Friedrich Solmsen

Friedrich Solmsen

Friedrich Heinrich Rudolf Solmsen (* 4. Februar 1904 in Bonn; † 30. Januar 1989 in Chapel Hill, North Carolina) war ein US-amerikanischer klassischer Philologe deutscher Herkunft. Er emigrierte 1933 nach England und von dort 1937 weiter in die USA, wo er als Professor an verschiedenen Universitäten wirkte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er eine wichtige Kontaktperson für die Altertumswissenschaft zwischen Deutschland und dem englischsprachigen Raum. Als Forscher beschäftigte er sich besonders mit der griechischen Philosophie.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend, Studium und frühe Jahre in Berlin

Friedrich Solmsen war der Sohn des Sprachwissenschaftlers Felix Solmsen und dessen Frau Lily, geborene Brach. Sein Vater Felix starb, als er erst sieben Jahre alt war. Friedrich Solmsen studierte ab 1922 Klassische Philologie an den Universitäten zu Bonn, Heidelberg und Berlin. In Berlin schloss er sich an Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff an, der ihn in seine Graeca aufnahm.[1] Sein eigentlicher Mentor wurde aber Werner Jaeger, dessen Verbindung von Philologie und Philosophie Solmsens Forschung nachhaltig beeinflusste. 1928 wurde er mit der Dissertation Die aristotelische Methodenlehre und die spätplatonische Akademie promoviert. Seine Habilitation erreichte er bereits 1929 mit der Schrift Die Entwicklung der aristotelischen Logik und Rhetorik, die als viertes Heft in Jaegers Reihe Neue Philologische Untersuchungen erschien (Berlin 1929). 1932 heiratete er die klassische Philologin Lieselotte Salzer.

Exil in Cambridge (1933–1937)

Nach dem Regierungsantritt der Nationalsozialisten wurde Solmsen, der durch beide Elternteile jüdischer Herkunft war, als Oberassistent zum 30. Juni 1933 gekündigt. Am 2. September 1933 wurde ihm die Lehrbefugnis als Privatdozent entzogen[2] und er erhielt ein Publikationsverbot. Er emigrierte mit seiner Frau noch im selben Jahr nach England, wo er als Gastforscher an der University of Cambridge arbeitete. Er veröffentlichte in dieser Zeit mehrere kleinere Schriften, darunter auch eine Reihe Artikel in der Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften; deren Herausgeber Wilhelm Kroll ermöglichte Solmsen so die Umgehung des Publikationsverbots im Deutschen Reich.

Als Professor in den Vereinigten Staaten

1936 erlangte Solmsen in Cambridge seinen zweiten Doktorgrad (Ph.D.) und konnte damit seine akademische Laufbahn im englischsprachigen Ausland vorantreiben. 1937 ging er als Professor der Philosophie an das College in der amerikanischen Kleinstadt Olivet in Michigan. 1940 wechselte er als Assistant Professor an die Cornell University in Ithaca (New York), wo er schließlich zum Full Professor ernannt wurde. Seit 1953 war er außerdem Vorsitzender des Department of Classics. 1962 wechselte Solmsen an die University of Wisconsin-Madison, wo er 1964 zum Moses Slaughter Professor of Classics ernannt wurde.

1974 trat Solmsen im Alter von 70 Jahren in den Ruhestand. Er blieb jedoch weiterhin in Lehre und Forschung aktiv. Die Wirkungsstätte seiner späten Jahre war die University of North Carolina at Chapel Hill, wo er von 1964 bis 1965 als Paddison-Gastprofessor lehrte, von 1975 bis 1976 als Adjunct Professor of Classics.

Leistungen

Als Forscher beschäftigte sich Solmsen mit weiten Bereichen der griechischen Literatur. Besondere Schwerpunkte seiner Forschung waren die Philosophie Platons, Aristoteles’, Epikurs und der Stoiker. Auch zur Theogonie Hesiods, den griechischen Tragikern, der griechisch-römischen Mythologie und der römischen Rezeption griechischer Philosophie legte Solmsen zahlreiche Aufsätze vor. Seine Kleinen Schriften erschienen von 1968 bis 1982 in drei Bänden im Georg Olms Verlag in Hildesheim.

Ein wichtiges Verdienst Solmsens ist darüber hinaus, dass er nach dem Zweiten Weltkrieg dazu beitrug, den Kontakt zwischen Deutschland und dem amerikanischen Sprachraum zu erneuern. Von 1958 bis 1959 hielt er sich als Stipendiat der Fulbright-Stiftung an den Universitäten zu Frankfurt am Main und Kiel auf; die Universität Kiel verlieh ihm 1965 die Ehrendoktorwürde. Im selben Jahr hielt sich Solmsen als Gastprofessor an der University of St Andrews in Schottland auf. Im Sommersemester 1968 und 1973 war er Gastprofessor an der Universität Heidelberg. Solmsen war auch korrespondierendes Mitglied der British Academy und des Deutschen Archäologischen Instituts.

Literatur

  • Eckart Mensching: Zur Berliner Philologie in der späteren Weimarer Zeit – Friedrich Solmsens Berliner Jahre. In: Nugae zur Philologie-Geschichte. Band 3. Universitätsbibliothek der Technischen Universität, Berlin 1990, ISBN 3-7983-1347-4, S. 64–117.
  • Helen F. North: Solmsen, Friedrich Heinrich Rudolf. In: Ward W. Briggs (Hrsg.): Biographical Dictionary of North American Classicists. Greenwood Press, Westport CT u. a. 1994, ISBN 0-313-24560-6, S. 604–606.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Solmsen veröffentlichte über diese Zeit einen autobiografischen Aufsatz mit dem Titel Wilamowitz in His Last Ten Years. In: Greek, Roman and Byzantine Studies, Band 20 (1979), S. 89–122.
  2. UAHUB Universitätskurator PA Friedrich Solmsen, Bl. 23, Bl. 24

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Friedrich Solmsen — Friedrich W. Solmsen (January 25, 1905 ndash; January 30, 1989) was a philologist and professor of classical studies. His edition of Hesiod is considered definitive. He published nearly 150 books, monographs, scholarly articles, and reviews from… …   Wikipedia

  • Solmsen — ist der Familienname folgender Personen: Felix Solmsen (1865–1911), deutscher Indogermanist und Epigraphiker Friedrich Solmsen (1904–1989), deutscher klassischer Philologe Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Untersche …   Deutsch Wikipedia

  • Solmsen — Sọlmsen,   Friedrich, klassischer Philologe, * Bonn 4. 2. 1904, ✝ Chapel Hill (North C.) 30. 1. 1989; war nach seiner Emigration 1933 Professor an verschiedenen Universitäten in den USA (seit 1964 in Madison, Wisconsin) und widmete sich… …   Universal-Lexikon

  • Iphigeneia — 112 Iphigenia is an asteroid. Iphigeneia (Eng. /ɪfədʒə naɪə/ polytonic|Ἰφιγένεια, also Iphigenia) is a daughter of Agamemnon and Clytemnestra in Greek mythology. In Attic accounts, [Pausanias, 2.21.6; a scholium on Aristophanes Lysistrata l.645,… …   Wikipedia

  • Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff — Wilamowitz Moellendorff (1902) Ulrich von Wilamowitz Moellendorff (* 22. Dezember 1848 auf Gut Markowitz, Kujawien, Provinz Posen; † 25. September 1931 in Berlin) war ein deutscher klassischer Philologe. Er lehrte und forschte als Professor in… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste bekannter Forscher zur antiken Philosophie — Die Liste bekannter Forscher zur antiken Philosophie erfasst Gelehrte vor allem aus den Bereichen der Philosophie und Philosophiegeschichte, der Klassischen Philologie und der Alten Geschichte, der Theologie und der Politikwissenschaft, aber auch …   Deutsch Wikipedia

  • Eratosthenes — von Kyrene (griechisch Έρατοσθένης ὁ Κυρηναῖος; * zwischen 276 und 273 v. Chr. in Kyrene; † um 194 v. Chr. in Alexandria) war ein außergewöhnlich vielseitiger griechischer Gelehrter in der Blütezeit der hellenistischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Heracles — This article is about the Greek mythic hero. For the Roman mythological analogue, see Hercules. For other uses, see Heracles (disambiguation). Heracles …   Wikipedia

  • Kleine Schriften — is a German phrase ( short writings ) often used as a title for a collection of articles and essays written by a single scholar over the course of a career. Collected Papers is an English equivalent. These shorter works were usually published… …   Wikipedia

  • Neue Philologische Untersuchungen — Die Neuen Philologischen Untersuchungen sind eine Schriftenreihe, die von 1926 bis 1937 vom Berliner Altphilologen Werner Jaeger herausgegeben wurde. Sie setzte die Philologischen Untersuchungen von Adolph Kießling und Ulrich von Wilamowitz… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”