Cassius Dio Cocceianus

Cassius Dio Cocceianus

Lucius Cassius Dio Cocceianus[1] (* um 163 in Nikaia in Bithynien; † nach 229) war ein römischer Senator, Konsul, Schriftsteller und Geschichtsschreiber.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Cassius Dio war der Sohn des Senators Cassius Apronianus. Sein tatsächlicher Name ist Cassius, er nahm aber die beiden anderen Namen an, um eine (in der modernen Forschung umstrittene) Abkunft mütterlicherseits von Dion Chrysostomos zu belegen. Obwohl er von seiner Mutter her tatsächlich griechischer Abstammung war und obwohl er die im ganzen römischen Osten maßgebende griechische Sprache in seinen Schriften benutzte, muss er aufgrund seiner politischen Laufbahn und seiner Weltanschauung als Römer angesehen werden.

Cassius Dio verbrachte den größten Teil seines Lebens im öffentlichen Dienst. Er wurde unter Commodus (Kaiser 180–192) Senator und nach dem Tod des Septimius Severus (193–211) Curator der kleinasiatischen Städte Smyrna und Pergamon. Um das Jahr 205 war er Konsul, später Prokonsul von Africa und schließlich Statthalter von Pannonien und Dalmatien. Der junge Kaiser Severus Alexander (222–235) schätzte ihn sehr und machte ihn 229 zum zweiten Mal zum Konsul. Nach seinem zweiten Konsulat kehrte Cassius Dio in seine Heimat zurück, wo er um 235 starb.

Werk

Cassius Dio veröffentlichte eine Römische Geschichte in achtzig Büchern, die Frucht einer 22jährigen Arbeit. Sie umfasst 983 Jahre, beginnt mit der Ankunft des mythischen Aeneas in Italien, und reicht über die Gründung von Rom bis zu seinem Konsulatsjahr 229. Bis zur Zeit Caesars sind seine Angaben eher summarisch, danach bietet er mehr Details, und ab der Herrschaft des Commodus wird er sehr ausführlich in der Darstellung dessen, was vor seinen Augen geschah. Von den ersten 36 Büchern sind nur Fragmente erhalten, allerdings ein beträchtlicher Teil des 35. Buches mit dem Krieg des Lucius Licinius Lucullus gegen Mithridates VI. von Pontus, und des 36. Buches mit dem Krieg gegen die Piraten und den Feldzug des Pompeius gegen den König von Pontus. Die folgenden Bücher, bis zum 54. einschließlich, sind fast vollständig, sie behandeln die Zeit von 65 bis 12 v. Chr., also vom Asienfeldzug des Pompeius und dem Tod des Mithridates bis zum Tod von Marcus Vipsanius Agrippa. Das 55. Buch weist eine erhebliche Lücke auf. Die Bücher 56 bis 60 behandeln die Zeit von 9 bis 47 n. Chr. und sind vollständig. Von den folgenden 20 Büchern sind wieder nur Fragmente und dürftige Auszüge (epitome) von den Byzantinern Johannes Xiphilinos, einem Mönch des 11. Jahrhunderts und Neffen des gleichnamigen Patriarchen von Konstantinopel, und Johannes Zonaras aus dem 12. Jahrhundert erhalten. Das 80. und letzte Buch beschreibt die Zeit von 222 n. Chr. bis 229 n. Chr. in der Regierungszeit des Severus Alexander. Der noch vorhandene Teil der Zusammenfassung des Xiphilinos beginnt mit dem 35. Buch und reicht bis zum Ende des 80. Buches. Sie ist eine sehr gleichgültige Arbeit, die im Auftrag des Kaisers Michael VII. Parapinaces von Konstantinopel erstellt wurde.

Die Fragmente der ersten 36 Bücher liegen in vier Versionen vor:

  1. Die Fragmenta Valesiana, verteilt auf verschiedene Schreiber, Grammatiker, Lexikografen etc., wurden von Henri de Valois zusammengetragen.
  2. Die Fragmenta Peiresciana enthalten große Teile und wurden gefunden im Abschnitt De virtutibus et vitiis der großen Sammlung oder transportablen Bibliothek, die im Auftrag des Kaisers Konstantin VII. Porphyrogenitus zusammengestellt wurde. Dazu gehörte das Manuskript Nicolas-Claude Fabri de Peiresc.
  3. Die Fragmente der ersten 34 Bücher, erhalten im zweiten Teil dieser Bibliothek, genannt De legationibus. Diese sind unter dem Namen Fragmenta Ursiniana bekannt, da das Manuskript, welches diese Texte enthielt, in Sizilien bei Fulvio Orsini gefunden wurde.
  4. Die Excerpta Vaticana, die Fragmente der Bücher 1 bis 35 und 61 bis 80 enthalten. Zu diesen wurden Fragmente eines unbekannten Schreibers hinzugefügt, der die Arbeit Dios bis zur Zeit von Konstantin I. fortsetzt. Andere Fragmente von Dio, die hauptsächlich zu den ersten 35 Büchern gehören, wurden in zwei vatikanischen Manuskripten gefunden, die eine Sammlung enthalten, die von Maximus Planudes erstellt wurde. Die Annalen des Zonaras enthalten ebenfalls mehrere Exzerpte aus Dio.

Dio, der einen betont senatorischen Standpunkt vertrat (senatorische Geschichtsschreibung), nahm Thukydides zum Vorbild, aber der Imitator ist nicht vergleichbar mit dem Original, weder im Arrangement oder in der Verteilung des Materials, noch in der Vernunft des Blickwinkels oder der akkuraten Schlussfolgerung. Sein Stil ist, wo der Text nicht verderbt ist, im allgemeinen klar, obwohl er voller Latinismen steckt; seine Reden sind, wie in der antiken Geschichtsschreibung üblich, frei erfunden. Seine Sorgfalt steht außer Frage, und in seiner Situation war er gut vertraut mit den Geschehnissen im Römischen Reich während der Periode, für die er eine zeitgenössische Autorität ist.

Der Wert Dios als Quelle ist, trotz mancher Probleme, sehr hoch, gerade für die Kaiserzeit bietet er Informationen, die sonst nirgendwo verzeichnet sind; auch für die ausgehende Republik bietet er wertvolles Material.

Literatur

Übersetzungen

Sekundärliteratur

  • Lukas de Blois: Emperor and Empire in The Works of Greek-speaking Authors of the Third Century AD. In: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt (ANRW) II.34.4 (1998), S. 3391-3443.
  • Lukas de Blois: Volk und Soldaten bei Cassius Dio. In: ANRW II.34.3 (1997), S. 2650-2676.
  • Fergus Millar: A Study of Cassius Dio. Oxford 1964. (Standardwerk)
  • Bernd Manuwald: Cassius Dio und Augustus. Philologische Untersuchungen zu den Büchern 45-56 des dionischen Geschichtswerkes. Wiesbaden 1979.
  • Eduard Schwartz: Cassius Dio. In: Pauly-Wissowa RE 3, 2 (1899), Sp. 1684–1722 [auch in: Eduard Schwartz: Griechische Geschichtschreiber. 2. Aufl. Leipzig 1959, S. 394ff.]

Weblinks

Anmerkungen

  1. Zu seinem Namen: Roman Military Diplomas, Roxan, 133 = L. Cassius Dio; das Cognomen Cocceianus wird erst in byzantinischer Zeit erwähnt und ist daher fiktiv; ein weiterer Gentilnomen Claudius in L’Année épigraphique 1971, 430 = Κλ΄ Κάδδιος Δίων wird als fehlerhafte Wiedergabe des L(ucius) gesehen.

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