Carl Diesch

Carl Diesch
Diesch als Tübinger Franke

Carl Diesch (* 18. November 1880 in Altenburg/Thüringen; † 3. Juni 1957 in Leipzig)[1] war ein deutscher Germanist und Bibliothekar in Berlin, Königsberg (Preußen) und Leipzig.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Karl Hermann Kaulfuss wurde von Hermann Diesch adoptiert. Carl Diesch besuchte das Friedrichsgymnasium in Altenburg. Schöngeistig veranlagt, gehörte er zu einem von der Schulleitung anerkannten Lesezirkel, der sich mit Literatur außerhalb der Lehrpläne befasste. Seine Mitglieder nannten sich „Ritter vom Geist“ und wählten Diesch zum Großmeister.

Ostern 1900 bezog Diesch die Universität Tübingen und wurde Mitglied des Corps Franconia Tübingen.[2] Er studierte Philologie mit dem Schwerpunkt Germanistik. Das Studium schloss er an der Universität Leipzig mit der Promotion zum Dr, phil. ab. Nach Vollendung seiner Ausbildung in Paris wurde er wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Universitätsbibliothek der Georg-August-Universität Göttingen. 1909 heiratete er Cläre Hammer, die Tochter eines Geh. Justizrats in Altenburg.

Zwar klein und unsportlich, nahm er als Reserveoffizier im Magdeburgischen Feldartillerie-Regiment am Ersten Weltkrieg teil und wurde mehrere Male verwundet und einmal verschüttet. Mit Auszeichnungen entlassen, ging er als Bibliothekar an die Preußische Staatsbibliothek zu Berlin. 1927 wurde er als Direktor der Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg berufen. An der Albertus-Universität erhielt er eine Professur. Als die Rote Armee vor der Stadt stand, wurde er unter Zurücklassung all seiner Habe vertrieben und mit seiner Frau auf ein Transportschiff nach Schleswig-Holstein verfrachtet.

Dieschs kinderlose Ehe war überaus glücklich. Als Dieschs Frau in Kellinghusen an einer Infektion starb, die sie sich auf dem überfüllten Flüchtlingsdampfer zugezogen hatte, kehrte Diesch ins heimatliche Sachsen zurück und wurde für kurze Zeit Zweiter Direktor der Deutschen Bücherei in Leipzig, dort aber 1947 wegen antisemitischer Äußerungen aus dem Jahre 1940 entlassen[3]. Seines Lebensinhalts beraubt, lebte er von Privatstudien. Er sollte Goedekes Goethe-Enzyklopädie (1866) abschließen, kam aber als kranker Mann nach einem Schlaganfall 1956 nicht mehr dazu, die Druckbögen durchzusehen.

Diesch hatte ein phänomenales Gedächtnis und konnte ganze Gesänge aus dem Cyrano de Bergerac (Rostand) auswendig vortragen.

Er war der letzte Präsident der 1741 gegründeten (Königlichen) Deutschen Gesellschaft in Königsberg.

Werke

  • Die Inszenierung des deutschen Dramas an der Wende des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts. Voigtländer, Leipzig 1905 (Diss. Leipzig)
  • Deutsche Dichtung im Strome deutschen Lebens: Eine Literaturgeschichte. Voigtländer, Leipzig 1921
  • Bibliographie der Germanistischen Zeitschriften. Hiersemann, Leipzig 1927
  • Crotus Rubeanus im Dienste Herzog Albrechts, 1929
  • Die Königsberger Stadtbibliothek, 1930
  • Friedrich Schinkel und der Bau der Königsberger Universität, 1933
  • Fürst Boguslaw Radziwill und seine Bücherschenkung an die Königsberger Schloßbibliothek, 1937
  • Der Goedeke. Werdegang eines wissenschaftlichen Unternehmens. Ehlermann, Dresden 1941.
  • Johann Georg Scheffner, in: K. Forstreuter, F. Gause (Hg.) Altpreußische Biographie, Bd. 2, S. 600 f.

Einzelnachweise

  1. laut Lexikon deutscher wissenschaftlicher Bibliothekare 1925–1980 wurde er am 13. November 1880 in Sorau / Westpreußen geboren. Dort auch die Angaben zu den leiblichen Eltern
  2. Kösener Corpslisten 1960: 27, 616
  3. Manfred Komorowski: Nationalsozialistisches Erbe im Bibliothekswesen, in: Peter Vodosek, Manfred Komorowski (Hrsg.), Bibliotheken während des Nationalsozialismus Teil 2, Harrassowitz, Wiesbaden 2000, ISBN 3-447-03308-8, S. 285

Literatur

  • Walter Pause: Nachruf auf Carl Diesch. Tübinger Frankenzeitung, Nr. 95, Juli 1957, S. 16 f.
  • Alexandra Habermann, Rainer Klemmt, Frauke Siefkes: Lexikon deutscher wissenschaftlicher Bibliothekare 1925–1980. Klostermann, Frankfurt 1985, ISBN 3-465-01664-5, S. 58f

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