Misburger Hafen

Misburger Hafen
Kaianlage

Der Misburger Hafen ist ein Binnenhafen am Mittellandkanal in Hannover. Er liegt an der Grenze der Stadtteile Misburg-Nord und Misburg-Süd und ist über den Stichkanal Misburg vom Mittellandkanal aus erreichbar. Der kleinste der vier städtischen Häfen wird seit 1918 betrieben. Zunächst vor allem Umschlagplatz für die örtliche Zementindustrie entwickelte sich der Hafen zu einem Logistikzentrum im Bereich Wasser und Schiene für die Region um Hannover, Braunschweig und Hildesheim. Neben Zement und Zusatzprodukten wird hauptsächlich Schüttgut umgeschlagen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Portland Cementfabrik AG gründete für ihren Zementumschlag 1912 die Misburger Hafenbetriebsgesellschaft, an der sich die damaligen Landkreise Hannover und Burgdorf und die Gemeinde Misburg beteiligten.[1]

Neben dem Eisenbahnanschluss hatte der Hafen seit 1917 einen Anschluss an das Netz der Straßenbahn Hannover. Die Üstra betrieb bis 1953 im großen Umfang Güterstraßenbahnen und schlug im Misburger Hafen außer Zement noch Zucker, Mehl und Kohle um.

Bei den Luftangriffen auf Hannover war die Erdölraffinerie Deurag-Nerag ein Hauptziel von alliierten Bombern. Stichkanal und Hafen wurden ebenso wie Teile der Raffinerieanlagen mit Tarnnetzen abdeckt, um den anfliegenden Flugzeugen die Orientierung zu erschweren.[2] Ab 1940 gab es immer wieder Angriffe auf die Deurag-Nerag, die die Anlagen zum Teil für Monate außer Betrieb setzten. Am 24. August 1944 setzten über 300 Bomben die Raffinerie in Brand. 120 Bomben schlugen im Hafengelände ein, drei Schleppkähne wurden dabei versenkt. Am 11. September 1944 erhielt der Hafen noch einmal 170 Treffer, vier Schleppkähne wurden versenkt.[3]

Lage und Infrastruktur

Hafengelände und Gleisanlagen
Krananlagen am Kai

Erreicht wird der Hafen über den Stichkanal rund 900 m nach dem Abzweig vom Mittellandkanal bei km 171,6.

Die Hafenanlage umfasst etwa 20 ha mit einer Uferlänge von 420 m. Es steht eine Kailänge von 280 m mit einem DEMAG-Portaldrehkran aus den 1950er Jahren zur Verfügung. Die Gleislänge der Hafenbahn beträgt 6.840 m. Zwei hafeneigene Diesellokomotiven besorgen den Verschub der Waggons. Der Hafen ist über den Tarifbahnhof Misburg-Hafen an das öffentliche Gleisnetz angebunden (Güterumgehungsbahn Hannover). Auf der Straße sind die B 65 und die Autobahnen A 2 und A 7 leicht erreichbar.

Die heutige Hafenanlage befindet sich südlich des Stichkanals vor der Straßenbrücke der L 382 (Anderter Straße). Nördlich liegt der Bereich der ehemaligen Ölumschlaganlage mit dem angrenzenden Brachgelände der 1986 stillgelegten Deurag-Nerag-Raffinerie. Dieser Bereich ist im Zuge des Ausbaus des Stichkanals in eine naturnahe Flachwasserzone umgestaltet worden und wird nicht mehr genutzt. Im Übrigen ist der Seitenkanal nebst Hafen seit Oktober 2007 für Großmotorgüterschiffe (GMS) ausgebaut. Der Kanal hat eine Wassertiefe von 4,0 m und eine Breite zwischen den Spundwänden von 29,5 m. Da die vorhandene Wendestelle nicht für GMS ausgebaut wurde, müssen diese vorwärts in den Kanal fahren oder rückwärts herausaus.[4]

Zehn Betriebe sind im Einzugsbereich des Hafens angesiedelt, u.a.

  • Columbian Carbon Deutschland GmbH, Niederlassung Hannover
  • Jungenthal Waggon GmbH
  • Tanklager der VTG-LEHNKERING AG
  • Quick-Mix Hannover GmbH & Co KG Trockenmörtel (ehemals Tropholit- Edelputz)
  • Pape Entsorgung GmbH & Co KG

Auf dem Hafengelände zwei stillgelegte Kräne aus dem Jahr 1918, die teilweise bis Ende der 1980er Jahre eingesetzt wurden. Seitens der Stadt gab es Überlegungen, aus den beiden maroden Kränen einen Kran wieder aufzubauen und in einer anderen Hafenanlage als Denkmal aufzustellen. Der Bezirksrat Misburg-Anderten setzt sich dafür ein, die Krananlagen als Industriedenkmal am ursprünglichen Standort zu erhalten.[5] Laut Aussage der Stadtverwaltung im Juni 2009 wird am Plan zur Umsetzung einer Sanierung gearbeitet. Die Anlagen wurden in das niedersächsische Verzeichnis der Industriedenkmäler aufgenommen.[6]

Betreiber

Betreiber des Hafens ist die Misburger Hafen Gesellschaft mbH (MHG). Diese gehört zur Unternehmensgruppe Hafen Hannover, die daneben aus dem Eigenbetrieb Städtische Häfen Hannover (SHH) mit den Standorten Lindener Hafen und Nordhafen und der Beteiligungsgesellschaft Hafen Hannover GmbH (Brinker Hafen) besteht. Neben der Stadt Hannover (über die SHH mit 39,66%) sind an der MHG beteiligt: Die Teutonia Zementwerk AG Hannover (39,66 %), die Erdölraffinerie Deurag-Nerag GmbH Hannover (13,79 %) und die Region Hannover (6,89 %). Neben dem Hafenbetrieb ist die Verwaltung und Nutzung/Vermarktung der hafeneigenen Wasserflächen und Grundstücke für Industrieansiedlungen eine Aufgabe der MHG. Sie ist mit 21 % an der SANDIX Grundstücks-Vermietungsgesellschaft mbH & Co. KG in Düsseldorf beteiligt.[7]

Wirtschaftliche Entwicklung

Durch die zunehmende Bedeutung des Gütertransportes auf dem Wasser und die günstige Verkehrsanbindung erwirtschaftet die Hafengesellschaft einen Gewinn. Im Jahr 2007 wurde ein Überschuss von 335.000 € erzielt (Vorjahr 2006: 240.000 €).

Entwicklung des Hafenumschlags:

Jahr Schiff Eisenbahn
2006 275.700 t 267.100 t
2007 323.779 t (504 Schiffe) 272.241 t (4.724 Waggons)
2008 416.385 t (638 Schiffe) 245.684 t (4.223 Waggons)

Besondere Vorkommnisse

Am 25. November 2008 wurde bei Ausbaggerarbeiten im Hafen ein Bombenblindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg zu Tage gefördert. Dieser wurde mit einem Schleppkahn in den Bereich des Yachthafens gebracht und dort entschärft.[8]

Am 18. März 2009 vernichtet ein Großfeuer eine 100 × 80 m große Wartungshalle der Jungenthal Waggon GmbH auf dem Hafenareal. Trotz eines der größten Feuerwehreinsätze der jüngeren hannoverschen Geschichte entstand ein Schaden von ca. 6 Millionen Euro.[9]

Weitere Häfen

Die vier städtischen Häfen erbrachten 2008 mit rund 90 Mitarbeitern zusammen eine Umschlagleistung von fast 4 Mio. Tonnen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Stadtlandschaften und Brücken in Hannover, Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte (Hrsg.), Schlütersche Verlag, Hannover 2000, ISBN 3877065570
  2. Augenzeugenberichte Anderter Bürger
  3. Chronik 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr in Misburg von 2002
  4. Pressemitteilung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung vom 25. Oktober 2007 pdf
  5. Bezirksratssitzung Misburg-Anderten vom 3. Dezember 2008
  6. Bezirksratssitzung Misburg-Anderten vom 3. Juni 2009
  7. Beteiligungsbericht der Region Hannover 2008, S. 65/66
  8. Presseinformation der Feuerwehr Hannover vom 25. August 2009
  9. Presseinformation der Feuerwehr Hannover vom 19. März 2009
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