Edmund de Unger

Edmund de Unger

Edmund de Unger (* 1918 in Budapest; † 25. Januar 2011 in Ham (Surrey)) war ein Immobilienmakler und seit den 1950er-Jahren ein Sammler islamischer Kunst.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Edmund de Unger wurde 1918 als Sohn einer ungarischen Aristokratenfamilie in Budapest geboren. Seine Familie baute 1830 das Ungarische Nationalmuseum auf und auch sein Vater war ein leidenschaftlicher Sammler von Teppichen. Mit sieben oder acht Jahren begann de Unger, von den Teppichen seines Vaters inspiriert, eigene Muster zu entwerfen. Sein Vater, der starb, als Edmund zehn war, nahm ihn schon früh mit in verschiedenste Museen und Ausstellungen und sogar Auktionen. Nach seinem Tod förderte Edmunds Mutter sein Interesse am Sammeln, da sie selbst von der Schönheit und Farbigkeit der Teppiche fasziniert war. Schon in seiner Schulzeit sammelte de Unger Briefmarken und Münzen. Mit elf Jahren kaufte er das erste Objekt seiner Sammlung, eine Eisenkiste aus Süddeutschland, die er eineinhalb Jahre in Raten abbezahlte. 1934 kam Edmund das erste Mal nach London, um Englisch zu lernen und später in Oxford zu studieren. Als der Zweite Weltkrieg begann, ging er zurück nach Ungarn, um nach seiner Familie zu schauen und rette einige Stücken aus seines Vaters Sammlung vor dem Krieg, indem er sie mit Hilfe seines Cousins nach Belgien transportieren ließ. Während des Stalinismus in Ungarn geriet Edmund öfter in den Blick der Geheimpolizei. 1949 ging er unter anderem aus diesem Grund nach Großbritannien zurück, um Jura zu studieren. Nach Abschluss seines Studiums arbeitete er als Rechtsanwalt im Kolonialbüro in Ghana und Nigeria. Als er nach England zurückkehrte, beschloss er, auf dem Immobilienmarkt tätig zu werden.

Obwohl schon früh durch diverse Ausstellungen die Leidenschaft zu türkischen Teppichen geweckt wurde, kann man Edmund de Unger erst ab 1958 einem seriösen Sammler nennen. Grund dafür war ein Aufenthalt in Kairo und ein Besuch im Museum, in welchem er besonders die fatimidischen Lüsterkeramiken bewunderte. In Ägypten erwarb er auch sein erstes islamisches Objekt, ein fatimidisches Fragment mit einem Gesicht darauf. Drei Jahre später lernte er die islamische Metallkunst in der Eremitage in St. Petersburg kennen.

So sammelte sich über mehr als fünf Jahrzehnte eine beachtliche Sammlung hauptsächlich islamischer, aber auch europäischer Kunst an. 2009 erhielt das Museum für islamische Kunst in Berlin als Dauerleihgabe de Ungers „Keir Collection“, die aus 1500 Werken islamischer Kunst besteht und damit eine der größten Privatsammlungen dieser Art ist.[1]

Edmund de Unger lebte bis zu seinem Tode 2011 in Ham (Surrey)[2] in England[3].

Sammlung

Teppiche und Textilien

„Meine Liebe zur islamischen Kunst begann mit Teppichen. Den ersten nahm ich im Alter von sechs Jahren wahr, als mein Vater Richard mir verbot, ihn zu betreten. [...] Allmählich bedeckten sich Fußböden und auch Wände meiner Wohnung mit Neuerwerbungen. Das Ende kam, als ich auf dem Boden überall drei Lagen von Teppichen entdeckte – so konnte es nicht weitergehen.“[4]

Die Teppichsammlung de Ungers ist eine der wichtigsten und größten Privatsammlungen orientalischer Teppiche. Die Sammlung besteht überwiegend aus Holbein-, Lotto-, Ushak-, transsilvanischen und persischen Teppichen sowie weiteren Teppichen mit Pflanzen- und Tiermotiven, die sich aber schwer in Gruppen einteilen lassen. Neben Teppichen beinhaltet die Sammlung de Unger noch „einen vielfältigen Fundus vor allem an Seidengeweben […]“[5], dessen Großteil aus europäischen Textilien besteht (200 Objekte), dicht gefolgt von persischen Stoffen aus der Safawidenzeit.

Buchkunst

„In meiner Kindheit mochte ich die Geschichten aus „Tausendundeiner Nacht“ besonders, und ihre farbigen Beschreibungen und bildreichen Vorzüge müssen mich geprägt haben.“[4]

Die gesammelten Buchkunstobjekte Edmund de Ungers bilden eine Sammlungen von höchster Wichtigkeit und Einzigartigkeit. An den Objekten der Sammlung lässt sich die Entwicklung der Buchkunst anschaulich nachvollziehen. Beginnend bei arabischer Malerei des 13. Jh., über einige illustrierte Seiten aus der Shahnama von Firdausi aus dem 14. Jh. und zwei Miniaturen aus „Layla wa Majnun“ von Nizami (Herat Schule) aus dem 15. Jh., bis hin zu „Five youths and two girls enjoying themselves in the country“ von Riza-i ’Abbasi (Isfahan Schule) aus dem 17. Jh.

Metall

„Ich glaube, keine Sammlung islamischer Kunst wär vollständig ohne die Metallarbeiten. […] An islamischer Metallarbeit erkenne ich die vielfältige Qualität, die auf erstklassiger Technologie und Werkstatt basiert. […] Hier sind es die Form und vor allem das Ornament und das Kunsthandwerk, an dem sich die Meisterschaft erkennen lässt.“[4]

Die Keir Collection beinhaltet nur eine kleine Anzahl an Metallobjekten (21). Die meisten sprechen durch ihre Qualität und Schönheit an, andere hingegen sind von wissenschaftlichem Interesse und können die Forschung bereichern. Die Objekte sind überwiegend aus Bronze und mit verschiedensten Techniken verziert, so findet man beispielsweise Gold- und Kupferintarsien. Die meisten Stücke stammen aus Ägypten.

Bergkristall

Die Bergkristallobjekte der Sammlung de Unger stammen bis auf zwei Objekte aus dem fatimidischen Ägypten. Die Besonderheit der Objekte liegt in den verschiedenen Formen und Verzierungen.

Keramik

“Damals begegnete ich erstmals islamischer Keramik. Wie ihre geknüpften Gegenstücke zeigen sie die gleiche Verbindung von leuchtenden Farben, Feinheit und Wagemut des Ornamententwurfs. Besonders bewundere ich die Lüsterkeramik – meines Erachtens das größte Geschenk, das muslimische Töpfer der Menschheit machten […] und sie liegt meinem Herzen wohl am nächsten.“[4]

Die Keramiksammlung ist eine, durch ihre Vielfältigkeit beeindruckende Sammlung. Sie lässt sich grob in drei große Gruppen gliedern, frühe Lüsterkeramik, Lüsterkeramik des 12. und 13. Jh. und fatimidische Keramik aus Ägypten, welches wohl der eindrucksvollste Teil der Sammlung ist. Darüber hinaus gibt es auch Objekte aus anderen Gegenden und Epochen, wie den Abbasiden und Umayyaden.

Literatur

  • Claus-Peter Haase (Hrsg.): Sammlerglück – Islamische Kunst aus der Sammlung Edmund de Unger, Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Hirmer Verlag, München, 2007, ISBN 978-3-7774-4075-0
  • B. W. Robinson (Hrsg.): Islamic Art in the Keir Collection, Faber and Faber Limited, London 1988, ISBN 9780571137534
  • Géza Fehérvári: Islamic Metalwork of the Eighth to the Fifteenth Century in the Keir Collection, Faber and Faber Limited, London, 1976, ISBN 0571097405
  • Ernst J. Grube: Islamic Pottery of the Eighth to the Fifteenth Century in the Keir Collection, Faber and Faber Limited, London, 1976, ISBN 0-571-09953-X
  • B. W. Robinson: Islamic Painting and the arts of the book, Faber and Faber Limited, London, 1976, ISBN 0-571-10866-0
  • John Carswell, Edmund de Unger. Prime Collector, in: Hali: carpets, textiles and Islamic art, Heft 156, S. …, Hali Publ. Ltd., London, 2008, ISSN 0142-0798
  • Friedrich Spuhler: Islamic carpets and textiles in the Keir Collection, Faber and Faber Limited, London, 1978, ISBN 0571097839

Weblinks

Literatur von und über Edmund de Unger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Einzelnachweise

  1. Mitteilung der Staatlichen Museen zu Berlin vom 10. Juni 2009
  2. Ham, Surrey
  3. Death of Edmund de Unger
  4. a b c d Edmund de Unger, Zum Geleit, in: Claus-Peter Haase (Hrsg.), Sammlerglück – Islamische Kunst aus der Sammlung Edmund de Unger, Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Hirmer Verlag, München, 2007
  5. Gisela Helmecke, Brokate und Samte, in: Claus-Peter Haase (Hrsg.), Sammlerglück – Islamische Kunst aus der Sammlung Edmund de Unger, Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Hirmer Verlag, München, 2007, S. 81

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