Campione d'Italia

Campione d'Italia
Campione d'Italia
Campione d'Italia (Italien)
DMS
Campione d'Italia
Staat: Italien
Region: Lombardei
Provinz: Como (CO)
Koordinaten: 45° 58′ N, 8° 58′ O45.9708333333338.9708333333333273Koordinaten: 45° 58′ 15″ N, 8° 58′ 15″ O
Höhe: 273 m s.l.m.
Fläche: 1.6 km²
Einwohner: 2.211 (2006)
Bevölkerungsdichte: 1382 Einw./km²
Postleitzahl: 22060 (Italien)
6911 (Schweiz)
Vorwahl: 091 (Schweiz)
ISTAT-Nummer: 013040
Demonym: Campionesi
Schutzpatron: San Zenone
Website: Campione d'Italia
Lage von Campione

Campione d’Italia (meist kurz Campione) ist eine italienische Enklave im Schweizer Kanton Tessin, die von Italien durch den Luganersee und Berge getrennt ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der besondere Status Campiones geht auf das Jahr 777 zurück, als der langobardische Herrscher Toto von Campione in seinem Testament das Gebiet dem Kloster Sant'Ambrogio in Mailand vermachte. In dessen Besitz blieb es 1020 Jahre. Während Jahrhunderten, insbesondere vom 12. bis 14. Jahrhundert, war Campione für seine Kunsthandwerker, die berühmten Maestri Campionesi, bekannt: Steinmetze, Bildhauer, Maler, Architekten und Bauherren, deren Werke überall in Norditalien entstanden.

Napoleon hob bei seiner Ankunft 1797 sämtliche Kirchengüter auf und schlug Campione der neugeschaffenen Cisalpinischen Republik zu, während das Tessin 1798 ebenfalls durch Napoleon vom Untertanengebiet der Innerschweiz zum gleichwertigen eidgenössischen Kanton wurde. Bereits 1800 und erneut während des Wiener Kongresses 1814/15 versuchte das Tessin, den Wechsel von Campione an die Schweiz zu erreichen. Als Tauschobjekt wurde "die abgelegenste Gemeinde der Schweiz", Indemini, angeboten. Beide Vorstösse blieben jedoch erfolglos.

Die Lombardei und damit auch Campione wurde 1861 Teil des Königreichs Italien. Im selben Jahr wurde eine Grenzbereinigung zwischen dem Königreich Italien und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vereinbart. Zuvor hatte das Territorium von Campione auch die gegenüberliegende Küste von San Martino mit dem Teil der Poststrasse zwischen Lugano und Melide umfasst. Seither verläuft die Grenze in der Seemitte (Quelle: italienische Version und Erstausgabe der Dufourkarte). Dies war für die wenige Jahre später erbaute Gotthardbahn von Bedeutung, die so bis Chiasso ausschließlich auf schweizerisches Gebiet zu liegen kam. Im Gegenzug erhielt Campione freien Zugang zum schweizerischen Markt.

Der Zusatz d’Italia wurde 1933 unter Mussolini an den Namen angehängt, um die Zugehörigkeit des Territoriums zu Italien zu unterstreichen. In dieser Zeit entstand auch der Torbogen am Ortseingang.

Besonderheiten

Campione ist wirtschaftlich stark in die Schweiz integriert, benutzt den Franken als Hauptwährung und profitiert von speziellen Regelungen für Italiener auf Schweizer Gebiet. Die Fahrzeuge der Campionesi, auch diejenigen der Ortspolizei (polizia municipale) haben Schweizer Autokennzeichen des Kantons Tessin mit dem Kürzel TI (Ticino). Die Gemeinde bezahlt jährlich sechsstellige Summen an die Schweiz. Damit wird der Unterhalt der einzigen Zufahrtsstraße über Bissone und die Benutzung schweizerischer Spitäler und Schulen durch die Einwohner von Campione abgegolten.

Das Telefonnetz ist schweizerisch, was bedeutet, dass Anrufe aus Italien mit der Vorwahl 00 41 91 beginnen müssen und damit „Ausland“ angewählt wird. Campione hat, ähnlich wie Büsingen am Hochrhein, sowohl eine Schweizer (6911) als auch eine italienische Postleitzahl (22060). In den Jahren 1944 bis 1952 gab der Ort sogar eigene Briefmarken aus, die großes philatelistisches Interesse hervorriefen (siehe Postgeschichte und Briefmarken von Campione d’Italia).

1917, also im Ersten Weltkrieg, wurde in Campione die erste Spielbank eröffnet. Der Hintergedanke lag darin, auf "neutralem Territorium" ausländischen Diplomaten in entspannter Atmosphäre militärische Geheimnisse zu entlocken. Heute profitiert Campione in hohem Maße von seiner Spielbank, deren neues Gebäude für 82,5 Mio. CHF (50 Mio. €) am 9. Mai 2007 eröffnet wurde. Es handelt sich um das größte Casino Europas, gestaltet vom bekannten Schweizer Architekten Mario Botta. Es gibt in Italien nur drei weitere Spielbanken (San Remo, Venedig und Aosta). Die Gesetze für Spielhallen sind in Campione d'Italia weniger streng als im Rest Italiens oder in der Schweiz.

Der zollrechtliche Status von Campione ist besonders interessant. Der Ort gehört gemäß Art. 3 Abs. 1 ZK nicht zum Zollgebiet der Europäischen Union, sehr wohl aber zur EU. Andererseits gibt es – im Gegensatz zum Fürstentum Liechtenstein und zu Büsingen am Hochrhein – keinen Staatsvertrag über die Einbindung von Campione ins schweizerische Zollgebiet. Ein solcher wurde zwar von italienischer Seite angestrebt, aber davon kam man wieder ab, nachdem sich gezeigt hatte, wie schwierig die Verhandlungen über den Büsinger Zollanschlußvertrags waren.[1] Die Enklave ist damit nicht de jure, aber de facto zolltechnisch Teil der Schweiz. Zwischen der Schweiz und Campione gibt es keine Zollkontrollen.

Neben den italienischsprachigen Campionesen und einigen wenigen Schweizern leben als Folge der Personenfreizügigkeit in der EU im Ort mehrere hundert Deutsche, nicht zuletzt aus steuerlichen Gründen. Darunter befinden oder befanden sich auch einige Prominente, z.B. der Schauspieler Mario Adorf.

Campione als Steueroase

Die Bewohner von Campione können zu den gleichen Bedingungen wie die Tessiner in der Schweiz arbeiten. Gemäß dem italienisch-schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen müssen sie das daraus erzielte Einkommen nicht am Wohnort, sondern in der Schweiz zu den dortigen Sätzen versteuern. Einen Teil dieser Einnahmen überweist die schweizerische Finanzbehörde nach Italien.

Bei Selbständigen und Freiberuflern sieht es völlig anders aus. Bis vor einigen Jahren war Campione von der italienischen Steuergesetzgebung stark bevorzugt, wurde doch das Einkommen der Einwohner, das i.d.R. in Schweizer Franken anfiel, zu einem festgelegten Wechselkurs in Lire umgerechnet, eine Währung, die sich kontinuierlich abwertete. Mittlerweile gelten jedoch die gleichen Steuergesetze wie überall in Italien. Diese sind allerdings selbst für Finanzbeamte sehr unübersichtlich und können sich sehr schnell ändern, manchmal auch rückwirkend. Hinzu kommt, dass abgesehen von zwei kleinen Bankfilialen am Ort die Bewohner von Campione ihre Geldgeschäfte über Schweizer Banken tätigen, welche dem Bankgeheimnis unterliegen, und der Finanzplatz Lugano nur wenige Kilometer entfernt liegt. Da die Gemeinde und die Provinz Como aus der Spielbank erhebliche Einnahmen erzielen, sollen sie an strengen Kontrollen nicht sonderlich interessiert sein. In der Praxis führt das dazu, dass selbst bei gehobenem Lebensstil effektiv nur vergleichsweise geringe Steuern fällig werden. Das konnte auch dem deutschen Bundesamt für Finanzen nicht verborgen bleiben. Beim Umzug von Deutschland nach Campione ist deshalb die deutsche Wegzugsbesteuerung zu beachten, d.h. im wesentlichen, dass in Deutschland verbleibendes Vermögen gleich wie bei einem Verkauf behandelt wird und entsprechend versteuert werden muss.

Anders als in der Schweiz, wo ein Normalsatz der Mehrwertsteuer von 7,6% gilt, wird in Campione keine MwSt berechnet. Allerdings kann die in der Schweiz bezahlte MwSt auf Waren nicht zurückgefordert werden, wenn diese nach Campione verbracht werden. Umgekehrt muss auf Einkäufe in Campione beim Grenzübertritt in die Schweiz keine MwSt bezahlt werden. Die Bewohner von Campione können genau wie Schweizer die auf Wareneinkäufe in der EU, beispielsweise im nahen Italien bezahlte MwSt, nach der Ausfuhr aus dem Zollgebiet der EU zurückfordern.

Aufgrund der hervorragenden Haushaltslage der Gemeinde verzichtet diese auf die kommunale Grundsteuer (imposta comunale immobiliare, ICI). Wohnungen in Campione sind nicht zuletzt aufgrund der sehr schönen Lage am See sehr teuer, und aufgrund der italienischen Mietergesetze gibt es kaum Mietwohnungen.

Bilder

Einzelnachweise

  1. Auskunft der Zollkreisdirektion Schaffhausen, 15.4.1971.

Weblinks


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