Canisiuskirche (Wien)

Canisiuskirche (Wien)
Kirche von der Straße aus gesehen
Blick vom Langhaus zum Presbyterium
Apsiswand, Mosaik Christus mit Apostel
Taufbecken mit Relief

Die Canisiuskirche ist eine römisch-katholische Pfarrkirche im 9. Wiener Gemeindebezirk Alsergrund.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Auf dem 4. Österreichischen Katholikentag im Jahr 1896 machte die Marianische Kaufmannskongregation den Vorschlag, dem Seligen Petrus Canisius, Hofprediger und Bischofsvikar von Wien (1553 und 1554), zu seinem 300. Todestag ein würdiges Denkmal zu setzen. 1897 konstituierte sich der Canisius-Kirchenbauverein und stellte sich unter die Schirmherrschaft von Erzherzogin Maria Josepha, der Mutter des späteren Kaisers Karl I.. Am 31. Juli 1899, dem Fest des hl. Ignatius von Loyola, wurde mit dem Bau des Gotteshauses begonnen und am 18. Oktober 1903 wurde es im Beisein von Kaiser Franz Joseph feierlich eingeweiht. In der knappen Bauzeit von mehr als drei Jahren war das gewaltige Bauwerk vollendet. Da zur Zeit des Kirchenbaues Petrus Canisius, der erste Jesuit deutscher Sprache, noch zu den Seligen zählte (Heiligsprechung erst 1925), konnte die neue Kirche nicht auf seinen Namen geweiht werden. Als Weihetitel wurde darum „Der leidende Heiland am Ölberg“ und „Die schmerzhafte Gottesmutter Maria“ gewählt. Ein kostbares Felsstück aus dem Garten Getsemani wurde in den Grundstein eingefügt. Seit 1939 ist die Canisiuskirche Wien Pfarrkirche für die gleichnamige Pfarre.

Bauwerk

Die Oberkirche wurde nach Plänen des Architekten Gustav Ritter von Neumann ausgeführt. Die Kirche beherrscht mit ihren zwei 85 Meter hohen Fassadentürmen den gesamten Himmelpfortgrund. Sie ist die vierthöchste Kirche Wiens. An den Türmen sind die bunten Wappen der bedeutendsten Gönner und Spender angebracht. Eine breite Freitreppe führt zum Kirchenportal, über dessen Giebelfeld in der Mitte eine Statue von Petrus Canisius steht. In den Nischen ihm zur Seite befindet sich links der hl. Ignatius und rechts der hl. Franz Xaver. Diese überlebensgroßen Figuren wurden von Franz Barwig geschaffen. Das geräumige Innere, ein weiter, hoher Saalraum, stellt sich als Langhaus mit deutlichem Querschiff dar, wobei zu beiden Seiten je drei Kapellennischen ausgespart sind. Das Dekor zeigt typische frühgotische Formen.

Das gesamte Presbyterium wurde im Zuge der 1956 durchgeführten Gesamtrenovierung nach Plänen von Ladislaus Hruska in grauem Marmor – mit zwölf Stufen – neu gebaut. Statt des ehemaligen Altarbildes „Christus am Ölberg“ zieren die Apsiswand nun die paarweise dargestellten zwölf Apostel in Mosaikausführung, wobei Heinrich Tahedl die Vorlagen lieferte. Erwin Klobassa gestaltete den Tabernakel, die beiden Ambonen stammen von Josef Papst. Eine Kostbarkeit befindet sich im Chorumgang: In sieben Nischen werden als Wandmalereien aus der Bauzeit die Stationen der sieben Schmerzen Mariens in satten Farben dargestellt, wobei auch die Deckenwölbungen ornamental und heraldisch geschmückt sind – Maria opfert Jesus im Tempel, Maria flieht mit Jesus nach Ägypten, Maria sucht Jesus im Tempel, Maria begegnet dem kreuztragenden Jesus, Maria steht unter dem Kreuz Jesu, Maria hält den Leichnam Jesu auf dem Schoß, Maria am Grabe Jesu. Das sich in vielen Varianten wiederholende habsburgische Hauswappen weist auf die zahlreichen Spender aus allen Linien des Kaiserhauses hin. Der zweigeschossige Chor im Langhaus trägt ebenfalls neben dem Wiener und dem niederösterreichischen Wappenschild das Familienemblem des Hauses Habsburg-Lothringen, und im Vorraum künden zwei Marmortafeln in Latein und Deutsch von der Widmung des Gotteshauses.

Die Glasfenster stammen von Hans Schock und zeigen die Heiligen Stephanus und Thomas, die hl. Erzengel Michael und Raphael, den hl. Franz Xaver und die hl. Barbara, die hl. Apostel Petrus und Paulus, die Heiligen Aloisius Gonzaga und Stanislaus Kostka, den hl. Laurentius und die hl. Agnes von Rom und im Chorumgang die Heilige Familie.

Die meisten Tische der Seitenaltäre wurden dem neuen Gesamtstil angepasst und mit Marmor umkleidet. Die alten Altarbilder von Heinrich Reinhart (1903) blieben jedoch erhalten, genauso wie die bunten Glasfenster des Tirolers Hans Schock.

Die Nischengemälde mit Säulenmensen sind auf der linken Seite dem hl. Josef, dem hl. Schutzengel und dem hl. Judas Thaddäus, die auf der rechten Seite dem hl. Ignatius, dem hl. Petrus Canisius und dem hl. Johannes von Nepomuk geweiht. Der Ordensstifter zeigt die Jesuitendevise „O.A.M.D.G.“ (Omnia ad maiorem die gloriam / Alles zur größeren Ehre Gottes). Der Namenspatron der Kirche hält seinen Katechismus in der Hand, zu seinen Füßen sieht man Wiener Kinder und im Bildhintergrund den Stephansdom; das Prager Jesulein steht in einem Schrein vor dem Bild des Brückenheiligen.

Die geräumige, in neoromanischen Formen errichtete Unterkirche (Krypta) wurde als Kapelle und Versammlungsraum für die verschiedenen Marianischen Kongregationen eingerichtet und der „Seligen Jungfrau Maria, der Herrin und Beschützerin der Sodalen“ geweiht. Der Altar, eine Stiftung der Herrenkongregation an der Universitätskirche im 1. Bezirk, trägt im Aufsatz eine große Steingruppe „Huldigung der Sodalen vor der Himmelkönigin“ von Franz Barwig d. Ä. (1902).

1925 wurde Petrus Canisius heilig gesprochen und zum Kirchenlehrer erhoben. Damit war der Weg frei, ihm durch ein Dekret der Ritenkongregation zum Hauptpatron der Canisiuskirche erklären zu lassen. 1939 wurde auf Grund politischer Erwägungen die Canisiuskirche zur Pfarrkirche für die gleichnamige „Pfarre Canisiuskirche“.

Literatur

  • Karl Koloman Schlesinger: Die Canisius-Kirche in Wien. Festschrift zur feierlichen Grundsteinweihe am 15. Oktober 1899. Wien 1899
  • Die Canisius-Kirche in Wien. Ein Denkmal zu Ehren des Seligen Petrus Canisius. Canisiushaus, Wien 1903
  • Eduard Fischer (Hrsg.): Die Wiener Canisiuskirche in Bildern. Canisius-Kirchenbauverein, Wien um 1910

Weblinks

 Commons: Canisiuskirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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