Gina Krog

Gina Krog

Gina Krog, Jørgine Anna Sverdrup Krog, (* 20. Juni 1847 in Flakstad; † 14. April 1916 in Kristiania) war eine norwegische Frauenrechtlerin.

Ihre Eltern waren der Pfarrer Jørgen Sverdrup Krog (1805–1847) und dessen Frau Ingeborg Anna Dass Brinchmann (1814–1872). Sie blieb unverheiratet.

Gina Krog wurde einige Monate nach dem Tod des Vaters geboren. Die Mutter zog daraufhin zur Familie ihres verstorbenen Mannes auf Karmøy. Als sie acht Jahre alt war, zogen die beiden nach Christiania. Dort ging sie auf die „Fru Autenrieths Mädchenschule“. Früh begann Gina selbst in privaten Mädchenschulen zu unterrichten, hatte aber keine entsprechende Ausbildung. Gleichzeitig begann sie ein ausgedehntes Selbststudium, insbesondere in Sprachen und Literatur. Sie bewirkte zusammen mit ihrer Freundin Agnes Lie, dass Cecilie Thoresen Krog von Eidsvoll 1882 als erste Frau das Examen artium[1] ablegen konnte. Cecilie Thoresen studierte und heiratete später Ginas Bruder, den Rechtsanwalt Fredrik Krog. Dieser unterstützte Gina finanziell, als diese den Lehrberuf aufgab und in die Politik ging, ihre „Kampfzeit“.

Die Kampfzeit begann 1880, als sie zunächst nach Großbritannien reiste. Dort kam sie in Kontakt mit der „National Union of Women's Suffrage Societies“ und hielt sich auch am „Bedford College“ auf. Sie begann Artikel für norwegische Tageszeitungen zu verfassen.

Sie stand im radikalen Flügel der Frauenbewegung nach amerikanischem und britischem Muster und forderte die vollständige Gleichstellung von Mann und Frau. Damit stand sie im Gegensatz zum gemäßigten Flügel, der größeres Gewicht auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Frauen legte. Sie war in ihrer Gleichstellungsforderung vollständig kompromisslos.

Am 28. Juni 1884 wurde die „Norsk Kvinnesaksforening“ (norwegische Frauenrechtsvereinigung) (NKF) gegründet. Erster Vorsitzender wurde Hagbard Berner. Gina Krog erhielt von den Vorstandsmitgliedern zwar die höchste Stimmenzahl, aber Berner übernahm die Versammlungsregie und legte einen Satzungsentwurf vor, der vorsah, dass die Vereinigung nicht für das Frauenstimmrecht eintreten werde. Gina Krog verfasste im gleichen Jahr einen langen Artikel „Nogle Ord om Kvindesagens Udvikling og nærmeste Opgaver i vort Land“ (Einige Worte über die Entwicklung der Angelegenheiten der Frauen und die nächsten Aufgaben in unserem Land), in dem sie die Frauen aufforderte, selbst die Leitung des Vereins zu übernehmen. Alsbald mündete die Forderung in einen Antrag an das Storting auf Anerkennung nicht nur eines kommunalen, sondern auch allgemeinen politischen Stimmrechts. Berner legte den Vorsitz nach einem Jahr aus Protest dagegen nieder, dass es Krog gelungen war, am 27. November 1885 einen Vortrag „Stemmeret for Kvinder“ (Stimmrecht für Frauen) zu halten. Die Versammlung war öffentlich. Als ihr Vorschlag einige Tage später auf der Mitgliederversammlung mit überwältigender mehrheit angenommen wurde, verfolgte sie diesen Sieg nicht weiter, sondern gründete im Dezember des gleichen Jahres mit zehn Frauen „Kvinnestemmerettsforeningen“ (Verein für das Frauenstimmrecht) (KSF). Hier waren Männer von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Viggo Ullmann, Venstre-Abgeordneter im Storting, versprach, die vorgeschlagene Grundgesetzänderung im nächsten Storting einzubringen. Damit hatte Gina Krog ihr erstes Ziel erreicht: Das Frauenstimmrecht war auf die politische Tagesordnung gekommen. Nina gründete 1887 die Zeitung Nylænde als Sprachrohr für die Frauenrechtsbewegung und hatte bis zu ihrem Tod die Redaktion inne.[2] Sie trat auch für das Recht der verheirateten frauen auf Sondereigentum ein und unterstützte 1901 Johan Castbergs radikale „Kindergesetze“, die bessere Verhältnisse für unverheiratete Mütter und einen höheren Kinderzuschuss erreichen sollten. Dieses Gesetz wurde erst 1915 verabschiedet.[3]

Der Verein „KSF“ spaltete sich, als eine von Anna Rogstad angeführte Opposition von Gina Krogs konsequenter Linie abwich und mit Mehrheit der Mitglieder einen gemäßigten Kompromissvorschlag beim Storting einreichte. Nach zwölf Jahren wurde Gina Krog als Vorsitzende von „KSF“ abgewählt, weil sie die Kompromisslinie nicht vertreten wollte, die sie für opportunistisch hielt.

Grabmal für Gina Krog in Vår Frelsers gravlund, Oslo

Sie gründete nun den „Landskvinnestemmerettsforeningen“ (Landesverband für das Frauenstimmrecht) (LKSF). Dieser Landesverband wurde 1904 in die im gleichen Jahr in Berlin gegründete[4] „International Alliance of Woman Suffrage“ aufgenommen. Im gleichen Jahr wurde auf ihr Betreiben der „Norske Kvinners Nasjonalråd“ gegründet, der sich dem „International Council of Women“ anschloss. Sie blieb bis zu ihrem Tode dessen Vorsitzende. Dieser Nationalrat war eine Dachorganisation ohne eigene Zielsetzung und umfasste eine Reihe von Organisationen unterschiedlicher Zielsetzung, darunter Abstinenzlerinnen, Sittlichkeits- und Missionsvereine sowie Hausfrauenverbände. Sie hoffte damit, die Spaltung in der Stimmrechtsfrage überwinden und eine internationale Zusammenarbeit erreichen zu können. Unter ihrer Führung wurde der Dachverband Anhörungsinstanz im Gesetzgebungsverfahren in allen Sachen, die Frauenbelange berührten.

Der Durchbruch für das Stimmrecht der Frauen zum Storting kam 1907, als die norwegische Regierung aufgefordert wurde, eine offizielle Repräsentantin für den nächsten „World congress for Woman's rights“ 1908 in Amsterdam zu benennen. Die Regierung entsandte Gina Krog. Das gleiche wiederholte sich 1913 in Budapest, wohin sie zusammen mit Fredrikke Qvam entsandt wurde. Inzwischen war das Frauenstimmrecht in das norwegische Grundgesetz aufgenommen worden, und die beiden wurden geehrt als Repräsentanten des ersten souveränen Staates, der das allgemeine Wahlrecht in die Verfassung aufgenommen habe.

Gina Krog starb in der Grippeepidemie 1916. Sie wurde unter großer Anteilnahme der höchsten politischen Repräsentanten der Regierung beigesetzt.

„Norsk kvinnesaksforening“ (NKF) stiftete 2009 einen Gina-Krog-Preis, der alle zwei Jahre an norwegische Frauen die im Geiste Gina Krogs einen bedeutenden Einsatz in der feministischen Bewegung und für die Ziele der NKF geleistet haben, verliehen werden soll.[5]

Anmerkungen

Der Artikel beruht auf dem Norsk biografisk leksikon. Anderweitige Informationen sind gesondert ausgewiesen.

  1. Das „Examen artium“ war die reguläre Eingangsprüfung zur Universität, die Latein- und Griechischkenntnisse voraussetzte. Es entsprach also dem Abitur, wurde aber bis 1883 von der Universität abgenommen, danach von der Schule.
  2. Artikel „Nylænde“ in: Store norske leksikon, abgerufen am 21. April 2010.
  3. Ingrid J. Brussbach: „Gina frontet kvinnesaken.“ In: Adressa.no.
  4. Sybil Oldfield (Hrg): International Women Suffrage. Ius suffragii. Bd. 1: July 1913-October 1914.. London 2003. S. 2. ISBN 0-415-25737-9.
  5. Bericht über die Festversammlung von NKF 2009.

Literatur


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