Carl Adam Petri

Carl Adam Petri
Carl Adam Petri (2009)

Carl Adam Petri (* 12. Juli 1926 in Leipzig; † 2. Juli 2010 in Siegburg) war ein deutscher Mathematiker und Informatiker. Er ist vor allem bekannt durch die nach ihm benannten Petri-Netze zur Modellierung verteilter Systeme.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Carl Adam Petri wird am 12. Juli 1926 in Leipzig geboren. Petris Vater war promovierter Mathematiker und hat seinen Sohn in die Mathematik eingeführt und ihn für die Naturwissenschaften begeistert. Zum 12. Geburtstag bekommt er aus der Konkursmasse einer Buchhandlung zwei dicke Lehrbücher der Chemie, die er durcharbeitet. Schon im Alter von 13 Jahren erfindet Petri die Petri-Netze mit ihren Grafiken und Regeln zum Beschreiben von chemischen Prozessen. Durch die Beziehungen seines Vaters hat Petri Zugang zur Zentralbibliothek in Leipzig. Dort versucht er sich an den (damals verbotenen) Werken von Einstein und Heisenberg. 1941 erzählt sein Vater ihm von Konrad Zuse und dessen Arbeit mit Rechenmaschinen. Petri beginnt darauf hin sich mit physikalischen Gesetzen zum Zwecke des Rechnens und der Automation zu beschäftigen. Er baut sich sogar einen kleinen Analogrechner.

1944 legt Petri sein Notabitur an der Thomasschule in Leipzig ab und wird kurz darauf zum Militär gezogen. Er wird Flakhelfer der Luftwaffe und gerät in britische Gefangenschaft. Noch während der Gefangenschaft beschäftigt sich Petri mit den Unterschieden zwischen dem Analog- und dem Digital-Rechnen. Er gelangt zur Überzeugung, dass digitale Rechenmethoden vielseitiger und zuverlässiger sind. Nach dem Krieg bleibt er bis 1949 in England und arbeitet an Lösungen vermessungstechnischer Probleme. (Beispielsweise die Anlage konzentrischer Ellipsen auf hügeligem Gelände.) Seine Überlegungen zu den Rechenmaschinen gibt er jedoch nicht auf.

1950 kommt Petri zurück nach Deutschland und beginnt ein Mathematikstudium an der Technischen Hochschule Hannover. Dort erhält er unter anderem ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Die sich gerade entwickelnde Informatik beschäftigt ihn weiter, denn 1955 besucht er ein Training bei IBM. Nachdem er 1956 sein Diplom der Mathematik abschließt wird er wissenschaftlicher Assistent an der TH Hannover und später an der Bonner Universität. 1962 schließlich promoviert Petri zum Doktor der Naturwissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt.[1] Der Titel seiner Dissertation lautet „Kommunikation mit Automaten“ und behandelt unter anderem simultane Modelle (Petri-Netze).

Von 1963 richtet Petri das Rechenzentrum der Bonner Universität ein und leitet dieses bis 1968. Hier hat er die Möglichkeit weiter an seiner Netztheorie zu arbeiten, die zum Teil auch mit der Praxis des Rechenzentrums verbunden ist. Nach der Gründung der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) 1968 baut er das Forschungsinstitut für Informationssysteme auf und führt dieses bis 1991. In dieser Zeit entstehen Kooperationen mit allen europäischen Ländern, den USA, Indien, Chile und China. Nach seiner Pensionierung 1991 baute er seine Ideen weiter aus und publiziert diese.

Dissertation Kommunikation mit Automaten

Der Titel der Dissertation ist bewusst zweideutig ausgelegt: Zum einen kann es bedeuten, als Mensch mit einer Maschine zu kommunizieren (Turings Gedankenexperiment: Turing-Test) oder aber die Kommunikation zwischen Menschen mit Hilfe von Automaten. Petri selbst hat angegeben, dass die zweite Bedeutung des Titels beabsichtigt ist, sich seine Dissertation aber hauptsächlich der ersten Auslegung widmet.[2]

Die Arbeit Petris ist keine konventionelle Dissertation, in der ein offenes Problem gelöst oder eine neue Theorie vorgestellt und ausgearbeitet wird. Wie in vielen seiner späteren Arbeiten auch, formuliert Petri eine Fülle von Anregungen und Vorschlägen zu einer neuen Grundlage der theoretischen Informatik, die eher Skizzen zu einem Forschungsprogramm ähneln.[3] Seine Arbeit beginnt mit einem sehr konkreten Problem das bei der maschinellen Berechnung von rekursiven Funktionen auftritt. Bei diesen Funktionen ist es im Allgemeinen nicht möglich vorherzusagen wie viel Speicherplatz sie zur Berechnung benötigen. Es lässt sich „ausprobieren“, ob die Funktion terminiert ist und die Rechenressourcen ausreichend sind. Ist dies jedoch nicht der Fall, muss man die Berechnung mit mehr Ressourcen neustarten. Petri stellt an dieser Stelle die Frage, ob es nicht möglich ist das Rechensystem um weitere Ressourcen zu ergänzen, um dann einfach weiter zu rechnen. Lässt sich eine solche Computer-Architektur realisieren, die beliebig erweiterbar ist? Die herkömmliche Architektur kommt an ihre Grenzen. Deshalb schlägt Petri eine gänzlich neue Architektur vor. Sie sieht vor, dass das System aus einzelnen Komponenten besteht, die jeweils selbstständig und deswegen asynchron arbeiten. Viele der einzelnen Komponenten ergeben dann ein großes, um weitere Komponenten erweiterbares, System. Mit dem Entwurf eines asynchron arbeitenden Kellerspeichers will er zeigen, dass asynchrone Systeme leistungsfähiger sind als synchrone.

Petri argumentiert weiter: Es sei unangemessen die Informatik auf sequenziellen Modellen aufzubauen. Statt Ereignisse der Zeit zuzuordnen solle man dem Ursache-Wirkungs-Prinzip nach ordnen. Zudem solle man die Vorstellung von globalen Zuständen aufgeben, wie sie in sequenziellen Modellen verwendet werden. In der realen Welt verändert eine Aktion nur ein paar Komponenten, nicht aber das gesamte System. Zur Veranschaulichung und Modellierung asynchroner Systeme verwendet Petri in dieser Arbeit Graphen mit speziellen Notationen und Regeln, die Petri-Netze.

Auszeichnungen, Ehrungen und Mitgliedschaften

  • 1962 erkennt der Darmstädter Professor Alwin Walther die Bedeutung von Petris Arbeit und sorgt dafür, dass sie als beste Dissertation des Studienjahres 1961/62 ausgezeichnet wird.
  • 1985 wird Petri Ehrenvorsitzender des Steering Committee der ICPN.
  • 1988 bekommt Petri das Bundesverdienstkreuz I. Klasse der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
  • 1988 wird Petri zum Ehrenprofessor der Universität Hamburg ernannt und hält dort bis 1994 Seminare über Allgemeine Netztheorie.
  • 1989 wird er in London zum Mitglied des Academia Europaea gewählt.
  • 1993 wird ihm die Konrad-Zuse-Medaille für besondere Verdienste in der Informatik verliehen.
  • 1997 erhält Petri von Bundespräsident Professor Roman Herzog den Werner-von-Siemens-Ring für herausragende Verdienste um die Technik in Verbindung mit der Wissenschaft.
  • Seit 1997 ist Petri Mitglied der New York Academy of Sciences.
  • 1998 Erstmalige Vergabe des, nach ihm benannten, „Carl Adam Petri Distinguished Technical Achievement Award“ durch die „Society for Design and Process Science“.
  • 1999 bekommt er den „Doktor Honoris Causa“ von der Universität von Zaragoza verliehen.
  • 2003 wird Petri von der niederländischen Königin mit dem „Orde van de Nederlandse Leeuw“ (Orden vom Niederländischen Löwen) ausgezeichnet.
  • 2007 zeichnet ihn die „Academy of Transdisciplinary Learning and Advanced Studies“ (ATLAS) für sein Lebenswerk mit der „Academy Gold Medal of Honor“ aus.[4]
  • 2009 erhält Petri den „IEEE Computer Pioneer Award“.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.informatik.uni-hamburg.de/TGI/mitarbeiter/profs/petricv.html
  2. http://www.informatik.uni-hamburg.de/TGI/mitarbeiter/profs/petri/laudatio.html
  3. http://www.informatik.uni-hamburg.de/TGI/PetriNets/history/CAPetriAndPetriNets_ger.doc
  4. http://www.fernuni-hagen.de/dvt/oa_5.shtml
  5. http://idw-online.de/pages/de/news305378



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