Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat

Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) (französisch Inspection fédérale de la sécurité nucléaire) ist die Aufsichtsbehörde der Schweiz für die nukleare Sicherheit der kerntechnischen Anlagen. Das ENSI wird überwacht vom ENSI-Rat, einem vom Bundesrat gewählten und ihm direkt unterstellten unabhängigem Gremium. Sitz des ENSI ist Brugg im Kanton Aargau.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bis Ende 2008 war die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) die in der Schweiz verantwortliche technische Aufsichtsbehörde für kerntechnische Anlagen. Sie hatte ihren Sitz im aargauischen Würenlingen.

Die HSK kontrollierte die Sicherheit der fünf betriebenen Kernkraftwerke und weiterer Kernanlagen in der Schweiz. Die HSK nahm gleichzeitig auch die Funktion der Strahlenschutz-Aufsicht über sämtliche Kernanlagen sowie Aufgaben im Bereich der Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle wahr. Im Gegensatz zu Deutschland, wo die genannten Funktionen aufgetrennt sind und teils sogar auf Länderebene ausgeübt werden, nahm die HSK die Aufgaben unter einem gemeinsamen Führungsdach wahr. Sie wurde kontrolliert von der aus nebenamtlichen Fachleuten bestehenden Kommission für die Sicherheit der Kernanlagen (KSA).

Seit dem 1. Januar 2009 werden die Aufgaben vom ENSI wahrgenommen. Gemäss Parlamentsbeschluss wurde die HSK vom ihr bisher übergeordneten Bundesamt für Energie abgetrennt und in eine autonome Aufsichtsbehörde umgewandelt. Damit wird einer Forderung der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) nach rechtlicher Verselbständigung nachgelebt.

Die Richtlinie für die schweizerischen Kernanlagen (ENSI-A05/d)

In der Einleitung heißt es

"Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) ist die Aufsichtsbehörde über die nukleare Sicherheit und Sicherung der Kernanlagen in der Schweiz. In seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde oder gestützt auf einen Auftrag in einer Verordnung erlässt es Richtlinien. Richtlinien sind Vollzugshilfen, die rechtliche Anforderungen konkretisieren und eine einheitliche Vollzugspraxis erleichtern. Sie konkretisieren zudem den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. Das ENSI kann im Einzelfall Abweichungen zulassen, wenn die vorgeschlagene Lösung in Bezug auf die nukleare Sicherheit und Sicherung mindestens gleichwertig ist."[1]

Gegenstand und Geltungsbereich

Weiter heißt es dort:

"Die Richtlinie ENSI-A05 regelt die Qualität und den Umfang der werkspezifischen Probabilistischen Sicherheitsanalyse (PSA) der Stufen 1 und 2 für interne und externe auslösende Ereignisse und alle massgeblichen Betriebszustände von Kernkraftwerken (KKW). Darüber hinaus beinhaltet die Richtlinie PSA-Anforderungen für weitere Kernanlagen.
Die Anforderungen an Qualität und Umfang der PSA in dieser Richtlinie stellen sicher, dass insbesondere folgende PSA-Anwendungen möglich sind:
a. Bewertung des Sicherheitsniveaus
b. Beurteilung der Ausgewogenheit der Risikobeiträge
c. Beurteilung des Einflusses von Anlageänderungen
d. Bewertung von Vorkommnissen
e. Bewertung der sicherheitstechnischen Bedeutung (Importanz) von Komponenten
f. Risikotechnische Beurteilung der Betriebserfahrung
In Übereinstimmung mit dem internationalen Stand der PSA-Technik werden die Risiken durch Krieg, Terror und Sabotage in der Richtlinie nicht behandelt."

Weitere Prinzipien

Im vierten Schweizer Report vom Juli 2007 zur Convention on Nuclear Safety im Rahmen der IAEA äussert sich das ENSI auch zur Priorisierung der Schweizer Sicherheits-Anforderungen. Nebst Nachrüstungen gemäss dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik ist auch von "wünschenswerten" Massnahmen auf der Basis einer Kosten-Nutzen-Abwägung (Cost-Benefit-Ratio) die Rede.

Studien

In einer infolge der Nuklearkatastrophe von Fukushima erstellten Studie bewertet die schweizerische Atomaufsichtsbehörde Ensi die Sicherheitslage für die Kühlmöglichkeiten der Brennelementlager, sprich der Abklingbecken, in den Kernkraftwerken Beznau I und II sowie Leibstadt am Hochrhein als "nicht ausreichend".[2]

Betriebsjahre 2009/2010

Im Jahr 2009 verzeichneten die fünf Schweizer Kernkraftwerks-Blöcke Beznau 1 und 2, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt insgesamt 21 mit INES 0 oder höher eingestufte Störfälle oder Betriebsstörungen (hinzu kam einer von Gösgen von 2008, der unzulässigerweise erst 2009 gemeldet wurde).[3] Das ist seit mindestens 1995 das bezüglich solchen Vorkommnissen deutlich schlechteste Betriebsjahr des Schweizer KKW-Parks.[4] Noch bedeutend schlechter sieht die Bilanz für 2010 aus: Einmal INES 2 (ein Personenbestrahlungs-Zwischenfall) und nicht weniger als 41 mal INES 0: 10 mal für die Blöcke 1 und 2 Beznau, 11 mal für Gösgen, 5 mal für Leibstadt und 14 mal für Mühleberg. In Fall Mühleberg relativiert das ENSI, die Störungen seien «im wesentlichen» während der Inbetriebnahme neuer Ausrüstung aufgetreten.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schweizerische Eidgenossenschaft, Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen HSK: Probabilistische Sicherheitsanalyse (PSA): Qualität und Umfang. Richtlinie für die schweizerischen Kernanlagen ENSI-A05/d. 2009, S. 1, abgerufen am 25. März 2011 (pdf, deutsch, Ausgabe Januar 2009).
  2. badische-zeitung.de, Lokales, Kreis Waldshut, 7. Mai 2011, bz: Atomaufsicht übt Kritik (7. Mai 2011)
  3. Aufsichtsbericht 2009 des ENSI
  4. Vergleich der gedruckten Jahres- bzw. ab 2004 Aufsichtsberichte von HSK bzw. ENSI der Jahre 1995 bis 2009
  5. Kernanlagen in der Schweiz waren 2010 sicher, Anton Treier, Informationsbeauftragter des ENSI
  6. Super-GAU-Planungen für Massen-Evakuationen laufen, Tagesschau SF, 7. Juni 2011

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