Carl Gustav Carus

Carl Gustav Carus
Carl Gustav Carus 1844, Gemälde von Julius Hübner
Carl Gustav Carus’ Grab auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden

Carl Gustav Carus (* 3. Januar 1789 in Leipzig; † 28. Juli 1869 in Dresden; auch Karl Gustav Carus) war ein deutscher Arzt (Gynäkologe, Anatom, Pathologe, Psychologe), Maler und Naturphilosoph. Er gilt als einer der universalsten Gelehrten des 19. Jahrhunderts in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Carl Gustav Carus wurde als Sohn des Färbereipächters Gottlob Ehrenfried Carus (1763–1842) und seiner Ehefrau Christiana Elisabeth geb. Jäger (1763–1846) im Haus „Zum Blauen Lamm“ im Leipziger Ranstädter Steinweg 14 geboren. Er verlebte seine Jugend in Leipzig. Als Externer besuchte er von 1801 bis 1804 die Thomasschule. Von 1804 bis 1806 studierte er an der Universität Leipzig die Fächer Physik, Botanik, Chemie und Medizin. Gleichzeitig nahm er an der Zeichenakademie Unterricht. Nach einer Tätigkeit im Leipziger Jacobshospital promovierte er hier 1811 über Medizin.

Der hochbegabte Carus besaß im Alter von 22 Jahren zwei Doktorgrade (Dr. phil., Dr. med.) und hielt als Novum Vorlesungen über vergleichende Anatomie, in Deutschland erstmals als selbständiges Fach an einer Universität.

Carus war eine Persönlichkeit zur Zeit Goethes und gehörte zur Generation der Romantiker. Zu seinen Freunden zählten Caspar David Friedrich, Johann Wolfgang von Goethe, Alexander von Humboldt, Ludwig Tieck und König Johann I. von Sachsen. Er wird zusammen mit Novalis zu einer philosophischen Gruppe gezählt, die man als „magischen Idealismus“ bezeichnet und die zum Gefolge des Deutschen Idealismus gehört.

Er war seit 1811 mit Caroline geb. Carus (1784–1859), der Tochter seines Großvaters Johann Gottlob Ehrenfried Carus, verheiratet. Das Ehepaar hatte 6 Söhne und 5 Töchter; ihre Tochter Charlotte (1810–1838) war die Ehefrau des Bildhauers Ernst Rietschel.

Carl Gustav Carus wurde auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden beigesetzt.

Mediziner

Nachdem Carus seit 1811 Assistent von Johann Christian Jörg am Trierschen Institut in Leipzig war, übertrugen ihm die französischen Behörden 1813 in der Zeit der Völkerschlacht die Leitung des im Vorwerk Pfaffendorf provisorisch eingerichteten Lazaretts. Er infizierte sich bei der in Leipzig herrschenden Epidemie mit Typhus und entging nur knapp dem Tode. Nach seiner Genesung wechselte er 1814 an die königliche Hebammenschule nach Dresden. Er leitete die Schule und wirkte seit 1815 zusätzlich als Professor für Geburtshilfe. Im selben Jahr war er Mitbegründer der Chirurgisch-Medizinischen Akademie zu Dresden. 1827 ernannte König Anton von Sachsen Carus zu einem seiner drei Leibärzte und verlieh ihm den Titel eines Hof- und Medizinalrates. Im Jahre 1839 wurde er Mitglied des Dante-Komitees unter Prinz Johann. 1853 wurde er erster Leibarzt des sächsischen Königs Friedrich August II. Im gleichen Jahr prägte er den Begriff „Un-Bewusstsein“ (siehe Bewusstsein). 1862 wählte man ihn zum 13. Präsidenten der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher (Leopoldina).

Carus gilt als philosophischer Vorgänger der Tiefenpsychologie. In seinem medizinischen Wirken steht Carus zwar wie Rudolf Virchow für eine naturwissenschaftlich begründete Medizin. Im Gegensatz zu Virchow will er sich jedoch nicht nur auf die objektivierbaren Gesetzmäßigkeiten von Mechanik, Physik und Chemie stützen, sondern den in der Natur und im Menschen wirksamen Geist (Spiritus) als Anteil der Medizin sichern. Er wird daher vielfach als ein Vorläufer jener Medizin betrachtet, die heute als Ganzheitsmedizin bezeichnet wird.

Anlässlich seines 50. Dienstjubiläums wurde am 2. November 1864 die Carus-Stiftung mit einem Kapital von 2.000 Talern gegründet. 1896 wurde der erste Preisträger mit dem Carus-Preis ausgezeichnet.

Auf den Vorschlag von Albert Fromme ehrte die Stadt Dresden Carus 1954 durch die Verleihung seines Namens an die Medizinische Akademie Dresden, aus der das gegenwärtig bestehende Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ Dresden der TU Dresden hervorging. 1991 wurde in der Inneren Neustadt das Reichpietschufer in Carusufer umbenannt. Ebenfalls nach Carl Gustav Carus benannt wurden die anthroposophischen Medizin-Einrichtungen Carl Gustav Carus Akademie in Hamburg sowie das Carl Gustav Carus-Institut Niefern-Öschelbronn in Baden-Württemberg.

Naturphilosoph

Carl Gustav Carus nach einem Ölbild von Rössler

In „Von der absichtlichen Erregung ungewöhnlicher Zustände der Nachtseite des Lebens überhaupt und von der mesmerischen Methode insbesondere“ untersucht Carus den Mesmerismus als „Lebensmagnetismus“ und nimmt an, dass Menschen mittels „Lebensmagnetismus“ mit der ganzen Welt in Verbindung stehen.

Genauso intensiv beschäftigte er sich anhand seiner Kenntnisse der damaligen Medizin und aus philosophisch-spekulativem Forscherdrang mit magischen Bewegungen wie Pendel, Wünschelrute und Tischrücken, erforschte vorausschauende Träume, Schlafwachen und Hellsehen, zweites Gesicht und Verzückung. Auch schrieb er drei Texte über „Magische Wirkungen im Leben, in der Wissenschaft und in Poesie und Kunst“.

Maler

„Eichen am Meer“, 1834/35
„Blick auf Dresden von der Augustusbrücke“, um 1830

Schon als Jugendlicher interessierte sich Carus für die Malerei. Seine Landschaften spiegeln das Lebensgefühl der Romantik. Carus' Freund Goethe schätzte ihn als Denker und schöpferischen Menschen. Der Maler Caspar David Friedrich beeinflusste ihn vor allen anderen. Auch brachte er Carus im Jahre 1819 dazu, mit ihm auf die Insel Rügen zu reisen. Er durchwanderte die Insel und war von der „Urnatur“ stark beeindruckt. Motive wie die „Mondnacht bei Rügen“, „Eichen am Meer“ und „Hünengrab mit ruhendem Wanderer“ zeugen von den Eindrücken, welche die Insel bei ihm hinterlassen hatte. Diese schrieb er in seinem Bericht „Eine Rügenreise im Jahre 1819“ nieder. Später bereiste er zudem Frankreich (1835), Italien, England und Schottland (1844).

Seine Bildthemen waren vor allem ideale Kompositionen, die Mondnacht, Gebirge, Wald, gotische Architektur und Ruinen zeigen, wobei er vielfach an Friedrichs Motive anknüpfte. Häufig bevölkern Gestalten in altdeutscher Gewandung seine Bilder. Er malte auch Ansichten von Dresden und Umgebung. Beachtung verdienen ferner seine kleinformatigen, spontan im Freien angefertigten Landschaftsausschnitte und Wolkenbilder. Er erreichte als Dilettant nie die sichere Pinselführung eines Friedrich, gelangte aber in manchen Bildern zu durchaus eigenständigen Erfindungen. Bedeutender und einflussreicher als durch seine Bilder wurde er durch seine Briefe über Landschaftsmalerei, die er 1831 veröffentlichte.

Werke

Tafel aus „Zur Zootomie“ (1818), von Carus gezeichnet und in Kupfer gestochen
  • Zwanzig Kupfertafeln nebst deren Erklärung. Zur Zootomie. [Leipzig: Fleischer 1818].
  • Lehrbuch der Zootomie. Leipzig 1818.
  • Neun Briefe über Landschaftsmalerei. 1819–1824 (engl. Neuausgabe 2003: ISBN 0-89236-674-5).
  • Lehrbuch der Gynäkologie. 1820.
  • Grundzüge der vergleichenden Anatomie und Physiologie. 1828.
  • Grundzüge einer neuen und wissenschaftlich begründeten Cranioscopie (Schädellehre). Stuttgart, Balz'sche Buchhandlung, 1841.
  • Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. 1846.
  • Symbolik der menschlichen Gestalt. Leipzig 1853 (Fotomechanischer Nachdruck 1997: ISBN 3-487-00266-3).
  • Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten. 1865/66 (Autobiographie).
  • Vergleichende Psychologie oder Geschichte der Seele in der Reihenfolge der Thierwelt. W. Braumüller, Wien 1866.
  • Erfahrungsresultate aus ärztlichen Studien und ärztlichem Wirken. 1872.
  • Über Lebensmagnetismus und über die magischen Wirkungen überhaupt. Hg. von Konrad Ditzfelbinger, Dingfelder, Andechs 1986, ISBN 3-926253-01-0.
  • Über die ungleiche Befähigung der verschiedenen Menschenstämme für höhere geistige Entwicklung.
  • Vorlesungen über Psychologie gehalten im Winter 1829/30 zu Dresden. Hg. von Egar Michaelis, Zürich u. Leipzig 1931 (Darmstadt 1958).

Literatur

(chronologisch absteigend sortiert)

  • Gerd Spitzer: Carl Gustav Carus in der Dresdener Galerie. Sandstein Verlag, Dresden 2009, ISBN 978-3-940319-72-2
  • Carl Gustav Carus. Wahrnehmung und Konstruktion. Essays. Deutscher Kunstverlag, Berlin, München 2009, ISBN 978-3-422-06881-0
  • Carl Gustav Carus. Natur und Idee. Katalog. Deutscher Kunstverlag, Berlin, München 2009, ISBN 978-3-422-06880-3
  • Angela Böhm: Carus-Album. Die Wiederentdeckung einer Porträtsammlung. (Anlässlich der Ausstellung „Bündnis der Freundschaft – das Carus-Album. Eine Porträtsammlung und Ihre Geschichte“ in der Städtischen Galerie Dresden vom 25. Juni bis 27. September 2009), Städtische Galerie Dresden, Dresden 2009, ISBN 978-3-941843-00-4
  • Frank Richter: Carl Gustav Carus. Der Malerfreund Caspar David Friedrichs und seine Landschaften. Verlag der Kunst Dresden, Husum 2009, ISBN 978-3-86530-123-9
  • Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z. Pro Leipzig, Leipzig 2005, ISBN 3-936508-03-8, S. 87 f.
  • Stefan Grosche (Hg.): „Zarten Seelen ist gar viel gegönnt“ – Naturwissenschaft und Kunst im Briefwechsel zwischen Carl Gustav Carus und Goethe. Wallstein-Verlag, Göttingen 2001, ISBN 3-89244-238-X
  • Manfred Schlösser (Hg.): Carl Gustav Carus, „Denkwürdigkeiten aus Europa“. Zu einem Lebensbild zusammengestellt. (Agora, Bd. 17/18), Schröder, Hamburg 1963
  • Paul Stöcklein: Carl Gustav Carus. Menschen und Völker. Hamburg 1943.
  • Bernhard Knauß: Carus, Carl Gustav. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 161–163 (Onlinefassung).
  • Karl von Hecker, Julius Victor CarusCarus, Carl. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 4, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 37 f.

Weblinks

 Commons: Carl Gustav Carus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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