Endingidi

Endingidi

Die Endingidi, auch endingiri, eningiri, ist eine einsaitige Röhrenspießgeige der Baganda und Ankole in Uganda. Das einfache Streichinstrument wird von Männern solo, als Liedbegleitung und in kleiner Besetzung zur Unterhaltung gespielt.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Verbreitung

Bei afrikanischen Spießlauten geht der lange gerade, aus einem Holzstab bestehende Hals durch den Korpus hindurch und ragt an der gegenüberliegenden Seite ein kurzes Stück hinaus. Von der Form des Korpus werden drei unterschiedliche Instrumententypen unterschieden. In Westafrika sind bei den Binnenspießlauten schalenförmige Resonanzkörper verbreitet. Hierzu zählen die malische ngoni und ihre Verwandten weiter nördlich in der Sahara: die Zupflauten tidinit, tahardent, sowie die einsaitigen Fiedeln imzad der Tuareg und goge der Hausa. Röhrenspießgeigen, bei denen der Stab nicht längs, sondern diametral den Korpus durchdringt, sind dagegen für Ostafrika typisch. Im Westen von Kenia ist eine Röhrenspießgeige unter dem Namen asiriri bekannt, die in Ruanda gespielte Röhrenspießgeige heißt iningiri[1]. Mit akadingidi wird in Uganda eine Stabzither mit röhrenförmigem Korpus bezeichnet. In den 1960er Jahren wurde bei den Sandawe in Zentraltansania die Röhrenspießgeige zogozogo populär. Die Chewa in Malawi spielen die einsaitige kaligo.[2] Zum seltenen dritten Typ mit kastenförmigem Korpus zählt in Äthiopien die einsaitige Streichlaute masenqo.

Während die westafrikanischen schalenförmigen Lauten vom Maghreb mit der Islamisierung durch die Araber ab dem 11. Jahrhundert durch die Sahara in die Sudanregion gelangten (siehe ngoni), kommt für die ostafrikanischen Instrumente ein Einfluss chinesischer Röhrengeigen wie der zweisaitigen erhu in Betracht. Arabische Händler haben demnach Ende des 19. Jahrhunderts, also wesentlich später als die Einführung der Schalenlauten, mit der Swahili-Kultur für deren Verbreitung bis ins Inland an den Victoriasee gesorgt.[3]

Bauform und Spielweise

Eine Frühform der Laute besaß einen Schalenresonator, dessen Decke nicht, wie in Westafrika üblich, aus einer Tierhaut, sondern aus einem Baumblatt bestand. 1907 wurde dieses Modell durch eine Röhrenform aus Holz ersetzt, die während des Ersten Weltkriegs durch Soldaten verbreitet wurde.

Vor der Bearbeitung vergraben die Ankole einen Holzklotz mindestens zwei Wochen lang im Boden, um das Material weicher zu machen. Danach wird die Form dünnwandig ausgehöhlt und auf beiden Seiten glatt geschliffen. Alternativ kann eine Kalebasse oder ein Kuhhorn verwendet werden. Letzteres wird mit einem heißen Messer ausgehöhlt. Die hölzernen Resonanzkörper sind etwa 15 Zentimeter hoch mit einem Durchmesser von 10 Zentimetern. Die Membran besteht bei den Baganda aus der Haut einer Antilope oder einer jungen Ziege, die Ankole verwenden auch Schaf, Steppenwaran und Python. Die frische Haut wird längere Zeit (einen Tag) in Wasser eingeweicht, gereinigt, dann nass straff über die obere Öffnung gezogen und an den Rändern mit Stoffstreifen fest umwickelt. Am nächsten Tag hat sich die trockene geschrumpfte Haut festgezogen.

Der Halsstab wird dicht unter der Oberseite diametral durch den Korpus gesteckt. Etwa sechs Zentimeter vor seinem Ende befindet sich ein Bohrloch im Stab, das im rechten Winkel einen nach vorne stehenden langen Wirbel aufnimmt. Die Ankole befestigen die Saite am oberen Ende stattdessen mit einem fest sitzenden Hautstreifen. Die Saite läuft über einen kleinen zylindrischen Steg, der in der Mitte auf der Membran liegt, und wird am unteren Stabende festgebunden. Durch Verschieben des Steges kann die Tonhöhe feingestimmt werden. Die Saite bestand früher aus einer Tiersehne oder aus Pflanzenfasern, heute kommt meist Nylon (Angelschnur) zum Einsatz. Der Streichbogen besteht aus einem Aststück, das sich durch die Bespannung mit Sisalfasern zum Halbkreis formt. Die Fasern werden vor dem Spiel mit Harz eingerieben. Eine kleine, hoch klingende Fiedel nennt sich endingidi entono, das größere Bassinstrument heißt endingidi ey'olutamba oder olufule.

Der Sänger, der sich selbst auf der endingidi begleitet, hält im Sitzen die Öffnung des auf dem Oberschenkel ruhenden und schräg nach vorne ragenden Instruments gegen seinen linken Ellbogen. Mit der linken Hand umgreift er den Hals; Zeigefinger, Mittelfinger oder kleiner Finger berühren die Saite leicht von der Seite. Sie wird nicht auf den Hals niedergedrückt. Die Stimmung erfolgt individuell nach den Erfordernissen der Melodie. In nahezu waagrechter Position an einer Schnur um den Hals hängend kann die endingidi auch im Stehen gespielt werden.

Anfang des 20. Jahrhunderts war das Instrument besonders bei Jugendlichen beliebt. Die Lieder handeln vom Alltag und werden zur allgemeinen Unterhaltung und bei festlichen Anlässen wie Hochzeiten vorgetragen. Im dörflichen Orchester spielt die endingidi mit dem Holmxylophon amadinda, Trommeln (bei den Ankole mit der einfelligen Fasstrommel engoma[4]) und Rasseln zusammen.

Literatur

  • Ulrich Wegner: Afrikanische Saiteninstrumente. (Neue Folge 41. Abteilung Musikethnologie V.) Museum für Völkerkunde Berlin 1984, S. 125–128

Weblinks

Einzelnachweise

  1. ININGIRI PLAY AND SING RWANDA. Youtube Video
  2. Roger Blench: The Morphology and Distribution of Sub-Saharan Musical Instruments of North-African, Middle Eastern, and Asian, Origin. In: Laurence Picken (Hrsg.): Musica Asiatica. Bd. 4 Cambridge University Press, Cambridge 1984, S. 172, ISBN 978-0521278379
  3. Gerhard Kubik: Zum Verstehen afrikanischer Musik. Lit Verlag, Wien 2001, S. 14
  4. Engoma. africamuseum.be

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