Clemens Lugowski

Clemens Lugowski

Clemens Lugowski (* 22. Februar 1904 in Berlin; † 26. Oktober 1942 in Ropscha bei Leningrad) war ein deutscher Germanist.

Leben und Werk

Lugowski war der Sohn eines Berliner Bahnhofsvorstehers. Er studierte zunächst ab 1922 Maschinenbau in Berlin, später dann Germanistik, Geschichte und Philosophie. Etwa ab 1928 wandte er sich ausschließlich dem Fachgebiet der Germanistik zu, worin er eine akademische Laufbahn anstrebte. 1931 promovierte er in Göttingen mit der Schrift Die Form der Individualität im Roman. Studien zur inneren Struktur der frühen deutschen Prosaerzählung (1932 erschienen), die seine bedeutendste Arbeit darstellt. Lugowski untersucht in diesem Werk die Eigenheiten frühneuzeitlicher Literatur, sein besonderes Augenmerk gilt dabei den Romanen Jörg Wickrams. Eine zentrale Funktion nimmt Lugowskis Idee des Mythischen Analogons ein. Diesen Begriff benutzt er, um eine von ihm angenommene Analogie zwischen der vormodernen Literatur und dem antiken Mythos zu beschreiben. Die Arbeit ist vor allem von den Schriften Ernst Cassirers beeinflusst. 1935 habilitierte Lugowski in Göttingen mit der Schrift Wirklichkeit und Dichtung. Untersuchungen zur Wirklichkeitsauffassung Heinrich von Kleists. Da diese von seinen Kollegen gut aufgenommen wurde, kam es zu ersten Lehrstuhlvertretungen in Heidelberg und Königsberg. 1938 heiratete er in Nürnberg Mathilde Gertung, mit der er zwei Töchter hatte. Ein Jahr später wurde Lugowski außerordentlicher Professor für Ältere deutsche Literatur an der Universität Kiel und 1942 ordentlicher Professor für Neuere deutsche Literatur, ebenfalls in Kiel. Nachdem er sich freiwillig als Soldat gemeldet hatte, starb Lugowski im selben Jahr im Krieg gegen die Sowjetunion. Er hatte zuletzt den Rang eines Leutnants.

Rezeption

Unter den zeitgenössischen Germanisten fand Lugowskis Erstlingswerk Die Form der Individualität im Roman nur wenig Resonanz, da es sich nicht in die gängigen Denkmuster literaturwissenschaftlicher Arbeiten jener Zeit einfügte. Nach dem Krieg wurde Lugowski von vielen Germanisten wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus misstrauisch betrachtet. Auf der anderen Seite kam es im Zuge der Rationalisierung der Literaturwissenschaft seit den 60er Jahren vermehrt zu einer Auseinandersetzung mit Lugowski und seinem Hauptwerk. Wird das Konzept des Mythischen Analogons heute auch weitestgehend von der Germanistik negiert, so haben doch einige Theoreme aus Lugowskis Schrift Eingang in den festen Begriffskanon der Literaturwissenschaft gefunden. Dazu zählen z.B.

  • finale Motivation (bei Lugowski Motivation von hinten): Das Handlungsgeschehen wird vom Ende her motiviert. Alles, was geschieht, dient dem Zweck, die Geschichte auf ein bestimmtes, von vornherein feststehendes Ende zuzuführen.
  • Wie- und Ob-Spannung (bei Lugowski Wie- und Ob-überhaupt-Spannung): Die Spannung, wie etwas passiert bzw. die Spannung, ob etwas überhaupt passieren wird.
  • lineare Handlung: Es gibt keine Rückblenden oder Parallelhandlungen.

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