Gertrud Seele

Gertrud Seele

Gertrud Seele (* 22. September 1917 in Berlin; † 12. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee) war eine deutsche Krankenschwester und Fürsorgerin. Sie engagierte sich während der Zeit des Nationalsozialismus für bedrängte jüdische Mitbürger und war überzeugte Gegnerin des NS-Regimes. Wegen ihrer regimekritischen Haltung wurde sie durch die Nationalsozialisten zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gertrud Seele wurde als Tochter einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie geboren. Sie besuchte zunächst die Volksschule, anschließend für zwei Jahre die Oberrealschule und wurde danach zum Arbeitsdienst eingezogen. Mit 18 Jahren entschied sie sich für den Beruf der Krankenpflegerin und wurde nach Abschluss ihrer Ausbildung als Krankenschwester und Fürsorgerin am Robert-Koch-Krankenhaus in Berlin tätig. Am 11. September 1941 wurde ihre Tochter Michaela geboren, der Vater war ein beurlaubter Frontsoldat.

Nach der Reichskristallnacht 1938 erkannte Gertrud Seele die Not jüdischer Mitbürger und begann damit, den von der nationalsozialistischen Rasseideologie verfolgten und von Deportation bedrohten Juden sichere Unterkünfte zu beschaffen oder sie in ihrer eigenen Wohnung zu verstecken. Sie wurde 1942 gemeinsam mit ihrer Tochter nach Merke in der Niederlausitz evakuiert. Dort fiel die junge Frau wegen ihrer antifaschistischen Haltung und kritischer Äußerungen gegen Adolf Hitler auf.[1] 1944 wurde sie denunziert, verhaftet und zunächst in das Untersuchungshaftgefängnis nach Frankfurt/Oder gebracht. Später erfolgte die Verlegung in das Frauengefängnis Barnimstraße. Am 6. Dezember 1944 wurde sie vom Volksgerichtshof wegen Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 12. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee durch das Fallbeil vollstreckt. Ihrem Wunsch, ihre Tochter noch einmal sehen zu dürfen, wurde nicht entsprochen, jedoch ist der Abschiedsbrief Gertrud Seeles an ihre Tochter erhalten geblieben.[2]

Gedenken

Das ehemalige Junkerschloss und spätere Gertrud-Seele-Haus bei Lanke. Fotografie aus dem Jahre 1950

Zu ihrem Gedenken wurde am 12. Januar 1951 ein Krankenhaus in Lanke nach Gertrud Seele benannt; das ehemalige Schloss wurde später als Gertrud-Seele-Haus zu einer Außenstelle des Eberswalder Krankenhauses und anschließend bis 1998 als Pflegeheim genutzt. Zudem sind die Gertrud-Seele-Kehre in Hamburg und der Gertrud-Seele-Weg in Wedel nach ihr benannt.

Literatur

  • Hilde Steppe: Krankenpflege im Nationalsozialismus, 1996, Mabuse-Verlag, ISBN 3-925499-35-0, S. 196
  • Horst-Peter Wolff: Seele, Gertrud In: Lexikon zur Pflegegeschichte. „Who was who in nursing history.“ Ullstein Mosby, 1997, ISBN 3-86126-628-8, S. 185–186

Einzelnachweise

  1. C.F. Rüter (Hrsg.): DDR-Justiz und NS-Verbrechen: Sammlung ostdeutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen. Amsterdam University Press, 2008, Band 11, ISBN 3-59824-610-2, S. 518–519
  2. Frauengefängnis Barnimstraße: Abschiedsbrief

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Seele (Begriffsklärung) — Seele steht für: Seele, allgemein ein charakteristisches Merkmal von Menschen oder anderen belebten Wesen Psyche im psychologischen Sinn Seele (Technik), das Innere eines Kabels, eines Seiles oder eines ähnlichen Werkstückes, z. B. Seil… …   Deutsch Wikipedia

  • Gertrud von Ortenberg — (auch Gertrud von Rickeldey / von Rückeldegen) (* zwischen 1275 und 1285; † 23. Februar 1335 in Offenburg) war eine Begine, die in außergewöhnlicher Selbständigkeit ihre religiöse Lebensform verwirklichte. Eine Gnadenvita berichtet über ihre von… …   Deutsch Wikipedia

  • Gertrud Pappenheim — (* 28. Mai 1871 in Berlin; † 19. Februar 1964 ebenda) war eine deutsche Kindergärtnerin und Fröbelpädagogin. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Werke (Auswahl) 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Seele — Der Ausdruck Seele hat vielfältige Bedeutungen, je nach den unterschiedlichen mythischen, religiösen, philosophischen oder psychologischen Traditionen und Lehren, in denen er vorkommt. Im heutigen Sprachgebrauch ist oft die Gesamtheit aller… …   Deutsch Wikipedia

  • Maria Margaretha Gertrud (274) — 274Maria Margaretha Gertrud (26. Mai), zugenannt von Besenval, die Tochter reicher schweizerischer Edelleute, Ursus v. Sury, der im Rathe der Republik Solothurn eine der ersten Stellen begleitete, und Helena, geb. v. Grimen, wurde geistig wie… …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

  • Schloss Lanke — Nordwestseite des Schlossgebäudes Daten Ort Lanke Baumeister Eduard Knoblauc …   Deutsch Wikipedia

  • 22. September — Der 22. September ist der 265. Tag des Gregorianischen Kalenders (der 266. in Schaltjahren). Zum Jahresende verbleiben 100 Tage. In Schaltjahren ist an diesem Tag der Beginn des astronomischen Herbstes. Historische Jahrestage August · September · …   Deutsch Wikipedia

  • Tanztage Berlin — Die Tanztage Berlin sind ein internationales Festival des zeitgenössischen Tanzes, das jährlich in den Sophiensaelen in Berlin stattfindet. Die Veranstaltungsreihe wurde 1989 als Tanztage im Pfefferberg, einem lokalen Festival für die freie… …   Deutsch Wikipedia

  • Château de Lanke — Vue du château de Lanke Nom local Schloß Lanke Période ou style château néorenaissance Fin construction 1858 Coordonnées …   Wikipédia en Français

  • Karl Jaspers — Karl Theodor Jaspers (* 23. Februar 1883 in Oldenburg; † 26. Februar 1969 in Basel) war ein deutscher Psychiater, der als Philosoph weit über Deutschland hinaus bekannt wurde. Er wurde 1967 Schweizer Staatsbürger. Jaspers gilt als herausragender… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”