Dunumer Kirche

Dunumer Kirche
Dunumer Kirche

Die evangelisch-lutherische Dunumer Kirche im Hauptort der Gemeinde Dunum, einem Teil der Samtgemeinde Esens in Ostfriesland, zählt zu den ältesten Kirchen Ostfrieslands (Baubeginn um 1200). Ihre Ausstattung ist von überregionaler kunsthistorischer Bedeutung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Gebiet um den Ort ist seit der Steinzeit besiedelt. Es befindet sich auf einem alten Sandrücken der Geest, der hier kurz vor dem Abstieg in die Marschenniederungen auf bis zu sieben Meter über Normalnull ansteigt. Nicht weit entfernt befindet sich der Radbodsberg, ein Grabhügel, der wohl 3000 Jahre lang als Bestattungsplatz genutzt wurde.

Die Christianisierung begann in diesem Bereich wohl um das Jahr 850. Darauf deuten Ergebnisse einer archäologischen Grabung auf dem alten Begräbnisplatz um die Kirche, bei der ein Wandel der Begräbnissitten festgestellt wurde.[1] Einer alten Überlieferung zufolge soll es in Dunum bereits im 9. Jahrhundert eine Holzkirche gegeben haben.[2] Bei Grabungen konnte bisher jedoch nur ein hölzernes Gotteshaus nachgewiesen werden, das auf die Zeit um 1000 datiert wird.

Der Bau der heutigen Kirche begann zwischen 1200 und 1220. Es entstand ein romanischer Backsteinbau mit einer halbrunden Apsis. Das dafür erforderliche Baumaterial, wie etwa die Backsteine wurde in unmittelbarer Nähe der Kirche hergestellt. Auch der Kalk für den Mörtel, sogenannter Schill, wurde aus Muschelschalen vor Ort gebrannt. Die Kirche ruht auf einem Fundament aus Granitfindlingen und steht auf einer etwa 2 Meter hoch aufgeschütteten Warft. Als Bauwerk der Romanik besaß sie einst an jeder Langseite drei schmale Fenster, die sich unmittelbar unterhalb der Decke befanden und nur wenig Licht ins Innere ließen, und war durch Portale in den Langseiten zu betreten.[3] Als einziges Steinhaus war dieses Gebäude für lange Zeit Zufluchts- und Versammlungsort für alle Einwohner des Ortes.[1]

Die Anfänge der Reformation im Harlingerland gehen zurück auf die Zeit nach 1525, als Ricardo Hicco in Dunum begann, evangelisch zu predigen. Viele der alten liturgischen Gegenstände verloren fortan ihre Bedeutung und wurden zweckentfremdet.

Im Jahre 1712 wurden die Westwand neu aufgemauert und die Fenster vergrößert, um mehr Licht in das Innere der Kirche zu lassen.[4] Um 1860 erhielt der Innenraum seine heutige Gestalt. Die Orgel wurde vom Ostteil der Kirche an den Westgiebel verlegt und die Kanzel von der Mitte der Südwand nach vorne versetzt.

Heute umfasst die Gemeinde etwa 1000 Mitglieder. Das Pfarramt nimmt zusätzliche Aufgaben im Bereich der Kirchengemeinde Esens wahr. Der 1879 gegründete Posaunenchor ist der älteste des Harlingerlandes.[1]

Ausstattungsgegenstände

Die Ausstattung der Kirche ist von überregionaler kunsthistorischer Bedeutung. Bei der Renovierung 1860 wurde der Altar aus dem Jahre 1645 durch einen Holzaltar ersetzt. Über ihm ist ein Kruzifix angebracht, das 1954 von dem Bremer Bildhauer Klaus Bücking aus einem alten Mühlenbalken geschaffen wurde. Der Altartisch besteht aus zwei Sandsteinplatten, die bereits in vorreformatorischer Zeit mit fünf Weihekreuzen versehen wurden. Vom alten Altar blieb ein Kreuz erhalten, das heute an der Rückwand unter der Orgelempore angebracht ist. Aus vorreformatorischer Zeit stammt auch das Granitbecken im Eingangsbereich, das ursprünglich als Weihwasserbecken diente. Weitere Ausstattungsgegenstände aus Zeiten, als in Ostfriesland noch katholisch gelehrt wurde, sind eine Piscina (Ausguss zum Reinigen der Hände und liturgischen Geräte), die sich rechts hinter dem Altar befindet, eine Sakramentsnische im linken Chorbogen und ein Hagioskop, das sich in der Südost-Ecke im Mauerwerk befand und inzwischen verschlossen wurde.[3] Zum Altargerät gehört ein Zinnbecher, der 1700 von dem Kuchenbäcker Hinrich Johannsen gestiftet wurde.[2] Außerhalb der Kirche zeugen mittelalterliche Schleif- und Wetzspuren in Höhe des Hagioskops von der katholischen Vergangenheit. Hier wurden Waffen geweiht, zeremomiell geschärft oder abgestumpft und heiliges Mauerwerk zum Mitnehmen herausgekratzt.[3]

Eine weitere Besonderheit der Dunumer Kirche ist der Taufstein, der wohl noch aus dem hölzernen Vorgängerbau stammt. Anders als viele Taufsteine in Ostfriesland im 13. Jahrhundert aus Bentheimer Sandstein zählt dieser zum genannten Namur-Typ, da er aus Kalkstein aus dem Maastal bei Namur gehauen wurde, wo er auch verarbeitet und anschließend nach Ostfriesland verschifft wurde. In der Region sind solche Taufsteine nur noch aus den Kirchen von Waddewarden und Funnix bekannt. Ein Fragment blieb in der Kirche von Westrum erhalten. Der Sockel besteht aus vier Halbsäulen, die am Becken in vier Halbfiguren übergehen, die ihre Hände gefaltet haben und deren Köpfe in den Rand des Beckens hineinragen.[4]

Die Kanzel wurde 1769 vom Zimmermann Gerd Behrens aus Esens gebaut und 1770 von Claes Röttgers aus Wittmund bemalt.[4]

Im Jahre 1954 wurden bei einer Renovierung 1954 zwei Sandstein-Sarkophagdeckel, die sich ursprünglich im Fußboden des Chorraumes befanden, an der Wand hinter dem Altar befestigt. Sie stammen aus der Zeit vor 1200 und hängen heute gegenüber der Kanzel.[3]

Die einmanualige Orgel mit angehängtem Pedal und neun Registern wurde zwischen 1759 und 1765 vom Wittmunder Orgelbaumeister Hinrich Just Müller errichtet. Sie ist weitgehend erhalten und wurde 1979–1981 von Martin Haspelmath restauriert.

Der, wie in Ostfriesland typisch, abseits stehende Glockenturm enthält drei Glocken, von denen die im Ostgiebel hängende kleinste Glocke die älteste ist. Sie wurde 1501 gegossen und stammt möglicherweise aus einem aufgelösten Kloster. Sie trägt die Inschrift: sancta anna jesus maria johannes. Die beiden anderen Glocken stammen aus den Jahren 1935 und 1959.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c Kirchenkreis Haringerland: Dunum, eingesehen am 1. September 2010.
  2. a b Genealogie Forum: Dunum- Samtgemeinde Esens, Landkreis Wittmund, eingesehen am 1. September 2010.
  3. a b c d Gemeinde Dunum: Gotteshaus in Dunum, eingesehen am 1. September 2010.
  4. a b c Monika van Lengen: Esens - Kirche in Dunum, eingesehen am 1. September 2010.

Weblinks

 Commons: Dunumer Kirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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