Kommende St. Elisabeth

Kommende St. Elisabeth
Gebäudebestand 1774 und 2005
Deutschherrenkapelle mit Turm von 1868

Die Kommende St. Elisabeth in Saarbrücken ist die ehemalige Niederlassung des Deutschherrenordens in Saarbrücken. Sie wurde zum Ende des Lebens von Graf Simon III. gegründet, wohl als Dank für die Gastfreundschaft, die er als Teilnehmer am Fünften Kreuzzug erfahren hatte. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird sie heute oft subsumierend auch als „Deutschherrenkapelle“ bezeichnet, wobei damit lediglich der im nördlichen Teil der Anlage gelegene Kirchbau gemeint wäre.

Die Kapelle ist als Einzeldenkmal geschützt, aber auch das gesamte Bauensemble steht unter Denkmalschutz, inklusive der Zehntscheune von 1738 und dem Deutschhaus (dem Wohnhaus des Komturs) von 1557–61.

Eine Kommende war die kleinste Verwaltungseinheit unter der Ballei im Deutschherrenorden. Für St. Elisabeth war die Deutschordensballei Lothringen zuständig, nächste Kommende des Deutschherrenordens war die Kommende Beckingen. Eine Reihe von Flurbezeichnungen im Saarbrücker Stadtteil Alt-Saarbrücken weisen bis heute auf den ehemals umfangreichen Besitz der Kommende hin: Graf-Simon-Straße, Deutschherrenstraße, Ober der Deutschmühl, Am Ordensgut, Hinter dem Deutschhaus, Komturstraße, Deutschhausweg, Deutschmühlenweiher und Deutschmühlental.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Stiftungsurkunde des Metzer Bischofs Johann I. von Aspremont als Lehnsherren des Grafen ist im Jahr 1236 ausgestellt. Sie lautet:

„Damit die Taten der Menschen im Laufe der Zeit nicht dem Gedächtnisse entschwinden, pflegen kluge Männer sie durch die Schrift zu verewigen. Also mögen alle jetzt und später Lebenden, die diesen Brief zu Gesicht bekommen, wissen, daß ich, Simon, Graf von Saarbrücken, unserer hochgelobten Frau, der heiligen Maria, und den Brüdern des Deutschen Hauses einen Platz zum Bau eines Hauses bei Saarbrücken, den ich und der Meister des Deutschen Hauses bestimmt haben, zum Heile meiner Seele geschenkt habe, dazu… (im folgenden Auflistung von Besitzungen)“

M. Klewitz: Das Deutschherrenhaus in Saarbrücken, in Saarbrücken – 50 Jahre Großstadt, Saarbrücken 1959, Seite 55; lateinischer Text in: Mittelrheinisches Urkundenbuch, Band III, Nr. 334

Zunächst gab es wenig Besitzstände, doch die Töchter des Stifters, Gräfin Lorette (Regentschaft 1235–1271) und ihre Schwester Mathilde (Reg. 1271–1274), statteten die Kommende mit weiteren Gütern aus.

Deutschmühlenweiher

Spätestens ab dem 15. Jahrhundert setzte der Niedergang der Kommende ein. Höhepunkt in dieser Phase des Verfalls dürfte die Absetzung des Landkomturs Dietrich von Nassau 1532 sein. Ihm wurde ausschweifende Lebensweise vorgeworfen. Sein Nachfolger Geiselbart Schenck von Schmidburg schaffte einen Neuanfang, was sich u.a. in der Errichtung eines neuen Wohntraktes bemerkbar machte, der 1561 fertiggestellt wurde. Im Türsturz des Gebäudes ist heute noch die Jahreszahl zu sehen. 1554 erwarb er etwas unterhalb im Tal die heute sogenannte Deutschordensmühle oder kurz Deutschmühle.[1] Der dazugehörende Deutschmühlenweiher ist seit 1960 Bestandteil des Deutsch-Französischen Gartens.

1575 wurde die Grafschaft Saarbrücken evangelisch, die Besitzungen des Deutschen Ordens als reichsunmittelbarer Institution wurden dabei aber nicht angetastet.

1793 wurde unter der neuen französischen Herrschaft im Zuge der Französischen Revolution die Kommende aufgelöst und das Ordensgut versteigert. Die Stadt Saarbrücken erwarb die gesamte Anlage und richtete u.a. ein Waisenhaus ein. Heute befinden sich in den entsprechend umgebauten Gebäuden das Kinderheim „Jugendhilfezentrum“, das der ursprünglichen Bestimmung der Anlage sehr nahekommt. Die Kapelle wird für Veranstaltungen aller Art genutzt und kann auch von Privatpersonen angemietet werden.

Die Deutschherrenkapelle

Deutschherrenkapelle (während einer privaten Feier)

Die heute noch existierende Kapelle stammt aus der Gründungszeit der Kommende, dem 13. Jahrhundert, und ist damit Saarbrückens ältestes erhaltenes Gebäude. Die Kapelle dürfte bereits zu Beginn als Hospital gedient haben, so wie es bei den Kirchen des Deutschen Ordens üblich war. Im quadratischen, zehn auf zehn Meter großen, verputzten Schiff der Kapelle war der eigentliche Krankensaal, im aus Hausteinen mit Strebepfeilern errichteten Chor stand der Altar und wurde der Gottesdienst abgehalten, sodass die Kranken daran teilhaben konnten. Der an der Südseite des Chores angebaute, ebenfalls quadratische, vier auf vier Meter große Turm erhielt 1774 eine barocke Haube. 1868 erhielt der Turm bei Renovierungsarbeiten einem neugotischen Wehrgang und eine spitze Turmhaube. In den 1970er Jahren vorgenommene Grabungen des Landeskonservators brachten weitere Informationen zutage. So konnte eine Anlage untersucht werden, die offensichtlich als Gefängnis gedient hatte, schließlich besaß der Orden als reichsunmittelbare Hoheit eigene, wenn auch beschränkte Gerichtsbarkeit.

In der Kapelle stand früher ein berühmter Klappaltar des in Straßburg und in Saarbrücken wirkenden Malers Jost Haller. Zwei der vier Klapptafeln befinden sich heute in Privatbesitz, je eine, – die „Enthauptung Johannes des Täufers“ und „Christi Geburt“ – hängen in Museen in München und Nürnberg.[2]

Seit Oktober 2007 befindet sich eine historische Orgel vom Englischen Königshof in der Kapelle, die auch „Buckingham-Orgel“ genannt wird.[3] Seitdem wird die Kapelle auch von der Hochschule für Musik Saar als Übungs- und Konzertraum genutzt.

Einzelnachweise

  1. www.stadtundgruen.de/archiv/pdf/sug%200409.pdf?zoom_highlight=fll, Seite 31
  2. http://www.saarbruecken.de/assets/2009_1/1231404885_kinderstadtplan.pdf Informationsseite der Stadt Saarbrücken, Seite 27f.
  3. Eine englische Orgel für die Deutschherrenkapelle Podcast des Saarländischen Rundfunks vom 12. November 2007

Quellen

  • Stefan Flesch et al.: Mönche an der Saar, Minerva-Verlag, Saarbrücken, 1986, ISBN 3-477-00073-0

Weblinks

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