Fährverbindung Mukran–Klaipėda

Fährverbindung Mukran–Klaipėda

Die Fährverbindung Mukran–Klaipėda ist eine Fährlinie in der Ostsee zwischen dem Sassnitzer Ortsteil Mukran in Deutschland und Klaipėda (deutsch Memel) in Litauen. Seit der Verlegung des Sassnitzer Fährhafens nach Mukran wird sie auch als Fährverbindung Sassnitz-Klaipėda bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Seit den 1950er Jahren war die Sowjetunion der wichtigste Handelspartner der DDR. Die Eisenbahn- und Seeverkehrsverbindungen hatten Ende der 1970er Jahre ihre Kapazitätsgrenzen erreicht. In der Volksrepublik Polen kam es wiederholt zu politischen Unruhen, die schließlich zur Verhängung des Ausnahmezustandes führten. Daher wurde der Landweg über Polen sowohl strategisch als auch, wegen der geforderten hohen Transitgebühren,[1] ökonomisch als ungünstig angesehen. Am 18. Juni 1982 beschloss deshalb die Paritätische Regierungskommission der UdSSR und der DDR die Errichtung einer Eisenbahngüterfährlinie zwischen den beiden Staaten. Nach dem für 1990 geplanten Endausbau sollten jährlich mehr als fünf Millionen Tonnen Güter transportiert werden, was einer täglichen Menge von mindestens 14.500 Tonnen entsprochen hätte. Ziel war es, 20 bis 30 Prozent des Güterverkehrs zwischen beiden Staaten auf diesem Weg abzuwickeln.

Bereits im Spätsommer desselben Jahres begannen auf der Insel Rügen die Arbeiten auf der sogenannten „Großbaustelle der deutsch-sowjetischen Freundschaft“ zum Bau eines Fährhafens. Die DDR errichtete dazu einen Umspur- und Rangierbahnhof, in dem die Drehgestelle der Waggons von Normalspur auf Breitspur und umgekehrt gewechselt wurden oder die Umladung der Fracht erfolgte. Da die DDR das Umspuren übernahm, konnten die Güterwagen in Klaipėda ohne Verzögerung vom Schiff ins Streckennetz der Sowjetischen Staatsbahn fahren. Außerdem konnten durch die größeren Fahrzeuge mehr Güter pro Fährfahrt trajektiert werden.

Die Datenverarbeitungszentren der Fährbahnhöfe in Mukran und Klaipėda waren miteinander verbunden. So konnte einerseits die Umachsung und Umladung in Mukran rechtzeitig disponiert werden und andererseits die Staupläne der Fährschiffe erstellt werden.

In jedem Fährhafen wurden zwei Doppelstockladebrücken gebaut, um zwei Fährschiffe gleichzeitig zu be- und entladen. Die Dauer des Be- und Entladevorgangs und damit des gesamten Aufenthalts im Hafen sollte vier Stunden pro Schiff betragen. Bis zu 1250 Waggons sollten nach vollständiger Inbetriebnahme pro Tag abgefertigt werden.

Die DDR übernahm den Bau der sechs geplanten Fährschiffe, die auf der Mathias-Thesen-Werft in Wismar gefertigt wurden. Drei der Fähren sollten vom VEB Deutfracht/Seereederei Rostock (DSR), die anderen drei von der Litauischen Staatsreederei Klaipėda (LSC) bereedert werden. Am 27. August 1986 wurde mit der „Mukran“ das erste Fährschiff in Dienst gestellt und am 2. Oktober 1986 der Liniendienst aufgenommen. 1987 folgten die „Klaipėda“ und die „Vilnius“, 1988 die „Kaunas“ und 1989 die „Greifswald“. Nach der Wende wurde die Bestellung der „Wismar“ 1990 storniert,[2] nachdem man Ende der 1980er Jahre sogar überlegt hatte, eine siebente Fähre „Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ zu bauen, die gemeinsam von DSR und LSC bereedert werden sollte.

Mit dem Zusammenbruch der Ostblockstaaten und dem Ende des Kalten Krieges sank auch die Bedeutung der Fährlinie. Statt der geplanten 112500 Güterwaggons wurden bis 2005 nur jährlich etwa 7000 Waggons[3] umgeschlagen. Der Rückgang des Schienenverkehrs zwang die Betreiber bereits in den 1990er Jahren, die Schiffe auch für die Fahrzeug- und Personenbeförderung umrüsten zu lassen. Die Fährschiffe wurden verkauft oder ausgechartert und auf anderen Linien eingesetzt. Seit 2006 verkehrt auf der Linie nur noch die zur RoPax-Fähre umgebaute MS Vilnius der DFDS LISCO. Seit dem 1. Juli 2010 fährt sie die Strecke dreimal wöchentlich.[4]

Fährschiffe

Name IMO-Nummer Einsatzbeginn Letzter Einsatz Passagiere Verbleib
„Mukran“, Petersburg (1995) 8311883 1986 1997 140 Bis 2009 im Ostseeraum [5]
„Klaipėda“, Celtic Mist (2006), Saronic Star (2007) 8311895 1987 2006 190 nach Tunesien ausgechartert [6]
„Vilnius“ 8311900 1987 120 im Einsatz [7]
„Greifswald“ 8311912 1988 1997 120 (95) 2003 in die Ukraine verkauft [8]
„Kaunas“ 8311924 1989 1992 221 Ostseeraum [9]

Literatur

  • Fritz Treichel: Die Gütereisenbahnfährlinie Mukran–Memel. In: Pommern. Zeitschrift für Kultur und Geschichte. ISSN 0032-4167, Heft 4, 1988, S. 14f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Horst Zimmermann: Fährverbindung Saßnitz-Mukran nach Klaipėda. In: Damals in der DDR. Mitteldeutscher Rundfunk, 23. Februar 2005, abgerufen am 29. August 2009.
  2. Andreas Henke: Sassnitz/ Mukran – das neue Tor nach Skandinavien und ins Baltikum. In: Fähr-Geschichten-2. Abgerufen am 29. August 2009.
  3. 20 Jahre Fährverbindung Sassnitz-Klaipėda. 16. Dezember 2005, abgerufen am 29. August 2009.
  4. DFDS Seaways: Klaipeda - Sassnitz: Timetable, abgerufen am 28. August 2010 (englisch)
  5. M/S Mukran (1986). Abgerufen am 31. August 2009 (schwedisch).
  6. M/S Klaipeda. Abgerufen am 31. August 2009 (schwedisch).
  7. M/S Vilnius (1987). Abgerufen am 31. August 2009 (schwedisch).
  8. M/S Greifswald (1988). Abgerufen am 31. August 2009 (schwedisch).
  9. M/S Kaunas (1989). Abgerufen am 31. August 2009 (schwedisch).

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