wie Richard Löwenthal, Wolfgang Abendroth und andere in der "Kostufra" (Kommunistische Studentenfraktion) (Universität Frankfurt am Main) aktiv. Langerhans gehörte als Marxist zur sogenannten Korsch-Gruppe. Er wurde 1926 aus der KPD ausgeschlossen. Nach dem Studium war er Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt am Main.

1933 wurde Langerhans bei der Herstellung einer antifaschistischen Zeitung verhaftet und wegen "Hochverrats" zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Während der Haft schrieb er auf Zigarettenpapier seine Gefängnisthesen, die aus dem Zuchthaus heraus geschmuggelt und Karl Korsch im dänischem Exil zugespielt werden konnten. Nach Ablauf der Zuchthausstrafe wurde Langerhans in das Konzentrationslager Sachsenhausen "überstellt". Im Rahmen einer Amnestie (50. Geburtstag des damaligen Reichskanzlers Adolf Hitler) wurde er Ende April 1939 begnadigt und entlassen.

Langerhans emigrierte nach Belgien und wurde im Mai 1940 nach dem Einmarsch deutscher Truppen interniert und nach Südfrankreich deportiert. Von dort emigrierte er 1941 in die USA. Die rigiden Beschränkungen gegen die Einwanderung organisierter Kommunisten in die USA umging Langerhans dadurch, dass er einen Bescheinigung Fritz Heines vorlegte, derzufolge er Sozialdemokrat sei. In den USA ging Langerhans nach Boston, wo sein früherer Lehrer Korsch Professor war, und studierte kurzzeitig an der Harvard-University. Bald darauf erhielt er am Gettysburg College eine Professur.

Im amerikanischen Exil rief Langerhans die deutschen Emigranten auf, den Stalinismus als neuen Hauptfeind zu erkennen und denunzierte tatsächliche oder vermeintliche NKWD-Agenten. Max Horkheimer bezeichnete ihn in einem Brief an Felix Weil als einen gestörten Menschen und fügte hinzu: "Es ist eine Tatsache, daß die meisten Menschen, die in einem Konzentrationslager festgehalten wurden, die Spuren der Hölle in sich tragen." [1]

Langerhans kehrte 1957 in die Bundesrepublik Deutschland zurück und bekam nach Unterstützung von Abendroth in den 1960er Jahren eine außerordentliche Professur für Politikwissenschaft an der Universität Frankfurt am Main. Im Protokoll des Stuttgarter SPD-Parteitages von 1958 wird er als Debattenredner aufgeführt. [2]

Faschismusanalyse

In seinen Gefängnisthesen und im Aufsatz "The Next World Crisis, the Second World War and the World Revolution" entwickelte Langerhans den Begriff vom "Staatssubjekt Kapital". Für Langerhans war die "Volksgemeinschaft" keine Propagandalüge, sondern eine "große soziale Pazifizierungsaktion", die als Bündnis von "Mob und Elite" den Klassenkampf außer Kraft setzte. Die zuerst von Langerhans als damaligem linksmarxistischen Theoretiker skizzierte politikwissenschaftliche Bündnisthese wurde später von Hannah Arendt in "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft", wieder aufgenommen. Für Langerhans begann die faschistische Periode historisch keineswegs erst mit den Krisenjahren der Weimarer Republik 1929/30, sondern mit dem Ersten Weltkrieg. In den Gefängnisthesen (1934) sagte Langerhans den Zweiten Weltkrieg für 1940 voraus.

Werke (Auswahl)

  • The Next World Crisis, the Second World War and the World Revolution (1935).
  • Staatssubjekt Kapital. Texte zur Diskussion um Faschismus, Krieg und Krise. Mit einem Vorwort von Jan Gerber, Halle 2004.

Literatur

  • Michael Buckmiller: Anmerkungen zu Heinz Langerhans und seinem Bericht über das „Buch der Abschaffungen“ von Karl Korsch, in: Archiv für die Geschichte des Widerstandes und der Arbeit, 1988, S. 99-105
  • Hermann Weber, Andreas Herbst (Hrsg.): Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. Zweite, überarbeitete und stark erweiterte Auflage. Karl Dietz Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3320021306 (Online, abgerufen am 19. August 2011).

Weblink

Einzelnachweis

  1. Ralf Fischer, Mob und Elite. Faschismustheorie neue alte Folge: Eine Broschüre macht die »Gefängnisthesen« des fast vergessenen Heinz Langerhans wieder zugänglich, in: Junge Welt vom 6. April 2005
  2. Siehe [1]

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