Gore-Effekt

Gore-Effekt

Der Gore-Effekt ist zunächst eine nach Al Gore benannte ironische Bezeichnung für unzeitiges Schneewetter oder Kälteeinbrüche in Zusammenhang mit Veranstaltungen und Demonstrationen zu Gefahren der globalen Erwärmung.

Bei Fachleuten im Bereich Wettervorhersage gilt der Effekt, Bob Marciano von CNN zufolge, bereits als Running Gag. "Einfach schlechtes Timing. Immer wenn es eine entsprechende Klimakonferenz gibt, gibt es einen Kälteausbruch. Auf dem globalen Level haben wir immer noch eine Erwärmung." [1]

Harald Martenstein zufolge kommt der Gore-Effekt allerdings zu häufig vor, als dass er Zufall (etwa im Sinn eines cum hoc ergo propter hoc) sein könne .[2] Über die humorige Verwendung hinaus wird von Gore-Effekt auch bei besonders eigentümlichen politischen und wirtschaftlichen Einflussnahmen von Al Gore gesprochen und von Spezialeffekten bei den Filmgenres Splatter und Gore abgegrenzt.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung und Verwendung

Berichte über den angeblichen Effekt breiteten sich nach einem passenden Einzelereignis 2004 im Stil einer modernen Sage aus. Als erstes Auftreten des Gore-Effekts wird meist sein Redeauftritt bei einer im Januar 2004 veranstalteten Demonstration gegen die globale Erwärmung[3] genannt, die an einem der kältesten Tage in der Geschichte New Yorks stattfand. Auf Seiten der religiösen Rechten werden entsprechende Ereignisse mehr oder minder ernsthaft als Zeichen für ein angeblich mangelndes himmlisches Einverständnis zu den Aktivitäten Gores angeführt. So nahm der konservative Kongressabgeordnete Roy Blunt aus Missouri die damalige Eiseskälte zum Anlass, Gore vorzuwerfen, Mutter Natur wäre mit der Botschaft Gores genauso wenig einverstanden wie er selbst.[4] Ähnlich wurde später James Inhofe zitiert.

Listen mit Ereignissen aus aller Welt wurden zunächst in den USA auf informellen Websites und Blogs beschrieben und mitunter auch als politisches Kampfmittel benutzt. 2007 wurde der Begriff ins Urban dictionary aufgenommen.[5] Seit 2007 taucht der Begriff vermehrt in der amerikanischen und kanadischen Öffentlichkeit, so in überregionalen Tageszeitungen und politischen Magazinen auf und wurde etwa im Zusammenhang mit dem Kälteeinbruch zum Ende der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen angeführt.

Insbesondere dem ehemaligen US-Präsidentschaftskandidaten Al Gore wird dabei in spöttischer Weise nachgesagt, seine Vorträge und Aktivitäten fielen regelmäßig mit entsprechenden Wetterereignissen zusammen oder er löse diese sogar aus.[2] Der Gore-Effekt wird dabei ähnlich wie die Moderne Sage über eine vorgebliche Aussage Gores verwendet, er persönlich habe das Internet erfunden. Kommentatoren und Kritiker, insbesondere auch politische Gegner Gores führen Auflistungen von angeblichen oder tatsächlichen Belegen für den Gore-Effekt an, um Lebensstil und Auftritte des Multimillionärs und Nobelpreisträgers satirisch zu verzeichnen und das weltweite Engagement gegen die Globale Erwärmung ins Lächerliche zu ziehen. Harald Martenstein zufolge ist der Gore-Effekt schlicht ein Beweis dafür, dass die Natur, möglicherweise sogar Gott, über Humor verfüge.[2]

Mark Steyn hingegen bezog den Gore Effekt auch auf andere politische Aktivitäten Gores. Ein Goreeffekt habe auch Howard Dean geschadet, der kurz nach der Bekanntgabe der Unterstützung Gores für dessen Präsidentschaftskandidatur 2004 mit einem landesweit Aufsehen erregenden Ausraster (dem "Dean-Scream") in der Versenkung verschwand. Gore würde womöglich auch der Kampagne gegen die Globale Erwärmung auf Dauer ähnliche Glaubwürdigkeitsverluste beibringen.[6]

Ebenso stellte der im Zusammenhang mit der Hockeyschläger-Kontroverse bekanntgewordene Klimaskeptiker Steve McIntyre in seinem Blog Climateaudit in einem Beitrag unter dem Titel How Al Gore Saved Christmas (Wie Al Gore Weihnachten rettete) am 25. Dezember 2008 einen eher märchenhaft formulierten Bezug zwischen Vortragsreisen von Al Gore ins kanadische Toronto 2006 und 2007 und den danach aufgetretenen stärksten Schneefällen seit 1883 her.[7]

Beispiele

  • Senatsanhörungen Gores zur Gesetzgebung zur globalen Erwärmung im März 2006 wurden aufgrund eines Schneesturms abgesagt und im Januar 2009 von einem Eisregen begleitet.[8][9]
  • Anlässlich einer Vortragsreise Gores Ende 2006 kam es zu ungewöhnlich nasskaltem Wetter in Neuseeland, es schneite im November 2006 im Bundesstaat Victoria (Australien) und eine Demonstration gegen die globale Erwärmung in Sydney musste gegen nasses und stürmisches Wetter ankämpfen.[10]
  • Die Extremsportlerinnen Ann Bancroft und Liv Arnesen waren im März 2007 gezwungen, eine Arktisüberquerung, die globale Erwärmung aufmerksam machen sollte, wegen extremer Kälte und Erfrierungen abzubrechen.[11][12]
  • Aufgrund heftiger Schneefälle in den USA während der UN-Klimakonferenz auf Bali spekulieren einige Blogger über eine Fernwirkung des Gore-Effekts.[13] Einige Spötter dichten Gore weitere übernatürliche Fähigkeiten an und nehmen seine Rhetorik und Körperhaltung als Hinweis auf eine extraterrestrische Herkunft. In dem Zusammenhang wird auch gerne auf Gores Geburt im März 1948, knapp 9 Monate nach dem Roswell-Zwischenfall im Juni 1947 verwiesen.[14]
  • Am 22. Oktober 2008 fiel ein Vortrag von Al Gore an der Harvard University mit einem seit über 125 Jahren einmaligen Temperaturminimum zusammen.[8]
  • 2008 wird eine Marathondebatte des britischen House of Commons zur Klimagesetzgebung vom ersten Schneefall im Oktober in London seit 1922 begleitet.[8]
  • Eine Veranstaltung Al Gores zur globalen Erwärmung in Italien Mitte Dezember 2008 war ungewöhnlichen Schneefällen in Mailand, Rom, Neapel und Palermo begleitet.
  • Ein Besuch von Al Gore in Australien im Juli 2009 bzw. 2006[9] anlässlich der Aktion Safe Climate Australia in Melbourne war mit einem plötzlichen Kälteeinbruch und starken Schneefällen verbunden.[15]
  • Eine im März 2009 angesetzte Großdemonstration in Washington gegen die globale Erwärmung fiel mit Schneefall und dadurch bedingten Verkehrsproblemen zusammen. Die als Rednerin vorgesehene Politikerin Nancy Pelosi musste ihre Teilnahme absagen.[9]
  • Bereits zum Ende der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 drohte in den USA ein Wintereinbruch und eine turbulente Wetterlage über dem Nordatlantik. Die US-Senatsdelegation wie Präsident Obama selbst reiste vorzeitig ab. Bei der Ankunft Obamas in den USA kam es zu wetterbedingten Behinderungen, unter anderem musste er aufgrund eines extremen Schneesturms auf den sonst üblichen Transfer per Hubschrauber verzichten.[9][16][17]
  • Das geringe Interesse an einzelnen von Gore angeregten Live Earth Konzerten wurde auf unzeitgemäßes Kaltwetter und Schneefälle und den Gore-Effekt zurückgeführt.[18]
  • Ein im Dezember 2009 stattgefundenes CNN-Interview mit Gore zu den Gefahren der globalen Erwärmung wurde vom konservativen Newsbuster Portal mit dem nachfolgenden Wetterbericht über den Monsterschneesturm in mehreren US-Staaten kontrastiert.[19]
  • Eine Scream-In Protestaktion gegen das Scheitern der Konferenz in Kopenhagen an der University of Utah im Dezember 2009 hatte aufgrund des lokalen Schneesturms nur wenig Zulauf. Die Veranstalterin bestätigte die Ironie der Situation und erwähnte, dass es ihr im vergangenen Jahr in Washington nicht besser ergangen sei, hält aber an der Fortsetzung der Proteste fest.[20]
  • Im April 2010 gab Gore über Twitter durch, der April 2010 hätte den geringsten Schneefallmenge in den USA seit Menschengedenken. 2 Tage später kam es in Colorado und Wyoming zu größeren Schneefällen, was in Zeitungsblogs als erneuter Gore-Effekt angeführt wurde[21][22]
  • Im Dezember 2010 war es bei der UN-Klimakonferenz in Cancún (Mexico) mit kühlen Temperaturen von 10 - 12°C an drei Tagen hintereinander so kalt wie seit Beginn der Aufzeichnungen nicht mehr.[23] Dr. Roy Spencer von der University of Alabama in Huntsville, ein Teilnehmer an der Konferenz, berichtete: Al Gore is not supposed to be here… but it could be that the Gore-Effect has announced his secret arrival. We will check into this.[24]

Hintergrund

Laut dem Meteorologen Joseph D’Aleo zeigt der Gore-Effekt die Mängel von kurzfristigen Wettervoraussagen auf.[8] Der Gore-Effekt ist kein Witterungsregelfall.

Nach Lisa Miller, der republikanischen Sprecherin des Energie- und Handelsausschusses im amerikanischen Senat sind die entsprechenden Auflistungen durchaus witzig, der Gore-Effekt habe aber keinen politischen Einfluss. Die Sprecherin Gores, Kalee Kreider bestätigt den amüsanten Aspekt, man solle sich aber, ihr zufolge, davon nicht von der Realität des Klimawandels ablenken lassen.[8][9]

Sonstiges

Einzelnachweise

  1. Wiedergabe eines Radiomittschnitts des "American Morning" Programs auf CNN, 5. Januar 2010
  2. a b c Kältetote in Peru Unser Kolumnist enthüllt Al Gores persönliche Klimakatastrophe, von Harald Martenstein, Die Zeit, 13. März 2009
  3. Kommentar: The Gore Effect Washington Times, 4. März 2009
  4. Gore decries 'global warming' in bitterly cold NYC Former VP slams Bush as 'moral coward,' says 'W' only concerned about financial contributors, WorldNetDaily Exclusive 15. Januar 2004
  5. Scowen, Peter, "AL GORE EFFECT, THE", Definition in "The New Climate Almanac", February 17, 2007, The Globe and Mail, der auf die Definition im Urban Dictionary referiert, daselbst Calvin, Bill, "The Gore Effect"
  6. Steyn, Mark, "Melting of the Polls", 26. März 2007, "The Corner" blog at "National Review Online" website
  7. How Al Gore Saved Christmas, Climateaudit 25. Dezember 2008
  8. a b c d e Tracking 'The Gore Effect', von Erika Lovely, Politico 25. November 2008
  9. a b c d e The Gore Effect brings snow to New York City, NYDailyNews, Michael Daly, 20. Dezember 2009
  10. Al Gore rains on his party, von Andrew Bolt in The Herald Sun, 17. November 2006 AL GORE flies in to warn about global warming and -- he's done it again! -- Victoria gets snow in November.
  11. Frostbite Ends Bancroft-Arnesen Trek, Patrick Condon, The Washington Post, 12. März 2007
  12. Global warming melting down, J.R. Dunn in American Thinker, 14. März 2007
  13. Global Climate Catastrophe Notes, 16. Dezember 2007, The Al Gore Effect: Theoretical Basis
  14. Nine months after the Roswell Incident, Al Gore was born. It might not be a coincidence, William Langley, UK Telegraph, 28. Mai 2006
  15. 'Gore Effect' strikes as Congressional delegation to leave Copenhagen early to beat snowstorm, 18. Dezember 2009, Tony Hake
  16. The 'Gore Effect' sets in on Copenhagen as heavy snow is forecast, 15. Dezember 2009, Examiner, Tony Hake
  17. Weather 101 - the Al Gore Effect, 12. Dezember 2009, von H. Michael Mogil
  18. Tobin Harshaw: Live Earth Litany. In: New York Times, The New York Times Company, July 9, 2007, S. 1. Abgerufen am 12 June 2010. 
  19. Al Gore Warns of Global Warming Doom Seconds Before CNN Reports 'Monster' Winter Storm, von Noel Sheppard, 9. Dezember 2009
  20. Snowstorm squelches climate change protest, von Judy Fahys, in The Salt Lake Tribune, 30. Dezember 2009, Bezug zum Gore Effekt in diversen Blogs so bei Anthony Watts
  21. Greg Pollowitz: The Gore Effect Hits Denver, National Review Online. May 12, 2010. Abgerufen am 10 June 2010. 
  22. Wyoming, Colorado get dumping of spring snow, Las Vegas Sun. May 12, 2010. Abgerufen am 11 June 2010. 
  23. wallstreetpit.com, Duncan Davidson: Gore Effect Strikes Cancun Climate Conference, 8. Dezember 2010
  24. drroyspencer.com, Roy Spencer: Gore Effect Strikes Cancun, 7. Dezember 2010

Weblinks


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