Gaillon

Gaillon
Gaillon
Wappen von Gaillon
Gaillon (Frankreich)
Gaillon
Region Haute-Normandie
Département Eure
Arrondissement Les Andelys
Kanton Gaillon
Koordinaten 49° 10′ N, 1° 20′ O49.1602777777781.335833333333319Koordinaten: 49° 10′ N, 1° 20′ O
Höhe 19 m (8–144 m)
Fläche 10,19 km²
Einwohner 7.052 (1. Jan. 2008)
Bevölkerungsdichte 692 Einw./km²
Postleitzahl 27600
INSEE-Code
Website http://www.ville-gaillon.fr/

Der Kirchplatz. Im Hintergrund das Schloss

Gaillon ist eine französische Kleinstadt mit 7052 Einwohnern (Stand 1. Januar 2008) im Département Eure in der Region Haute-Normandie. Die Einwohner werden Gaillonnais genannt.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Gaillon liegt am Rande des Plateau der Madrie, am Unterlauf der Seine, an bewaldeten Abhängen, die das Flusstal begrenzen, rund 41 Straßenkilometer südöstlich von Rouen. Die Entfernung nach Les Andelys beträgt 13 Kilometer, nach Vernon 14 Kilometer, nach Louviers 16 Kilometer, nach Val-de-Reuil 18 Kilometer und nach Évreux 23 Kilometer.

Stadtbild

Die Stadtbild wird beherrscht von der mächtigen Toranlage des Renaissance-Schlosses auf dem Bergvorsprung oberhalb der Stadt.

Geschichte

Namensherkunft

Der Name Gaillon erscheint mehrmals in mittellatein im 12. Jahrhundert als Gaillo, Guaillum, Wallio, Gaalonii.[1]

Albert Dauzat und Charles Rostaing[2] gehen von einer Entwicklung aus dem germanischen Vornamen Wadal (Ernst Förstemann erwähnt Wadilus) mit dem Suffix -o / -one aus, dagegen spricht allerdings die ursprüngliche Endung auf -o / -one, die niemals mit einem germanischen Personennamen in den Ortsnamen verwendet ist.[3]

Der Sprachhistoriker François de Beaurepaire[4] leitet den Ortsnamen aus der Bezeichnung einer Furt her und schlägt vor : *Wadellio(ne) „Ort einer Furt“. Das altfränkisches Wort *wad („Furt, Teich“ Bzw. althochdeutsch wat, mittelniederländisch wat) soll sich zum französischen Wort gué („Furt“) entwickelt haben. Maurits Gysseling betrachtet Gaël (Ile-et-Vilaine, Wadel 816) und Wail (Pas-de-Calais, Wadhil 1066) als ableitungen von Wadellum, im Fall Gaillon handelt es sich um ein Doppelsuffix -ellu + -o(ne). Der abgeleitete Weilername Gailloncel (Waillonchel 1231 auf normannisch) nebenan verstärkt diese Hypothese.

Außerdem liegt Gaillon an einem Bach, der von Saint-Aubin-sur-Gaillon an fließt.

Altertum

Die Archäologen konnten in Gaillon keine Spur eines keltischen Oppidums entdecken, fanden aber in der Nachbargemeinde Saint-Aubin-sur-Gaillon die Überreste einer blühenden Gemeinde mit öffentlichen Bädern und gallo-römischen Umgangstempeln. Saint-Aubin war außerdem in der frühen christlichen Zeit die übergeordnete Pfarrgemeinde von Gaillon.

Mittelalter

Blick vom Schloss über die Stadt

Im frühen Mittelalter entstand am Ort eine normannische Burg auf dem Kreidefels, um die Grenze der Normandie vor dem König von Frankreich zu schützen. Diese These wird durch die Erwähnung des Kastells in einer Urkunde von Herzog Richard II. (966-1027) unterstützt.[5] Sie gehörte zu einem Verteidigungssystem, das auf mehreren Burgen entlang der Grenze zum Königreich Frankreich beruhte. Dazu gehörten die Burgen von Évreux, Pacy-sur-Eure, Vernon und Gasny.

1192 eroberte der französische König Philipp II. im Zuge seiner Kämpfe in der Normandie gegen Richard Löwenherz die Burg von Gaillon. Nach dem Verlust von vielen normannischen Grenzburgen entschied sich Richard um 1195, das Château-Gaillard in Les Andelys einige Kilometer weiter auf dem anderen Seineufer aufbauen zu lassen.

Nach der Eroberung der Normandie durch das französische Königreich wurde der Ort ein Lehen der Familie Cadoc. Das heutige Stadtwappen geht auf das Wappen dieser Familie zurück.

Der König Ludwig IX. verkaufte den Ort an Eudes Rigaud, Erzbischof von Rouen.

Das Renaissance-Schloss

Renovierungsbedürftiger Gebäudetrakt im Innern der Schlossanlage

1453 begann einer seiner Nachfolger, Erzbischof Guillaume d’Estouteville, mit dem Bau einer Anlage, die nach seiner Auffassung die Bezeichnung „Schloss“ verdiente. Kardinal Georges d’Amboise baute die Anlage von 1502 bis 1509 zu einem der größten und prächtigsten Renaissance-Schlösser Frankreichs aus.

Die Toranlage des Schlosses

1508 besuchten Ludwig XII. und seine Frau Anne de Bretagne den Ort. Weitere hohe Besucher in der feudalen Epoche waren unter anderem die Könige Heinrich III., Heinrich IV., Ludwig XIV. sowie der Kanzler Pierre Séguier. Der Kardinal Dominique de La Rochefoucauld empfing hier Benjamin Franklin und Ludwig XVI.

Die Nachfolger des Kardinals d’Amboise bemühten sich um die Erhaltung sowie um kleinere Ausbauten und Verzierungen der Anlage. 1572 errichtete Charles de Bourbon die Kartause am Seineufer in der Ebene von Aubevoye als Gegenstück zum weltlichen Palast. Der Sohn des Ministers Jean-Baptiste Colbert, seinerseits Erzbischof von Rouen, ließ das Schloss durch die Architekten François Mansart und André Le Nôtre modernisieren.

1754 verwüstete ein Feuer die Anlage. Der Kartäuserorden setzte sie anschließend wieder instand und nutzte sie bis 1790 als Kloster. Mit den Umwälzungen der Französischen Revolution (1789-1799) wurden die Bauten der Plünderung, der Zerstörung und dem Verfall anheim gegeben. Alexandre Lenoir ließ einige Teile im Hof des Musée des monuments français in Paris ausstellen. Unter der Herrschaft von Napoleon Bonaparte wurde das Schloss zu einem Strafgefängnis umgewandelt und somit sein Verfall besiegelt. 1834 wurde das Schloss an einen Bauern verkauft. Der Kaufvertrag trug den Vermerk: Ce domaine est des plus beaux de France („Dieses Gut gehört zu den schönsten in Frankreich“).

Jüngere Geschichte

1866 gründete die Vereinigung der Pensionäre (colonie des Douaires) am Ort eine landwirtschaftliche Erziehungsanstalt für straffällige Jugendliche.

Im Deutsch-Französischen Krieg (1870-1871) stand der Ort von Dezember 1870 bis März 1871 unter preußischer und deutscher Besatzung.

Seit Mitte der 1990er Jahre wurde die Restauration von Teilen der Schlossanlage in Angriff genommen.

Politik

Von 2001 bis 2008 war Serge Champey von der UMP Bürgermeister. Der derzeitige, bis 2014 gewählte Bürgermeister Bernard Ledilavrec gehört der Parti socialiste an.

Gaillon ist Hauptort des gleichnamigen Kantons Gaillon, zudem Hauptort des Kantons Gaillon-Campagne, obwohl er außerhalb dessen Gebiet liegt.

Städtepartnerschaft

Gaillon unterhält eine Städtepartnerschaft mit der deutschen Stadt Sarstedt.

Bevölkerungsentwicklung

GaillonDémographie.png

Quelle: INSEE[6]

Sehenswürdigkeiten

  • Das große Torhaus des Renaissance-Schlosses oberhalb des Ortes ist das Wahrzeichen der Stadt. Es wurde 1980 restauriert. Die dahinter gelegenen Teile der großen Schlossanlage sind teilweise stark renovierungsbedürftig.
  • Der alte Stadtkern ist geprägt von zahlreichen Fachwerkhäusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert im normannischen Stil.
  • Ruine des Kollegiatstifts Collégiale Saint-Antoine aus dem 13. Jahrhundert, im 18. Jahrhundert zerstört.
  • Die Kirche Saint-Ouen wurde um 1774 erbaut. Ihre Einrichtung stammt aus dem 15. bis 18. Jahrhundert.[7]
  • Oratorium Saint-Jean-Baptiste (Johannes der Täufer) aus dem 17. und 19. Jahrhundert
  • Kapelle der Jugend-Besserungsanstalt aus dem 19. Jahrhundert
  • Manoir de l’Aunay aus dem 17. Jahrhundert
  • Waschhaus (Lavoir) aus der zweiten Hälfte der 18. Jahrhunderts

Persönlichkeiten

  • Albert Demangeon (* 1872 in Cormeilles; † 1940 in Paris) war ein Geograf und Professor an der Sorbonne. Er verbrachte seine Kindheit in Gaillon.[7]

Literatur

  • Élisabeth Chirol, Le Château de Gaillon : un premier foyer de la Renaissance en France, M. Lecerf, Rouen, 1952.
  • Thierry Garnier, Mémoires de deux Cités, Gaillon historique et mystique (t.1 & 2), M2G éd., 2005.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. François de Beaurepaire, Les noms des communes et anciennes paroisses de l’Eure, éditions Picard 1981. Seite 114.
  2. Dictionnaire étymologique des noms de lieux en France, éditions Larousse 1968.
  3. François de Beaurepaire NCE 114.
  4. Les noms des communes et anciennes paroisses de l’Eure, éditions Picard 1981.
  5. Auguste Le Prévost; Léopold Delisle, Louis Paulin Passy (Hrsg.): Mémoires et notes de M. Auguste Le Prevost pour servir à l’histoire du département de l’Eure. 2, Auguste Herissey, Évreux 1864, S. 144-155 (in Archive.org, abgerufen am 1. Juli 2010). (Französisch)
  6. Originaldaten bei INSEE
  7. a b Daniel Delattre, Emmanuel Delattre: L’Eure, les 675 communes. Editions Delattre, Grandvilliers 2000, S. 124f. (Französisch)

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