Dr. E. ter Meer & Cie

Dr. E. ter Meer & Cie

Die Teerfarbenfabrik Dr. E. ter Meer & Cie. war eine auf Textilfarben spezialisierte Chemiefabrik in Deutschland und wurde von Edmund ter Meer im 19. Jahrhundert in Uerdingen am Rhein gegründet.[1]

Edmund ter Meer stammte aus einer alteingesessenen Krefelder Familie, die sich bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Diese zog Anfang des 17. Jahrhunderts als mennonitische Glaubensflüchtlinge ins liberale Krefeld, wo sie als Leinen- und Wollbandweber lebten.[2] Nach der Aufhebung des preußischen Seidenmonopols der Firma von der Leyen (1792 nach der Besatzung durch die Franzosen) etablierte sie sich als Seidenfabrikanten. Daher waren auch Textilfabrikanten seine ersten Kunden. Als noch nicht ganz 25-Jähriger erwarb ter Meer mit einem Startkapital von rund 30 000 Mark ein Grundstück nördlich der Stadt, um eine Teerfarbenproduktion aufzubauen. Das Geld stammte von seinem Vater Hermann Eduard ter Meer. Der junge Unternehmer begann mit einem Arbeiter und einem Laborjungen die Produktion von damals neuartigen, künstlichen Azofarbstoffen zum Färben von Textilien. Ter Meer erfand und erprobte neue Verfahren (Ter-Meer-Reaktion)[3], welche der Seidenindustrie nutzten.

Den 1877 gegründete Betrieb nannte er „Dr. E. ter Meer & Cie“. Die Expansion schritt mit schnellem Tempo voran: 1892 wurde die Produktpalette um die Öle Dimethyl- und Diäthylanilin erweitert. 1887 geht er ein Bündnis mit dem Kölner Zulieferer J. W. Weiler & Cie. ein. Dieses produzierte Anilin, das für die Herstellung von Farben, Harzen und Arzneimitteln benötigt wurde.[4] 1890 kommt es zum Zusammenschluss mit dem aus Leichlingen nach Uerdingen verlegten Chemiewerk von Rudolf Wedekind.[5] 1896 fusionierte er schließlich mit dem mittlerweile in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Unternehmen Chemische Fabriken, vorm. J. W. Weiler & Cie. Seitdem hieß die Firma „Chemische Fabriken – vormals Weiler-ter Meer“, deren Leitung nach dem Tod von Dr. Julius Weiler im Jahr 1904 ter Meer alleine übernahm. Das Unternehmen erweiterte seine Produktpalette um anorganische Schwerchemikalien und gründete Tochtergesellschaften in Frankreich und den Vereinigten Staaten und wuchs so schnell zu einem der führenden Chemie-Werken in Deutschland. Bis zum Ersten Weltkrieg stieg die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf rund 1.600. [6]

1916 erfolgte der Zusammenschluss der sieben führenden deutschen Firmen der Farbstoffindustrie, der Dreibund (AGFA, BASF und Bayer), der Dreierverband (Hoechst, Cassella, Kalle) und die Chemischen Fabriken - vormals Weiler-ter Meer, in der Interessengemeinschaft der deutschen Teerfarbenfabriken, dem vermutlich ersten deutschen Trust. 1917 kam noch Griesheim-Elektron dazu. So entstand der größte Konzern Europas und der größte Chemiekonzern der Welt. Zwar übertrafen ihn einige US-amerikanische Trusts, jedoch beschäftigten sich diese meist nur mit einem Produkt (z.B. Standard Oil), während die I.G. viele Tausende herstellte. [7] Ab 1925 gehörten sie auf Bestreben ter Meers der IG Farbenindustrie AG an, dessen Vorstand sein Sohn Fritz ter Meer angehörte. Etwa 1.300 Mitarbeiter waren zu dieser Zeit am Standort Uerdingen beschäftigt. Sie erlebten einen ständigen Ausbau des Produktportfolios: Eisenoxid- und Chromoxidpigmente, Konservierungsmittel, Riechstoff-Vorprodukte, Lederdeckfarben, Holzschutzsalze und Klebstoffe.[8]

Neben den Teerfarben waren die gelben oder schwarzen Eisenoxidpigmente von Anfang an ein innovatives Hauptprodukt. 1925 fand Dr. Julius Laux (1911 in die Chemischen Fabriken Weiler-ter Meer in Uerdingen eingetreten war und seit 1919 Leiter des Anilinbetriebs. Ab 1929 Leiter Werk Uerdingen) das Verfahren (Laux-Prozess - Reichspatent 463773 [9]), um aus einem unbrauchbaren Nebenprodukt der Anilinherstellung ein technisch verwertbares, später sogar sehr gefragtes Produkt zu machen. Das war keineswegs trivial. Denn schon 1914 hatte man - damals allerdings ohne Erfolg - versucht, aus Eisenoxidschlämmen etwas Brauchbares, und vor allem etwas Verkäufliches zu machen. [10]

In der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs brach das Exportgeschäft weg. Unter dem NS-Regime wurde die Produktion sukzessive auf Kriegsproduktion umgestellt. Die Bombardements des Zweiten Weltkriegs zerstörten die Betriebe größtenteils. Viele Arbeiter wurden zur Wehrmacht einberufen und Zwangsarbeiter übernahmen ihre Arbeit. Das Werk Uerdingen wurde – wie der gesamte Besitz der IG-Farben – nach Kriegsende von den Alliierten beschlagnahmt. Nach dem Krieg wurde das IG Farbenwerk Uerdingen 1951 in die Farbenfabrik Bayer AG integriert.

Quellen

  1. http://www.euregio-gymnasium.de/chemie/chemie03.htm Exkursion zum BAYER-Werk III
  2. http://www.gameo.org/encyclopedia/contents/T4912.html Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online
  3. http://www.chempensoftware.com/reactions/RXN253.htm
  4. Krefelder Miniaturen 1967 v. Ernst Köppen, Verlag Scherpe
  5. Regionale Krefelder Wochenzeitung "Extra-Tipp am Sonntag" vom 28. Juli 2002
  6. http://www.uerdingen.de/werbering/printmedien/2007-02-21_WZ-Uerdinger_Seiten.pdf WZ Mittwoch, 21. Februar 2007
  7. http://www.bufata-chemie.de/reader/ig_farben/0201.html
  8. http://www.uerdingen.chempark.de/index.php?page_id=1675 Historie CHEMPARK Krefeld-Uerdingen
  9. http://lanxess.com/uploads/tx_lxsmatrix/2006_1514_2006-1514.pdf
  10. http://lanxess.de/de/presse/reden/97/detail/innovation-und-eisenoxide/?tx_editfiltersystem_pi1[news_category]=30&tx_editfiltersystem_pi1[pointer]=2

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