Recht Frankreichs

Recht Frankreichs

Das Recht Frankreichs bezeichnet die Gesamtheit gerichtlich durchsetzbarer gesellschaftlicher Normen in Frankreich.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgeschichte

Das Ancien Droit

Auch nach dem Untergang des weströmischen Reiches erhielt sich das römische Recht in Südgallien großen Einfluss. Bis ins 12. Jahrhundert bildet die Lex Romana Visigothorum ein der wichtigsten Rechtsquelle. Ihr römischrechtlicher Inhalt vermengte sich im Laufe der Zeit – auch aus Unkenntnis des römischen Rechts – mit lokalen Rechten zum Vulgarrecht. Für die germanischen Erobererstämme war bis zu den Karolingern nach dem Personalitätsprinzip das jeweilige germanische Volksrecht maßgeblich, teilweise auch in Form schriftlicher Aufzeichnungen (lex Salica, lex Ripuaria). Ab dem 12. Jahrhundert bildete sich eine vergleichsweise klare Trennungslinie auf Höhe der Loire heraus: Im Süden galt weitgehend das aus dem römischen Recht entstandene droit écrit, im Norden das auf dem germanischen Gewohnheitsrecht basierende droit coutumier. Diese Zersplitterung währte bis 1789.[1]

Das 13. Jahrhundert ist von einer Verwissenschaftlichung des Rechts gekennzeichnet. Auf die Gründung der Universität von Paris folgte eine intensivere akademische Durchdringung des römischen Rechts in Form des justinianischen Rechts; von einer echten Rezeption des römischen Rechts wie in Deutschland zu sprechen, wäre dennoch verfehlt. Im 15. Jahrhundert trieb Karl VII. ab 1454 die schriftliche Fixierung des droit coutumier voran, bis Ende des 16. Jahrhunderts war dieser Prozess der Verschriftlichung für die grandes coutumes abgeschlossen: coutume de Paris (1510–1580), coutume du duché de Bourgogne (1459–1576), coutume de Bretagne (1539–1580), coutume d’Orléans (1509–1583). Dadurch wurde der Boden für die coutume-Wissenschaft des 16. Jahrhunderts bereitet, als deren bekannteste Vertreter Charles Dumoulin (Molinaeus) und Bertrand d’Argentré zu nennen sind. Von ähnlichem Rang sind für die Aufarbeitung des römischen Rechts die Vertreter der Eleganten Jurisprudenz Cujacius und Donellus.[1]

Mit der intensivierten Zentralisierung unter Ludwig XIV. und Ludwig XV. ging im 17. und 18. Jahrhundert auch eine politisch motivierte Rechtsvereinheitlichung durch die königlichen ordonnances einher: 1667 erging die ordonnance civile zur Reform des Zivilprozesses; unter Colbert wurde die ordonnance pour le commerce und die ordonnance de la marine, unter d’Aguesseau ordonnances über Schenkungen, Testamente und Fideikommisse erlassen. In der Sphäre der Rechtswissenschaft sind Antoine Loysel Sammlung von Rechtssprichwörtern in den Institutes coutumières, Jean Domats Les loix civiles dans leur ordre naturel und Robert-Joseph Pothiers Traité des obligations hervorzuheben.[1]

Die Kodifikationen

Schon während der französischen Revolution kam erstmals der Gedanke auf, der Rechtszersplitterung durch eine Kodifikation entgegenzuwirken. Der Ankündigung in der Verfassung von 1791 folgten drei Entwürfe von Cambacérès, die alle nicht verwirklicht wurden. Erst mit der Festigung der politischen Verhältnisse unter Napoléon konnte das Vorhaben umgesetzt werden: Als erster Konsul bestellte er am 13. August 1800 eine Kommission bestehend aus Tronchet, Maleville, Bigot de Préameneu und Portalis, die nach nur vier Monaten einen ersten Vorentwurf vorlegen konnte. Nach einer Überarbeitungsphase im Conseil d’État, dem Napoléon persönlich vorsaß, trat der Code civil des Français am 21. März 1804 in Kraft.[1]

Dem Code civil schlossen sich weitere Kodifizierungen an: 1806 der Code de procédure civile, 1807 der Code de commerce, 1808 der Code de l’instruction criminelle und 1810 der Code pénal. Ungeachtet zahlreicher Neuerungen und Reformen ist der langfristige Einfluss der napoleonischen Gesetzgebung kaum zu unterschätzen. Nur das öffentliche Recht entzieht sich in Frankreich bis heute größtenteils der Kodifikation – neuerer Zeit entstammen der Code de la justice administrative, der Code de l’environnement und der Code de la santé publique.[1]

Aus dem Zusammenspiel von napoleonischen Eroberungen und Kolonisation erlangte besonders der in den erworbenen Gebieten eingeführte Code civil Weltgeltung. Selbst dort wo er nicht ratione imperii galt, wurde er oftmals freiwillig rezipiert und galt etwa – imperio rationis – in großen Teilen Deutschlands bis zum Inkrafttreten des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900.[1]

Öffentliches Recht

Verfassungsrecht

Gerichtsorganisation

Zivilprozessrecht

Verwaltungsrecht

Strafrecht

Hauptartikel: Strafrecht (Frankreich)

Privatrecht

Sachenrecht

Hauptartikel: Sachenrecht (Frankreich)

Schuldrecht

Hauptartikel: Schuldrecht (Frankreich)

Internationales Privatrecht

Arbeitsrecht

Hauptartikel: Arbeitsrecht (Frankreich)

Literatur

Einführung

  • Ulrich Hübner und Vlad Constantinesco: Einführung in das französische Recht. 4. Auflage. C.H. Beck, München 2001.
  • Konrad Zweigert und Hein Kötz: Einführung in die Rechtsvergleichung. 3. Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 1996.
  • John Bell, Sophie Boyron und Simon Whittaker: Principles of French law. 2. Auflage. Oxford University Press, Oxford 2008, ISBN 978-0-19-954138-6.
  • George A. Bermann (Hrsg.): Introduction to French law. Kluwers, Austin 2008, ISBN 978-90-411-2466-1.

Privatrecht

Öffentliches Recht

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Ulrich Hübner und Vlad Constantinesco: Einführung in das französische Recht. 4. Auflage. C.H. Beck, München 2001, S. 1–5.

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