Hans Wolfgang Singer (Ökonom)

Hans Wolfgang Singer (Ökonom)

Sir Hans Wolfgang Singer (* 29. November 1910 in Wuppertal-Elberfeld; † 26. Februar 2006 in Brighton, Großbritannien) war ein aus Deutschland stammender international anerkannter Ökonom.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hans Singer studierte nach dem Abitur am Elberfelder Gymnasium zunächst Medizin an der Universität Bonn, wechselte jedoch im zweiten Semester zu Wirtschaftswissenschaften. Nach seinem Abschluss 1932 wurde er Assistent von Arthur Spiethoff. Er wurde zudem durch die Arbeit von Joseph A. Schumpeter nachhaltig geprägt. Singer musste 1933 im Alter von 22 Jahren auswandern. Schumpeter stellte nach der Flucht vor dem NS-Regime und der Emigration Singers in die Türkei einen Kontakt zu John Maynard Keynes her; Singer absolvierte daraufhin sein Promotionsstudium am King's College in Cambridge und wurde 1936 mit der Arbeit Materials for the Study of Urban Ground Rent promoviert. Er wurde zunächst „Assistant Lecturer in Economics“ an der Universität Manchester und wechselte im Jahre 1945 an das britische Stadtplanungsministerium.

Ab 1946 lehrte Singer an der Universität Glasgow. Ab 1947 wurde er für mehr als zwei Jahrzehnte für die Vereinten Nationen tätig, zunächst als Leiter Entwicklung im UN-Sekretariat, später betraut mit dem Aufbau der African Development Bank, des World Food Program, des UN Special Fund for Economic Development sowie an der Einrichtung des World Employment Program der internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Auf der von ihm für die UN verfassten Schrift „Postwar Price Relations in Trade between Underdeveloped and Industrialized Countries“ (1949), sowie einer im selben Jahr von Raul Prebisch veröffentlichen Arbeit, basiert die sogenannte Prebisch-Singer-These. Diese Studie gibt Forschungsergebnisse über die Entwicklung der Terms of Trade zwischen Industrie- und Entwicklungsländern wieder und demonstriert die Verschlechterung der Handelsbilanzen für die Länder der Peripherie.

Von 1947 bis 1969 war Singer ebenfalls Gastprofessor an der New Yorker The New School for Social Research. Seit 1969 arbeitete er als Research Fellow am Institute of Development Studies (IDS) der University of Sussex in Brighton, ab 1975 ordentlicher Professor für Ökonomie. 1985 wurde er emeritiert. In den 1960er Jahren war er darüber hinaus Gastprofessor an der City University of New York und am Williams College in Williamstown, Massachusetts.

1994 wurde er durch die britische Königin Elisabeth II. geadelt. Er erhielt für seine Arbeiten die Ehrendoktorwürde der Universität von Santa Fé (1988), der University of Sussex (1990), der Technischen Universität Lissabon sowie der Universität Glasgow (beide 1994), der Universität Innsbruck (1998) und der University of Kent (1999) sowie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Zur Erinnerung an und Ehrung von Sir Hans Singer initiierten das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) und das Institute of Development Studies (IDS) die „Hans Singer Memorial Lecture on Global Development“, die im jährlichen Rhythmus alternierend in Bonn und Brighton durchgeführt wird. Die ersten Memorial Lectures wurden von dem Entwicklungsökonomen Paul Collier und von Jomo Kwame Sundaram, Assistant Secretary General der United Nations Economic Commission for Africa (UNECA) gehalten.

Singer hatte Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg gemieden, nahm jedoch in den 1980er Jahren eine Einladung des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft der Wuppertaler Universität in seine Geburtsstadt an, um unter anderem Vorträge vor Studenten zu halten.[1]

Schriften

  • The Distribution of Gains between Investing and Borrowing Countries, in: American Economic Review 40 (1950), 473–485
  • The Mechanics of Economic Development. A Quantitative Model Approach, in: The Indian Economic Review 1 (1952/53), 1–18
  • International Development. Growth and Change, New York u.a. 1964
  • Employment, Incomes and Equality. A Strategy for Increasing Productive Employment in Kenya, Genf 1972 mit Richard Jolly
  • The Strategy of International Development, London 1975
  • Food Aid: Distinctive Effects and their Policy Implications, in: Economic Development and Cultural Change 25 (1977), 205–237 mit Paul J. Isenman
  • Thirty Years of Changing Thought on Development Problems, in: Misra, Rameshwar Prasad / Honjo, Masahiko (eds.): Changing Perceptions of Development Problems, Nagoya 1981, 69–76
  • The Terms of Trade Controversy and the Evolution of Soft Financing. Early Years at the UN, in: Meier, Gerald M. / Seers, Dudley (eds.): Pioneers in Development, New York u. a. 1984, 275–303
  • Terms of Trade and Economic Development, in: Eatwell, John et al. (eds.): The New Palgrave. A Dictionary of Economics. Vol. 4, London, Basingstoke 1987, 323–328.
  • Food Aid: Pros and Cons, in: Intereconomics 23 (1988), 79–83
  • Manufactured Exports of Developing Countries and their Terms of Trade since 1965, in: World Development 19 (1991), 333–340 mit Prabirjit Sarkar
  • Economic Progress and Prospects in the Third World. Lessons of Development Experience Since 1945, Aldershot 1993 mit Sumit Roy
  • The Foreign Aid Business, Cheltenham 1996 mit Kunibert Raffer
  • The Influence of Schumpeter and Keynes on the Development of a Development Economist, in: Hagemann, Harald (Hg.): Zur deutschsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Emigration nach 1933, Marburg 1997, 127–150
  • Growth, Development and Trade. Selected Essays of Hans W. Singer, Cheltenham u.a. 1998
  • The Economic North-South Divide. Six Decades of Unequal Development, Cheltenham 2001 mit Kunibert Raffer

Literatur

  • Cairncross, Alec / Puri, Mohinder (eds.): Employment, Income Distribution and Development Strategy. Problems of the Developing Countries
  • Essays in Honour of H. W. Singer, London, Basingstoke 1976
  • Clay, Edward / Shaw, John (eds.): Poverty, Development and Food. Essays in Honour of H. W. Singer on his 75th Birthday, London, Basingstoke 1987
  • Shaw, John: Sir Hans Singer: The Life and Work of a Development Economist, London 2002

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Universität Wuppertal. Nachruf

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