Fürstentum Galizien-Wolhynien

Fürstentum Galizien-Wolhynien
Das Wappen des Königreichs Galizien-Wolhynien

Das Fürstentum Galizien-Wolhynien, auch Halytsch-Wolhynien (ukrainisch Галицько-Волинське князівство, russisch Галицко-Волынское княжество, polnisch Księstwo Halicko-Wołyńskie bzw. Halicko-Włodzimierskie, lateinisch Regnum Galiciæ et Lodomeriæ, Regnum Rusie) war ein altrussisches Staatswesen unter den Folgestaaten der Kiewer Rus, das die Landschaften Wolhynien und teilweise Galizien umfasste und einer der mächtigsten ostslawischen Staaten zwischen dem späten 12. Jahrhundert und dem frühen 14. Jahrhundert war. Benannt wurde das Fürstentum nach den Hauptburgen, den heutigen Städten Halytsch und Wolodymyr-Wolynskyj bzw. der Region Wolhynien.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Das Fürstentum Galizien-Wolhynien im 13 − 14 Jh.
Das Königreich Halytsch-Wolhynien (auf der Karte nur „Halitsch“) als Vasallenstaat der Goldenen Horde ab 1245

Das Gebiet, das den Namen Rotreußen hieß, wurde gegen Ende des 10. Jahrhunderts Teil der Kiewer Rus, als Großfürst Wladimir I. 981 gegen Polen zog und diese Region seinem Reich anschloss. Nachdem die Gebiete um Kiew im 12. Jahrhundert den Angriffen der nomadischen Steppenvölker, zum Beispiel den Polowzern ausgesetzt waren, migrierten große Teile der Bevölkerung in den Nordosten (Wladimir-Susdal) und in den Nordwesten (Halytsch-Wolhynien) des Reiches, wodurch der wirtschaftliche und politische Aufstieg dieser Gebiete gefördert wurde.

Das Königreich Galizien-Wolhynien wurde 1199 zuerst als Fürstentum durch den Rurikiden-Fürsten Roman Mstislawitsch gegründet aus der Fusion der Fürstentümer Halytsch und Wolodymyr. Im Folgenden entwickelte es sich zu einem der mächtigsten Nachfolgestaaten der Kiewer Rus, erlitt jedoch durch den Mongoleneinfall nach 1240 starke Verwüstungen und war gezwungen das Supremat der Goldenen Horde 1245 anzuerkennen. Zu Beginn der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts war das Gebiet zum Streitobjekt ihrer Nachbarn, vor allem Polens, Ungarns und Litauens.

Im Jahre 1323 starb die regierende Rurikiden-Dynastie von Halytsch-Wolodymyr in männlicher Linie aus. Der Neffe des letzten Königs, Jurij II., Boleslaw von Masowien, wurde Herrscher über Halytsch-Wolodymyr. Er war verwandtschaftlich sowohl mit der polnischen, als auch mit der litauischen Herrscherfamilie verbunden. Als Jurij-Boleslaw allerdings im Jahre 1340 wegen angeblicher Bevorzugung der Katholiken von seinen Bojaren vergiftet wurde, brach ein Kampf zwischen den aufstrebenden osteuropäischen Großmächten Polen, Litauen und Ungarn um das Erbe Halytsch-Wolhyniens aus. Nach längeren Kriegen mit wechselseitigen Gewinnen und Verlusten fiel ab 1370 der größte Teil des Königreichs mit dem westlichen Wolhynien und Podolien und den Städten Halytsch, Przemyśl, Bels, Chełm, Lemberg, Kamjanez-Podilskyj an Polen, während das östliche Wolhynien und Podlachien mit den Städten Wolodymyr und Kremenez langfristig an Litauen gingen. Der ungarische Anspruch wurde in der dortigen Königstitulatur weitergeführt, der Name „Galizien und Lodomerien“ mit dem viel später die Habsburger ihr polnisches Teilungsgebiet bezeichneten, ist davon abgeleitet.

Durch die Union von Lublin 1569 wurde das gesamte Gebiet des ehemaligen Königreichs Halytsch-Wolodymyr mit der „Krone Polens“ verbunden und gehörte bis zu den Teilungen Polens 1772/1793/1795 zu Polen-Litauen, es war jedoch in den ursprünglichen Grenzen als Einheit nicht mehr existent.

Alex K Halych-Volhynia 3.png
FÜRSTENTUM HALYTSCH-WOLHYNIEN (FHW)
IM 13. UND 14. JAHRHUNDERT.
FHW
im 13 Jh.
Expansion des
FHW (Jahren)
Grenzen
zwischen
Teilfürstentümern
Wichtige
Handelswege
Grenzen
ruthenischer
Fürstentümer
„Hauptstädte“
Turow
Fürstentum Kiew
Fürstentum Polozk
(1230–1240)
(1230–ті)
(1252–1254)
(1280–1320)
(1289–1302)
(1251–1252)
(1254)
Fürstentum Halytsch
Bearbeiten] Liste der Herrscher des Fürstentums und Königreichs Halytsch-Wolodymyr

In der Liste werden nur die Herrscher namentlich erwähnt, die das Fürstentum/Königreich vollständig beherrschten oder zumindest im Besitz eines der Fürstentümer waren, aber in ihrer Titulatur Anspruch auf das gesamte Reich erhoben.

Arpaden

Name von bis Amtsbezeichnung
Andreas von Ungarn 1189 1190 nur in Halytsch als „König“ von Galiciæ et Lodomeriæ, 1190 vertrieben, ab 1205 erhob Andreas erneut Anspruch auf den Halytsch-Wolodymyrer Thron als Titularkönig
Koloman von Halytsch 1215 1221 nur in Halytsch als „König“ von Galiciæ et Lodomeriæ, Sohn von Andreas von Ungarn, 1216 gestürzt, 1219 erneut eingesetzt, 1221 abgedankt
Andreas von Halytsch 1228 1234 nur in Halytsch als „König“ von Galiciæ et Lodomeriæ, Sohn von Andreas von Ungarn

Rurikiden

Name von bis Amtsbezeichnung
Roman von Halytsch-Wolodymyr 1199 1205 Eigentlicher Gründer von Halytsch-Wolodymyr
Daniel von Halytsch-Wolodymyr 1238 1264 ab 1229 Fürst in Wolodymyr, ab 1238 in Halytsch, ab 1253 König von Halytsch-Wolodymyr
Lew I. von Halytsch-Wolodymyr 1264 1301 ab 1264 Fürst in Halytsch, ab 1269 König von Halytsch-Wolodymyr, ab 1293 Herr über Wolodymyr
Jurij I. von Halytsch-Wolodymyr 1301 1308 ab 1301 König von Halytsch-Wolodymyr
Lew II. von Halytsch-Wolodymyr 1308 1323 ab 1308 zusammen mit seinem Bruder Andreas von Halytsch-Wolodymyr als Könige von Halytsch-Wolodymyr. Beide 1323 in einer Schlacht gegen Litauen in Podlachien gefallen.

Piasten

Name von bis
Jurij II., Boleslaw von Masowien 1323 1340
Kasimir von Polen 1340 1370
Wladislaus II. von Oppeln 1372 1378

Ungarischer Zweig der Anjou

Name von bis
Ludwig I. 1370 1382
Maria von Anjou 1382 1387
Hedwig von Anjou 1387 1399

Siehe auch


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