Fachschule für Binnenhandel

Fachschule für Binnenhandel

Die Fachschule für Binnenhandel mit Sitz in Dresden war eine Ausbildungseinrichtung der DDR, die 1954 aus einer Lehrgangsschule für Verkaufsstellenleiter des Volkseigenen Einzelhandels HO hervorgegangen ist und 1993 aufgelöst wurde.

Inhaltsverzeichnis

Pädagogische Arbeit, Ausstattung und Angebote

Ab Mitte der 1950er-Jahre wurde neben der Dresdner Stammschule, die sich auf den Lebensmittelhandel spezialisierte, ein Netz von drei Schulteilen für das Vollzeitstudium in Görlitz, Merseburg und Berlin sowie von 14 Außenstellen für Fernstudien aufgebaut. Die Fachschule war kurzzeitig dem Rat des Bezirkes Dresden, danach dem Ministerium für Handel und Versorgung unterstellt.

Der Direktor der Gesamtschule, die Direktoren für Aus- und Weiterbildung sowie Studentenangelegenheiten, der Verwaltungsleiter mit Verwaltung sowie die für die Fachgebiete verantwortlichen Fachgruppenleiter der Gesamtschule hatten ihren Sitz in einem Haupt- und zwei Nebengebäuden in der Weinbergstraße 24 in Dresden. Ebenso war auf dem Gelände der Schulteil Dresden untergebracht: in drei festen Baracken, davon eine als Lehrgebäude, zwei als Internatsgebäude. Anfang der 1980er-Jahre wurde ein neues Internat seiner Funktion übergeben.

Zur Fachschule gehörten 4 Schulteile des Direktstudiums mit insgesamt etwa 1100 Studenten: Dresden, Berlin, Görlitz und Merseburg. In Dresden hatte ebenso der Abteilungsleiter Fernstudium seinen Sitz. Ihm unterstanden die in jeder Bezirksstadt der DDR ansässigen Außenstellen des Fernstudiums (Die Suhler Nebenstelle war Erfurt angeschlossen.). Jährlich wurden rund 5000 Fernstudenten an den Außenstellen ausgebildet und betreut.

Der Fachschule für Binnenhandel in Dresden war die unmittelbar auch dem Ministerium für Handel und Versorgung unterstehende Zentralstelle für Fachschulbildung angeschlossen (Leiter Dr. Theo Schneider)

Über die Leitungskonferenzen des Direktors mit den Schulteileitern und Abteilungsleitern, die Tagungen des Abteilungsleiters Fernstudium mit den Außenstellenleitern, die gesamtschulischen Tagungen, die drei- bis viermal jährlich stattfindenden Fachgruppentagungen und die regelmäßigen Hospitationen vollzog sich die Leitung und Anleitung der Schulteile und Außenstellen.


Schulteile des Direktstudiums: Schulteil Dresden, etwa 320 Direktstudenten. Schulteil Merseburg, etwa 320 Direktstudenten. Schulteil Görlitz, etwa 280 Direktstudenten. Schulteil Berlin, etwa 150 Direktstudenten

Außenstellen des Fernstudiums: AS Potsdam, AS Schwerin, AS Neubrandenburg, AS Rostock, AS Magdeburg, AS Erfurt und Nebenstelle Suhl, AS Gera, AS Halle, AS Karl-Marx-Stadt(Chemnitz), AS Cottbus, AS Frankfurt, AS Leipzig, AS Dresden

Die Absolventen der Fachschule erhielten den Abschluss als „Ökonom des Konsumgüterbinnenhandels“. Auf gesonderten Antrag wurde ihnen in den 1990er-Jahren der Abschluss als Diplombetriebswirt (FH) zuerkannt. Die Absolventen der Jahre 1992 bis 1993 erhielten den regulären Abschluss als Betriebswirt.

Geschichte

Nachdem 1948 die volkseigene Handelsorganisation (HO) in der DDR gegründet worden war, entstanden 1950 Landesschulen der HO. Die Landesschulen in Dresden, Radebeul (später Merseburg) und Apolda (später Görlitz) wurden dem Ministerium für Handel und Versorgung unterstellt und erhielten die Bezeichnung „Schule des staatlichen Einzelhandels“. An diesen Schulen wurden die Handelskader in Einjahreslehrgängen ausgebildet.

1954 bis 1957

Die „Schulen des staatlichen Einzelhandels“ wurden in Fachschulen umgewandelt. Den Schulen in Dresden, Merseburg und Weimar (vorher Apolda) wurde von der Regierung der DDR der Status einer „Fachschule für Binnenhandel“ verliehen. Diese Fachschulen bildeten mittlere Kader für den gesamten Wirtschaftszweig aus. Erstmalig wurden 236 Studenten für ein zweijähriges Fachschuldirektstudium immatrikuliert. Ihre Ausbildung erhielten sie durch etwa 30 Dozenten. Den Absolventen wurde die Berufsbezeichnung „Handelswirtschaftler“ verliehen. Die Fachschule in Dresden erhielt den Auftrag des Ministeriums, das Fachschulfernstudium mit 600 Studienplätzen und das Abendstudium mit 300 Studienplätzen aufzubauen.
An den Fachschulen für Binnenhandel erfolgte der Übergang vom zwei- zum dreijährigen Direktstudium. Zur Durchführung des Fern- und Abendstudiums wurden die Außenstellen in Berlin, Erfurt, Leipzig, Rostock, Cottbus, Halle, Magdeburg, Schwerin, Dresden und Karl-Marx-Stadt (in den Folgejahren auch Potsdam, Neubrandenburg, Nebenstelle Erfurt/Suhl, Gera, Frankfurt/Oder) eingerichtet. Erstmalig wurden Studenten zu einem vierjährigen Fernstudium immatrikuliert.

1958 bis 1964

Zur Erhöhung des Niveaus der Ausbildung wurden die Fachschulen in Dresden, Merseburg und Görlitz sowie die Außenstellen des Fernstudiums in den Bezirken unter einer einheitlichen Leitung zur „Fachschule für Binnenhandel Dresden“ zusammengefasst. Der Fachschule wurde die Aufgabe übertragen, neue Studienformen und Ausbildungsmethoden einzuführen, um den erheblich angestiegenen Bedarf der Handelspraxis zu befriedigen.
Die Ausbildungsstätten Merseburg und Görlitz wurden zu Schulteilen entwickelt. Die Spezialausbildung erfolgte in den Richtungen Warenein- und -verkauf Einzelhandel, Planung Arbeitsökonomik und Rechnungswesen/Finanzen. Ein Teilstudium für bewährte Handelskader wurde geschaffen und erste Frauensonderklassen im Fernstudium eingerichtet.

1965 bis 1969

1965 wurde das Fachökonomenstudium auf den Gebieten Betriebsorganisation, Technologie und EDV in Dresden und Merseburg mit dem Abschluss als „Fachökonom“ eingeführt. Zur weiteren Qualifizierung der mittleren Fachschulausbildung wurden an den Schulteilen und Außenstellen die speziellen Fachrichtungen Betriebswirtschaft, EDV/Betriebsorganisation, Rationalisierung/Technologie, Beschaffung und Absatz aufgebaut. In Görlitz begann das Fachökonomenstudium für Betriebswirtschaft.

1970 bis 1974

Die Spezialisierungsphase für Direktstudenten des 3. Studienjahres wurde 1970 eingeführt. Die Spezialausbildung erfolgte in den Richtungen Ein- und Verkauf, Planung/Rechnungsführung/Statistik, Arbeitsökonomie, Transport/Umschlag/Lagerung, örtliche staatliche Organe.
Am Schulteil Görlitz begann die Ausbildung von Abiturienten im Direktstudium. 1973 erfolgte die Gründung der Zentralstelle für Fachschulbildung aus dem Bestand der Mitarbeiter der Fachschule für Binnenhandel Dresden. Die Zentralstelle übernahm konzeptionelle, verlegerische und organisatorische Dienstleistungsaufgaben für alle dem Ministerium für Handel und Versorgung unterstellten Fach- und Ingenieurschulen der DDR. Einen Schwerpunkt bildeten die Lehrmaterialentwicklung, -produktion und -verteilung. Unter anderem wurde fachliches Vortragsmaterial für Referenten des Ministeriums beim Aufbau des Handels in Angola und Mosambique entwickelt.
1974 fand an der Fachschule in Dresden ein wissenschaftliches Symposium mit internationaler Beteiligung statt. An der Fachschule studierten 1100 Direktstudenten und 4700 Fernstudenten. In kurz- und langfristigen Lehrgängen wurden 900 Absolventen weitergebildet. Zur Lösung der Aufgaben waren im Direkt- und Fernstudium 166 hauptamtliche Fachschullehrer, 400 nebenamtliche Lehrkräfte und 198 technische Mitarbeiter beschäftigt.

1975 bis 1980

Ein Autorenkollektiv begann Ende der 1970er Jahre mit der Arbeit an einem Lehrbuch der Betriebswirtschaft im Binnenhandel, das in regelmäßigen Neuauflagen bis 1990 (Verlag die Wirtschaft) die Grundlage der Ausbildung im Direkt- und Fernstudium bildete.
In enger Zusammenarbeit mit der Fachgruppe Technologie entstand am Lehrstuhl Handelstechnologie der Handelshochschule Leipzig das Lehrbuch „Handelstechnologie“. Es wurde bis 1993 zum bedeutendsten Lehrmaterial der Technologieausbildung im Direkt- und Fernstudium der Fachschule. Die Zusammenarbeit mit Professoren der Handelshochschule führte Mitte der 1980er Jahre dazu, dass eine an der Fachschule vorliegende Konzeption des Fachgruppenleiters Technologie für ein Lehrbuch „Handelstechnologische Übungen“ durch ein Autorenkollektiv der Fachschule und der Handelshochschule abgefasst und beim Verlag die Wirtschaft verlegt wurde. Für den Berufsschulsektor des Handels entwickelten Russischdozenten das Lehrbuch Russisch für den Einzelhandel.
Es begannen die Vorbereitungen und der Bau für ein neues Internatsgebäude auf dem Hellerhof.

1981 bis 1989

1981 wurde das neue Internat auf dem Hellerhof seiner Nutzung übergeben.
Die Arbeit der „Wissenschaftlichen Studentenzirkel“ entwickelte sich zu einem bedeutenden Faktor in der Bildungs- und Erziehungsarbeit. Vor allem an den Schulteilen des Direktstudiums wurden in Dresden, Berlin, Görlitz und Merseburg umfangreiche, wissenschaftlich fundierte Entwicklungsarbeiten für die Handelspraxis und die staatlichen Handelsorgane geleistet. Handelsnetzanalysen, technologische Projekte, betriebswirtschaftliche Analysen und Arbeiten auf den Gebieten Datenverarbeitung und Warenkunde erfuhren in der Handelspraxis der jeweiligen Bezirke eine hohe Anerkennung und Auszeichnung.
Die Ausbildung in Datenverarbeitung hatte bereits Mitte bis Ende der 1960er Jahre begonnen, Anfang der 1970er kam der erste Kleinrechner, Mitte der 80er begann an Robotron-Rechnern die Informatikausbildung. Die Fachschule pflegte einen regen Dozenten- und Studentenaustausch mit dem „Technikum des Sowjethandels“ in Piatigorsk und der Handelshochschule in Budapest. Sowohl auf fachlichem und pädagogischem Gebiet wie auch im persönlichen Umgang bei der gegenseitigen Urlaubsbetreuung entwickelten sich enge kooperative Beziehungen.
Der Schulteil Berlin wurde aus dem System der Fachschule für Binnenhandel Dresden ausgegliedert und zu einer selbständigen Fachschule entwickelt.

1990 bis 1993

Es vollzog sich eine kreative Debatte in unterschiedlichen Arbeitsgruppen über die inhaltliche und organisatorische Umgestaltung der Fachschule. In den Jahren 1990 und 1991, unter dem Direktorat von Dr. Peter Wackernagel, wurden vielfältige Beziehungen zu westdeutschen Handelsunternehmen und Bildungsträgern in Neuwied/Rhein, Köln, Hamburg, Mainz und Westberlin aufgenommen. Die Dozenten besuchten Qualifizierungslehrgänge, Vorträge und Praktika bei westdeutschen Handelsunternehmen, in Projektierungsbüros und bei Bildungseinrichtungen. Dozenten und Studenten besuchten die großen Handelsunternehmen Kaufhof, Rewe, Lidl und Schwarz, Kaufland, Edeka und Karstadt, meist bis zu 3-monatlichen Vortragslehrgängen und Praktika.
An den Schulteilen wurden Vortragstage zu betriebswirtschaftlichen, volkswirtschaftlichen, steuerrechtlichen, warenkundlichen und organisatorischen Themen des Handels durchgeführt, um die Dozenten für ihre künftige Aufgabe zu qualifizieren. Kontinuierlich wurden die neuen Themen und Aspekte in die laufende Aus- und Weiterbildung überführt.
Bis zum Jahre 1991 erhielten die Absolventen der Fachschule ihren Abschluss als Ökonomen des Konsumgüterbinnenhandels. Auf gesonderten Antrag wurde ihnen später der Abschluss als Diplombetriebswirt(FH) zuerkannt. Die Absolventen der Jahre 1992 bis 1993 erhielten den regulären Abschluss als Betriebswirt.
Im Juli 1990 wurde vorwiegend von Dozenten der Fachschule das Bildungsinstitut des Handels Dresden als gemeinnütziger Verein gegründet. Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer kamen aus dem Personalbestand der Fachschule für Binnenhandel.
Das kommissarische Direktorat der Fachschule für Binnenhandel übernahm 1991 Frau Heidemarie Grossnann. Unter ihrer Leitung vollzog sich bis Januar 1993 die Abwicklung der Fachschule für Binnenhandel Dresden.

Literatur

Fachschule für Binnenhandel Dresden 1954-1974: Chronik. Redaktionskollektiv unter Leitung von Armin Hirsekorn, September 1974


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