Carl Chun

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Carl Friedrich Chun (* 1. Oktober 1852 in Höchst am Main; † 11. April 1914 in Leipzig) war ein deutscher Zoologe und Tiefseeforscher. Sein Lebenswerk ist die Organisation und Durchführung der ersten deutschen Tiefsee-Expedition mit dem Dampfer „Valdivia“ in den Jahren 1898/1899. Chun selbst war Spezialist für Rippenquallen und Tintenfische.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Familie

Er war mit Lily Vogt, einer Tochter des Professors Carl Vogt, verheiratet. Carl Vogt (1817–1895) war Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung und ab 1852 Professor an der Universität Genf.

Carl und Lily Chuns 1887 geborene Tochter, die sozialdemokratische Politikerin Lily Pringsheim, war mit dem Pflanzenphysiologen Ernst Georg Pringsheim verheiratet.

Wissenschaftliche Laufbahn

Geboren am 1. Oktober 1852 in Höchst a.M. verbrachte Carl Chun seine Schulzeit am Frankfurter Gymnasium, wo er auch die Vorlesungen am Theatrum anatomicum der Senckenbergischen Stiftungen besuchte. Er studierte Zoologie an den Universitäten Göttingen und Leipzig bei Rudolf Leuckart, bei dem er im Jahr 1875 zum Doktor der Medizin promovierte. Später arbeitete er als Assistent bei seinem Lehrer. 1876 ging er an die Zoologische Station Neapel zu Anton Dohrn. Mit einer Monographie zu den Ctenophoren, welche 1880 in der Reihe „Fauna und Flora des Golfes von Neapel“ veröffentlicht wurde, erlangte er als Biologe weltweite Anerkennung. Sein Interesse galt vor allem der Tiefenfauna des Meeres, welche er mit selbstkonstruierten Schließnetzen an den Küsten Korsikas, Dalmatiens und der Kanarischen Inseln untersuchte. Ab 1878 war er als Privatdozent an der Universität Leipzig tätig, später im Jahr 1883 erhielt er eine Ordinariusstelle an der Universität Königsberg. Ferienaufenthalte am Mittelmeer nutzte Chun zur Vervollkommnung seiner Fangtechniken für pelagische Meerestiere. Im Resultat einer Reise zu den Kanaren im Winter 1887/88 veröffentlichte Chun eine Arbeit mit dem Titel: „Die pelagische Tierwelt in größeren Meerestiefen und ihre Beziehung zur Oberflächenfauna“ und begründete damit seinen Ruf als Pionier der Planktonforschung. Im Jahr 1889 nahm er an der Deutschen Planktonexpedition teil, bei der er die Ctenophoren und Siphonophoren bearbeitete. 1891 erhielt Chun, der mittlerweile eine Autorität in der Meeresbiologie darstellte, eine Professur für Zoologie an der Universität Breslau.

Der von Chun entdeckte Tiefsee-Tintenfisch Vampyroteuthis infernalis

Seinen Traum von einer weltumspannenden Erforschung der Tiefsee stellte er im September 1897 auf der Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Braunschweig seinen Fachkollegen vor. Mit einer Resolution der Gesellschaft wurde Chun ermächtigt an „allerhöchster Stelle“ um die Verwirklichung seines Planes zu bitten. Kaiser, Bundesrat und Reichstag befürworteten im Januar 1898 die hohen finanziellen Forderungen Chuns. Im Jahr 1898 wurde er zum Professor für Zoologie an die Universität Leipzig berufen. In einer Rekordzeit wurde der ehemalige Postdampfer „Valdivia“ für die Ansprüche einer ozeanographischen Expedition ausgerüstet. Am 31. Juli 1898 trat die Valdivia ihre Fahrt durch den Atlantik um die Südspitze Afrikas in den Indischen Ozean an. Am 16. Dezember 1898 erreicht sie den südlichsten Ort vor dem antarktischen Enderby Land und nahm danach Kurs auf Sumatra. Von dort trat das Schiff die Heimreise an, welche über Sri Lanka und die Seychellen an die Ostküste Afrikas führte. Die letzte von insgesamt 268 bearbeiteten Stationen wurde in der Nähe des Kap Guardafui gemacht. Am 28. April 1899 erreichte die Expedition den Hamburger Heimathafen. Chun widmete sich neben seiner Lehrtätigkeit intensiv der Herausgabe der Resultate der Valdivia-Expedition, wobei er selbst den wissenschaftlichen Teil über die Cephalopoden schrieb.

Insgesamt wirkten an der Bearbeitung des Sammlungsmaterials über 70 Wissenschaftler mit, unter ihnen auch der Organisator der Challenger-Expedition Sir John Murray. Die vollständige Herausgabe des in 24 Bänden und 95 Einzellieferungen erschienen Werkes dauerte bis 1940 an. Carl Chun erlebte den Abschluss dieses Werkes nicht. Er verstarb am 11. April 1914 an einem langjährigen Herzleiden in Leipzig. Große Teile des wissenschaftlichen Nachlasses von Carl Chun befinden sich heute am Museum für Naturkunde in Berlin sowie im Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt a. M.

Werke

Titelseite der 1. Auflage des Bestsellers „Aus den Tiefen des Weltmeeres“ (1900)
  • Die Ctenophoren des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeres-Abschnitte: eine Monographie. Fauna und Flora des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeres-Abschnitte hrsg. von der Zoologischen Station zu Neapel, 1: XVIII, 313 S., Stazione Zoologica Napoli, Leipzig: Engelmann, 1880
  • Katechismus der Mikroskopie. Webers illustrierte Katechismen. 138 S., Leipzig: S.Weber, 1885
  • Die pelagische Thierwelt in grösseren Meerestiefen und ihre Beziehungen zu der Oberflächenfauna. Bibliotheca Zoologica 1 (1): 66 S., Cassel: Fischer, 1887
  • Die Beziehungen zwischen dem arktischen und antarktischen Plankton. 64 S., Stuttgart: Nägele, 1897
  • Aus den Tiefen des Weltmeeres. 1. Auflage, 549 S., Jena: Fischer, 1900
  • Aus den Tiefen des Weltmeeres. 2. Auflage, 592 S., Jena: Fischer, 1903
  • Die Cephalopoden T. 1: Oegopsida. Wissenschaftliche Ergebnisse der deutschen Tiefseeexpedition auf dem Dampfer Valdivia 1898–1899, 18(1), Jena: Fischer, 1910
  • Die Cephalopoden T. 2: Myopsida, Octopoda. Wissenschaftliche Ergebnisse der deutschen Tiefseeexpedition auf dem Dampfer Valdivia 1898–1899, 18(2), Jena: Fischer, 1910

Literatur

  • Winter, F.H.: Carl Chun. 45. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main. Heft 3: 176-183, 1914.
  • Steche, O.: Carl Chun. Jahresbericht der Schlesischen gesellschaft für vaterländische Cultur. 92, VI. Abteilung: 4-7, 1914

Porträts

  • Bronzegussmedaille 1909, 60 mm. Medailleur: Paul Sturm (1859–1936). Vorderseite: CARL CHUN DEUTSCHE TIEFSEE EXPEDITION 1898–1899 --- Bärtige Büste nach r. Rückseite: Eine Nymphe zwischen Seegetier schaut durch ein nautisches Gerät auf den Meeresboden. Literatur: Grund 1986, Nr. 75. Heidemann 1998, Nr. 81.

Weblinks



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