- Gegenwartsbezug
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In der Geschichtsdidaktik und Politischen Bildung ist der Gegenwartsbezug eine Kategorie des historischen Denkens zur Begründung der Beschäftigung mit einem historisch-politischen Sachverhalt. Es erkennt die mögliche Bedeutsamkeit eines historischen Gegenstandes für die Gegenwart und Zukunft des Betrachters.
Für den Geschichtsunterricht ist der Gegenwartsbezug eine ständige Kategorie der Unterrichtsplanung. Dies gilt nach der Didaktischen Analyse von Wolfgang Klafki für jeden Unterrichtsinhalt, doch muss im Fach Geschichte dem Lernenden die Relevanz des Vergangenen für ihn besonders bewusst gemacht werden, um sein Interesse daran erst zu wecken. Unter Umständen kann dies auch eine unmittelbare Handlungsrelevanz sein, zumindest aber eine Orientierung im Geschichtsbewusstsein.
Nach Klaus Bergmann (2002, S. 22) heißt es:
- "Historisches Denken ist ein Sich-Erinnern, das von Schwierigkeiten in der Gegenwart ausgelöst wird, sich der erkennbaren Vergangenheit zuwendet und das Erinnerte beim Handeln berücksichtigt."
Daraus folgt, dass es eine interessenfreie Zuwendung zur Geschichte nicht geben kann, sondern jeder historische Interessent erhofft sich einen Zuwachs an Aufklärung oder Einsicht über menschliche Verhältnisse, auch wenn keine direkt übertragbare Lehre aus der Vergangenheit zu ziehen ist (im Sinne einer Historia magistra vitae - Geschichte als Lehrerin fürs Leben). Diese kann auch im Feststellen einer großen Ähnlichkeit oder völliger Verschiedenheit oder Wandelbarkeit der Vergangenheit im Verhältnis zur Gegenwart liegen.
Problematisch wird der Gegenwartsbezug dann, wenn er zu Vorurteilen des Historikers über das Vergangene führt und er sich mit ihr nur befasst, soweit seine Auffassungen bestätigt werden. Die Geschichte wird dann zum "Steinbruch", aus dem jeder das ihm Passende hervorholt. Eine derartige Steinbruchmethode widerstreitet dem Gebot der wissenschaftlichen Objektivität.
Literatur
- Klaus Bergmann: Der Gegenwartsbezug im Geschichtsunterricht, Methoden historischen Lernens, Wochenschau Schwalbach/Ts. 2002
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