Carl Erdmann Kircheis

Carl Erdmann Kircheis
Porträt des Unternehmers C. E. Kircheis auf einer Tafel am Berufsschulzentrum

Carl Erdmann Kircheis (* 24. April 1830 in Aue; † 21. August 1894 ebenda) war ein deutscher Unternehmer der Maschinenbauindustrie.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines Steigers besuchte die Volksschule in Zelle bei Aue und begann 1844 eine Maschinenbaulehre in der Baumwollspinnerei Lauckner in Aue[1]. 1855 wurde er Technischer Direktor bei der Dessauer Firma Jahn & Arndt mit 80 Mitarbeitern und blieb dort bis 1859. Nach seiner Rückkehr nach Aue war Kircheis Leiter des Unternehmens von Ernst Gessner. Im März 1861 machte er sich als Kleinstunternehmer selbstständig und produzierte mit einem Partner in einem gemieteten Raum in der Nähe des Marktes zunächst Sickenmaschinen. Bald kamen weitere Arbeiter hinzu, auch sein jüngerer Bruder trat in das Unternehmen ein.[1] Später fertigte er Scheren und Abbiegemaschinen zur Herstellung von Haus- und Küchengeräten.

Die bei der Industrie- und Gewerbeausstellung in Chemnitz 1867 ausgestellten Blechbearbeitungsmaschinen der Familie Kircheis erhielten wegen „guter Konstruktion und Verwendungsfähigkeit“ Preise. Bei der Wiener Weltausstellung 1873 erhielten Kircheis' Erzeugnisse mit der Fortschrittsmedaille die höchste Auszeichnung. Aufgrund der guten Auftragslage und der im Stadtzentrum nur begrenzt zur Verfügung stehenden Wasserkräfte der Mulde erwarb Kircheis Grundstücke am Ufer der dort vereinigten Flüsse Zwickauer Mulde und Schwarzwasser in der Nähe des Klösterleins Zelle, um darauf eigene Fabrikgebäude mit sechs Wassermotoren errichten zu lassen. Die Produktionspalette wurde ständig erweitert, zum Beispiel um Ziehpressen, Maschinen zum Verschließen von Konservendosen oder zur Herstellung von Blechumhüllungen.

Kircheis starb am 21. August 1894. Er hinterließ seine Witwe Louise Pauline, geb. Fischer, (1840–1913) und wurde auf dem Friedhof in Aue-Zelle begraben. Sein Schwiegersohn, Wilhelm Röll (1850–1926), königlich-sächsischer Kommerzienrat, der seine Tochter Pauline (1860–1931), Trägerin der königlich-sächsischen Carola-Medaille, geheiratet hatte, wurde neuer Firmeninhaber. Das Unternehmen gehört heute als Teil der Blema-Kircheis zur Leonhardt Group.

Schaffen und Wirken

Presse von KIRCHEIS, ausgestellt im Otto von Bahrenpark (Hamburg)

Inspiriert von den Ziehpressen auf der Weltausstellung in Philadelphia 1876 begann Kircheis mit eigenen Versuchen auf diesem Gebiet. Es gelang ihm, nahtlose Blechkörper aus einem Stück zu fertigen. 1878 erhielt er für die Verbindung einer Kreisschere mit einem Ovalwerk das Patent Nr. 1810. Er ließ im selben Jahr seine erste Ziehpresse patentieren und erhielt in Erfurt den Ehrenpreis einer Lampenfirma und die königlich-preußische Staatsmedaille in Silber. 1879 folgten bei der Fachausstellung der deutschen Metallindustrie in Nürnberg für einen Großteil seiner mittlerweile 80 Erzeugnisse weitere Auszeichnungen.

1882 wurde der Geifenrunder zum Abrunden geifiger Gegenstände patentiert. In denselben Zeitraum fällt die Entwicklung der Dosenverschließmaschine. Wegen des erteilten Patents für diese Maschine wurde im folgenden Jahr in der Firma eine separate Abteilung zur Massenfabrikation von Maschinen für Blechumhüllungen aufgebaut. 1884 ließ Kircheis eine eigene Gießerei einrichten und 1886 die Abteilung für Klempner-Handwerkszeuge ausgliedern. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden insgesamt etwa 10.000 Klempnerwerkzeuge und etwa 5 200 Maschinen ausgeliefert. Am 15. März desselben Jahres feierte das Unternehmen sein 25-jähriges Bestehen, aus diesem Anlass veröffentlichte die Zeitung für Blechindustrie einen ausführlichen Artikel über Kircheis und seine Firma.

Das Unternehmen Erdmann Kircheis gilt als Vorreiter sozialen Engagements, denn ab 1888 wurden eine Unterstützungskasse und eine Fabrik-Krankenkasse eingeführt. Ein betriebseigener Speisesaal sowie Wasch- und Umkleideräume folgten. Im selben Jahr erschienen die Produktkataloge der Firma erstmals auch in ausländischen Sprachen, wie englisch, dänisch und französisch. Bei der Maschinenausstellung in München erhielt das Unternehmen den Königlich-Bayrischen Staatspreis. 1890 beschickte Kircheis alle renommierten nationalen und internationalen Ausstellungen mit seinen Maschinen und Erzeugnissen.

1894 belief sich das materielle Vermögen der Firma auf sechs Wassermotoren, 200 Hilfsmaschinen und eine eigene Gießerei mit zwei Kupolöfen. Bis dahin hatte das Unternehmen etwa 9 500 Maschinen in alle Welt geliefert. Kircheis bedachte in seinem Testament die Kirche, die Schule, die Gemeinde und den Frauenverein von Aue-Zelle mit je 15.000 Reichsmark.

Auszeichnungen und Ehrungen

Zu Kircheis‘ wichtigsten Auszeichnungen zählen die Fortschrittsmedaille bei der Weltausstellung in Wien 1873, die Königlich-Preußische Goldene Staatsmedaille in Altona 1881 und die Goldmedaille bei der Weltausstellung in Paris 1889. Er erhielt außerdem viele weitere nationale und internationale Auszeichnungen.

Kircheis gründete 1877 gemeinsam mit Otto Wilhelmy die erste deutsche Fachschule für Blecharbeiter in Aue. Die Idee für die Gründung einer Fachschule für Blechbearbeitung wurde schon 1875 bei dem Treffen der Klempnerbranche in Kassel gefasst. Da er viele Jahre Vorstandsmitglied der Schule war und diese großzügig ausstattete, wurde sie nach Kircheis benannt. Nach ihrer Sanierung in den 1990er-Jahren dienen die Gebäude weiterhin als Berufliches Schulzentrum für Technik Erdmann Kircheis. Anlässlich seines 175. Geburtstages im Jahr 2005 beschloss der Auer Stadtrat im Januar 2006, einen Teil der Bahnhofstraße in Erdmann-Kircheis-Straße umzubenennen.

Kircheis gilt als Pionier der Auer Blechbearbeitungsindustrie, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein wichtiger Wirtschaftszweig der Stadt Aue ist. Kircheis war Ritter des königlich-sächsischen Albrechts-Ordens 1. Klasse.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b schriftliche Informationen von Jana Hecker, Pressereferentin der Stadtverwaltung Aue vom Mai 2009

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