Chittorgarh

Chittorgarh
Chittorgarh-Fort − Jaina-Siegesturm 'Kirti-Stambha' (13. Jh.) und Mahavira-Tempel (14. Jh.); die Kuppel über der Vorhalle (mandapa) des Tempels entstammt dem 16. Jh.

Chittorgarh (auch Chittor oder Chittaur genannt) ist eine Stadt im gleichnamigen Distrikt in der Region Mewar im Südosten Rajasthans mit etwa 120.000 Einwohnern.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Die heutige Stadt erstreckt sich zu Füßen eines etwa 180 m hohen Bergrückens, auf dem das Fort der Stadt liegt, das als flächenmäßig größtes Fort Indiens gilt. Chittorgarh hat einen Bahnhof, ist aber auch mit Bussen gut zu erreichen. Motorrikshas fahren hinauf zum Fort.

Geschichte

Ausgrabungen lassen auf eine Besiedlung des Ortes bereits im 1. Jahrtausend v. u. Z. schließen. Die erste schriftliche Erwähnung der Festung (garh) von Chittor stammt aus dem Jahre 728. Chittorgarh war − bis zur Gründung von Udaipur − lange Zeit Hauptstadt des Rajputen-Staates Mewar, der im Jahre 1956 in den indischen Staat eingegliedert wurde.

Die Stadt ist in ganz Indien bekannt wegen ihres jahrhundertewährenden − in zahllosen Legenden und Geschichten überlieferten − zähen, aber letztlich erfolglosen Widerstands gegen die muslimischen Eroberer: Bereits im Jahre 1303 belagerte der in Delhi residierende Sultan Ala ud-Din Khalji die Festung − angeblich weil er die schöne Prinzessin Padmini zur Frau begehrte. Kurz vor der sich abzeichnenden Eroberung der Stadt begingen die Einwohner Selbstmord (jauhar) − tausende Frauen und Kinder starben auf riesigen Scheiterhaufen, die Männer öffneten die Tore und stürzten sich todesmutig in den aussichtslosen Kampf. Im 15. Jahrhundert erlebte die Stadt eine Blütezeit unter Rana Kumbha (reg. 1433−1468) und seinem Sohn Raimal (reg. 1473−1508). Im Jahre 1535 wurden Stadt und Festung jedoch von den Truppen Bahadur-Shahs, des Herrschers über Gujarat, angegriffen und erneut wählten die Frauen den Freitod und die Männer starben in der Schlacht. Im Herbst 1567 belagerte der erst 25-jährige, aber bereits seit 11 Jahren regierende Mogulherrscher Akbar die starke Festung, die jedoch erst im Februar 1568 nach Sprengung der Mauern eingenommen werden konnte. Vorher fand das Jauhar-Ritual der Frauen erneut statt und die Männer starben im Kampf.

Bereits vor Beginn der Belagerung hatte Rana Udai Singh II., der Fürst von Mewar die Stadt verlassen und in der ca. 100 km weiter westlich gelegenen und später nach ihm benannten Stadt Udaipur die neue Hauptstadt des Fürstentums gegründet, doch die Auseinandersetzungen mit den Moguln gingen weiter: Im Jahre 1614 verwüstete das Mogul-Heer unter der Führung Jahangirs weite Landstriche Mewars, was den Rana von Udaipur zu einem Friedensschluss zwang, bei dem u. a. festgelegt wurde, dass Chittorgarh niemals wieder aufgebaut werden dürfe.

Sehenswürdigkeiten

Chittorgarh-Fort − Siegesturm 'Vijaya Stambha' (15. Jh.)

Alle Sehenswürdigkeiten Chittorgarhs liegen am oder auf dem Festungsberg, der von einer 11 km langen Mauer umgeben ist. Bereits unter den Maurya-Herrschern (d. h. im 3. oder 2. Jh. v. u. Z.) wurde der Berg befestigt, erneut dann unter den hier residierenden Rajputen.

  • Tore
Der Weg zur Festung ist mit neun imposanten Toren versehen, die aus hinduistischer Zeit stammen, später aber auch mit islamischen Bau- und Dekorelementen versehen wurden.
Der Tempel wurde wohl nur wenig später begonnen als der Kalika-Mata-Tempel und hat einen ganz ähnlichen Grundriss bestehend aus Sanktumsbereich mit Umgang (pradakshinapatha) und Pfeilervorhalle (mandapa). Die Pfeilerreliefs sind ausgereifter und tiefgründiger gearbeitet. Der Portikus mit einem schönen Torana-Bogen und die Aufbauten (Shikhara-Turm und Vorhallendach) stammen aus dem 15. Jh.
  • Sati-Ground-Tempel und Ksemankari-Tempel (9. Jh.)
Beide Tempel sind teilweise ruiniert und stammen − nach Form und Dekor zu urteilen − aus der Pratihara-Zeit. Sie bestehen nur aus einer Cella mit reichem Außenwanddekor − die offene, von Pfeilern getragenene Architektur der beiden älteren Tempel hat sich hier nicht durchgesetzt.
  • Siegesturm der Jainas Kirti Stambha (13. Jh.)
Der sechsgeschossige − wie ein überdimensionierter Pfeiler aussehende − 22 m hohe Turm wurde zu Ehren des ersten Jaina-Tirthankaras Adinath errichtet und ist mit einer Vielzahl von Figuren der Dighambara-Sekte ('Luftgekeidete') geschmückt.
  • Mahavira-Tempel (14. Jh.)
Unmittelbar neben der Kirti-Stambha steht der dem historischen Begründer des Jainismus geweihte Mahavira-Tempel aus dem 14. Jh.
  • Rana-Kumbha-Palast (15. Jh.)
Der bereits arg verfallene Palast stammt wohl aus der Zeit Rana Kumbhas, überdeckt aber ältere Strukturen. Er könnte als Vorbild für den City-Palace in Udaipur gedient haben.
  • Mira Bai-Tempel (15. Jh.)
Der Tempel wurde von Rana Kumbha errichtet; später wurde er zu Ehren der Prinzessin und Dichterin Mira Bai umbenannt.
  • Siegesturm Rana Kumbhas Vijaya Stambha (15. Jh.)
Der neungeschossige, ebenfalls pfeilerartige Turm erreicht eine Höhe von ca. 37 m. Außen- und Innenwände sind mit Figurenreliefs aus der Hindu-Mythologie versehen, aber auch alte Graffiti mit Lobpreisungen Allahs sind zu finden.
  • Padmini-Palace (16.-19. Jh.)
Der Palast steht am Rand eines der vielen Wasserbecken ('tanks') im Bereich des Burgbergs und verfällt zusehends. Angeblich soll an dieser Stelle Ala ud-Din Khalji im Wasser das Spiegelbild Padminis gesehen haben.

Literatur

  • Beate Szerelmy, Andrea Wurth u.a.: Indien. Baedeker-Verlag, Ostfildern 1997, S. 232f ISBN 3-89525-139-9
  • Bamber Gascoigne: Die Großmoguln - Glanz und Größe mohammedanischer Fürsten in Indien. Prisma-Verlag, Gütersloh 1987 ISBN 3-570-09930-X
  • Michael W. Meister, M. A. Dhaky (Hrsg.): Encyclopaedia of Indian Temple Architecture. North India − Period of Early Maturity. Princeton University Press, Princeton 1991, S. 285ff ISBN 0-691-04094-X

Weblinks

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