Großsteingräber bei Lüdelsen

Großsteingräber bei Lüdelsen
Grab 1
Grundriss des Grabes Lüdelsen 1 nach Krause/Schoetensack
Grab 2
Grundriss des Grabes Lüdelsen 2 nach Krause/Schoetensack

Die Großsteingräber bei Lüdelsen sind eine Gruppe von sechs jungsteinzeitlichen Grabanlagen nahe der Ortschaft Lüdelsen im Altmarkkreis Salzwedel, Sachsen-Anhalt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die Grabanlagen bei Lüdelsen zerfallen in zwei Gruppen. Die erste Gruppe befindet sich in einem Waldstück etwa 2,1 km östlich der Ortsmitte von Lüdelsen[1], nahe der Straße nach Stöckheim. Diese Gruppe beschreibt eine etwa 200 m lange Linie und besteht aus den Gräbern 1 bis 5. Grab 6 liegt abseits der Gruppe, etwa 800 m weiter westlich.[2]

Grab 1

Grab 1 gehört zum Typ der Polygonaldolmen. Es liegt auf einem Hügel, der von Süden aus gemessen 1,8 m und von Norden aus gemessen 0,8 m Höhe erreicht. Seine Kanten sind angepflügt, wodurch er heute eine spitzovale Form besitzt. Das Grab besaß ursprünglich acht Wandsteine, von denen sich noch sechs erhalten haben, sowie einen Deckstein mit den Maßen 2,9 m × 2,2 m × 1,0 m. Auf dem Deckstein wurde eine größere Anzahl Schälchen eingetieft. Eine Grabeinfassung (Hünenbett) hat wahrscheinlich nie existiert. Die Grabkammer misst 2,5 m × 1,2 m und hat eine sichtbare Höhe von 0,6 m.[3]

Das Grab befindet sich heute inmitten eines Feldes und wird von einer Baumgruppe umstanden. Es ist nicht durch einen Weg zugänglich.[4]

Grab 2

Bei Grab 2 handelt es sich um einen Großdolmen. Es liegt an einem nach Süden abfallenden Hang und ist durch den Bau einer nahe gelegenen Straße stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Der längliche Hügel, auf dem es liegt, wurde dadurch teilweise aufgeschüttet, teilweise eingetieft. Die Grabeinfassung weist eine Ost-West-Orientierung auf. Heute sind noch elf Umfassungssteine vorhanden, deren Verteilung auf eine ovale Umfassung mit einer Breite von 8,5 m schließen lässt. Die ursprüngliche Länge lässt sich nicht mehr feststellen.[5]

Das Grab selbst ist wie die Umfassung ost-westlich orientiert und besteht heute noch aus zwei zerbrochenen Decksteinen und sechs Wandsteinen. Der östliche und größere der beiden Decksteine misst 2,7 m × 1,9 m × 1,1 m. Auf seiner Südseite befinden sich etwa elf Schälchen. Die Grabkammer ist durch die eingestürzten Decksteine stark beschädigt worden. Sie ist rechteckig, 1,6 m breit und mindestens 3,5 m lang. Die Bestattung ist vermutlich ausgenommen worden.[6]

Grab 3

Grab 3

Grab 3 ist dank einer 2007 durchgeführten Ausgrabung der Christian-Albrechts-Universität Kiel und des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt das am besten erforschte Grab bei Lüdelsen. Es gehört zum Typ der erweiterten Dolmen und liegt an einem Südhang. Vor Beginn der Grabungen waren nur zwei Deck- und zwei Wandsteine sowie die Hügelschüttung von etwa 10 m Durchmesser erkennbar. Das Grab ist westnordwest-ostsüdöstlich orientiert.[7]

Die Ausgrabung ergab, dass die Hügelschüttung in zwei Phasen erfolgte. Der Durchmesser der zweiten, größeren Hügelschüttung konnte auf etwa 30 m bestimmt werden.[8] Ebenso konnten Einfassungen ausgemacht werden, welche aus mindestens zwei Steinkreisen bestehen. Die innere konnte eindeutig rekonstruiert werden. Sie besteht aus 10–40 cm großen Feldsteinen, die in zwei bis drei Lagen übereinander gelegt worden waren. Die innere Hügelschüttung endet am Steinkreis. Eine äußere Reihe aus größeren Steinen ist nur teilweise erhalten. Ihre ursprüngliche Form ist unklar.[9]

Im Bereich der Kammer traten bei der Ausgrabung weitere Tragsteine zu Tage. Die Kammer misst außen 4,2 m × 2,6 m und besteht aus sieben Tragsteinen, auf denen zwei Decksteine ruhen. Zwei weitere Tragsteine im Osten bilden den Zugang, der stark nach Norden abknickt.[10]

In der Grabkammer wurde zerscherbte Keramik und Feuersteinartefakte gefunden, die zu unterschiedlichen Kulturen gehören und auf einen langen Nutztungszeitraum schließen lassen. Vertreten sind die Trichterbecherkultur (4200–2800 v. Chr.), die Kugelamphorenkultur (3100–2700 v. Chr.) und die Einzelgrabkultur (2800–2100 v. Chr.). Eine der Nachbestattungen könnte der Schnurkeramik (2800–2200 v. Chr.) zuzuordnen sein.[11] Keramikfunde vor der Kammer belegen eine Nutzung der Anlage von der Jungsteinzeit bis in die Eisenzeit.[12]

Grab 4

Grab 4

Grab 4 ist ein Großdolmen und liegt an einem leichten Südhang. Weder ein Hügel noch eine Grabeinfassung sind erkennbar. Das Grab bestand ursprünglich aus acht Wand- und drei Decksteinen. Ein Wand- und zwei Decksteine sind heute nicht mehr vorhanden. Die Grabkammer ist ost-westlich orientiert, rechteckig oder trapezförmig und besitzt die Innenmaße 3,3 m × 1,4 m. Der noch vorhandene Deckstein misst 1,8 m × 1,1 m. Der nordwestliche Wandstein besitzt eine auffällige, tiefe Rinne, die aber wohl natürlich entstanden ist.[13]

Grab 5

Grab 5

Auch bei Grab 5 handelt es sich um einen Großdolmen. Wie Grab 4 liegt es an einem leichten Südhang. Der Grabhügel ist nordwest-südöstlich orientiert, stark erodiert und erreicht noch eine maximale Höhe von etwa 0,6 m. Eine Umfassung lässt sich nicht eindeutig nachweisen, ein in der Nähe des Grabes befindlicher Stein könnte aber auf ihre einstige Existenz hindeuten. Das Grab bestand ursprünglich aus acht Wand- und drei Decksteinen. Zwei Wand- und zwei Decksteine sind heute nicht mehr vorhanden. Die Grabkammer ist nordwest-südöstlich orientiert, rechteckig und besitzt die Innenmaße 2,5 m × 1,4 m. Der noch erhaltene Deckstein misst 2,2 m × 1,5 m × 0,8 m und besitzt auf seiner Oberfläche neben natürlichen Vertiefungen mindestens drei künstliche Schälchen.[14]

Grab 6 („Königsgrab“)

Grab 6
Grundriss des Grabes Lüdelsen 6 nach Krause/Schoetensack

Grab 6 ist das größte Grab in Lüdelsen und gehört gleichzeitig zu den größten und besterhaltenen Großsteingräbern der Altmark, weshalb es im Volksmund auch als „Königsgrab“ bezeichnet wird. Es gehört zum Typ der Ganggräber. Die gesamte Anlage ist ost-westlich orientiert. Die Umfassung ist trapezförmig und bestand ursprünglich aus etwa 60 Steinen, von denen sich noch 50 erhalten haben. Sie hat eine Gesamtlänge von 35,1 m und eine Breite zwischen 5,8 m und 8,5 m. In der Mitte ist sie schmaler als an den Enden. Die Umfassung besitzt vier Ecksteine (sogenannte „Wächtersteine“), die beiden westlichen befinden sich vor der eigentlichen Umfassung. Drei von ihnen und fünf weitere Steine sind umgekippt. Alle Umfassungssteine sind außergewöhnlich groß. So messen bspw. die östlichen Wächter 2,5 m × 0,9 m und 2,0 m × 1,7 m × 1,0 m sowie der südwestliche Wächter 2,7 m × 1,6 m[15]

Der längliche Grabhügel befindet sich innerhalb der Umfassung und erreicht in seinem östlichen Teil eine maximale Höhe von 1,7 m, während er in der Mitte noch 1,2 m erreicht. Die rechteckige Grabkammer weist die Innenmaße von 7,9 m × 1,7 m und eine Höhe von 1,1 m auf. Sie ist umgeben von 15 Wandsteinen, ein weiterer hat sich nicht erhalten. Alle fünf Decksteine sind noch vorhanden, zwei mittlere sind allerdings abgerutscht. Der größte Deckstein misst 2,2 m × 1,9 m × 0,8 m. An der Südseite der Grabkammer befand sich wahrscheinlich ein Zugang. Dieser ist heute allerdings nur noch dadurch erkennbar, dass sich an dieser Stelle sowohl zwischen den Wandsteinen als auch zwischen den Umfassungssteinen eine Lücke befindet.[16]

Grab 6 war im Sommer/Herbst 2009 Gegenstand von Ausgrabungen seitens der Christian-Albrechts-Universität Kiel, die seit Juli 2010 fortgesetzt werden.[17]

Siehe auch

Literatur

  • Hartmut Bock, Barbara Fritsch, Lothar Mittag: Großsteingräber der Altmark. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt und Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (Saale) 2006, ISBN 3-939414-03-4, S. 114–125.
  • Denis Demnick et. al.: Der Großdolmen Lüdelsen 3 in der westlichen Altmark (Sachsen-Anhalt). Baugeschichte, Rituale und Landschaftsrekonstruktion. In: www.jungsteinsite.de - Artikel vom 15. Dezember 2008 (PDF; 4,65 MB).
  • Eduard Krause, Otto Schoetensack: Die megalithischen Gräber (Steinkammergräber) Deutschlands. I.: Altmark. In: Zeitschrift für Ethnologie. Bd. 25, 1893, S. 153/Nr. 131–134 u. 137, Taf. VI/131–133 u. 137, VII/131–133 u. 137, IX/131 (PDF; 39,0 MB).

Weblinks

 Commons: Großsteingräber bei Lüdelsen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bock/Fritsch/Mittag, S. 116–118
  2. Demnick et. al., S. 2–3
  3. Bock/Fritsch/Mittag, S. 114
  4. Bock/Fritsch/Mittag, S. 114
  5. Bock/Fritsch/Mittag, S. 116
  6. Bock/Fritsch/Mittag, S. 116
  7. Diers, Demnick, Fritsch & Müller S. 65f
  8. Demnick et. al., S. 12–14
  9. Demnick et. al., S. 7–12
  10. Demnick et. al., S. 17–19
  11. Demnick et. al., S. 21–24
  12. Demnick et. al., S. 25–31
  13. Bock/Fritsch/Mittag, S. 118
  14. Bock/Fritsch/Mittag, S. 119
  15. Bock/Fritsch/Mittag, S. 120–121
  16. Bock/Fritsch/Mittag, S. 121
  17. http://webcl1top.rz.uni-kiel.de/megalithlandschaften/index.php?option=com_content&task=view&id=40&Itemid=49

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