Zerbrochenes Gewehr

Zerbrochenes Gewehr
„Broken Rifle“ (Zerbrochenes Gewehr): In der abgebildeten – gegenüber ursprünglichen Varianten desselben Motivs stilisierten Form – wird es seit 1931 als Logo der bis heute bestehenden internationalen Dachorganisation politischer Antimilitaristen und Kriegsdienstverweigerer, der War Resisters International, verwendet. Auch einige ihrer nationalen Sektionen, darunter beispielsweise die US-amerikanische War Resisters League haben das Logo in dieser Form übernommen.

Das zerbrochene Gewehr – bzw. bildlich in den meisten Variationen genauer bezeichnet als „Hände zerbrechen Gewehr“ – ist ein seit dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nachgewiesenes, sich durch die Darstellung in seiner Bedeutung selbsterklärendes Friedenssymbol. Es drückt unter politischer Prämisse eine pazifistische und prinzipiell antimilitaristische Haltung aus.

Zu Beginn der 1920er Jahre wurde es zum Logo der War Resisters International (WRI), dem bis heute weltweit größten Zusammenschluss von Kriegsdienstverweigerern, dem sich im Lauf der Jahrzehnte teils mehrere nationale Organisationen der Friedensbewegung aus bislang etwa 40 bis 50 Staaten angeschlossen haben.[1]

In der Gegenwart gilt das zerbrochene Gewehr sozusagen als „Markenzeichen“ eines politisch organisierten offensiv-kämpferisch auftretenden Pazifismus und Antimilitarismus. Es ist in verschiedenen grafischen Varianten unter anderem auf Aufklebern, Textildrucken (Transparenten, Kleidungsstücken wie z.B. T-Shirts etc.), Graffiti oder als Anstecknadel im entsprechenden Umfeld verbreitet.

Inhaltsverzeichnis

Ältere, historische Verwendungen

Das erste Beispiel der publizistischen Verwendung des zerbrochenen Gewehrs findet sich in der Kopfzeile der Januarausgabe 1909 von „De Wapens Neder“ (Die Waffen Nieder), einer nach der deutschsprachigen Vorlage von Bertha von Suttner benannten Monatszeitschrift der damaligen Internationalen antimilitaristischen Union mit Sitz in den Niederlanden.[2]

Im Jahr 1915 erschien es auf dem Umschlag einer Broschüre des norwegischen sozialdemokratischen Jugendverbandes unter dem Titel „Under det brukne Gevaer“ (Unter dem zerbrochenen Gewehr).[3]

Ein 1917 in Deutschland gegründeter Kriegsopferverband verwendete das Symbol auf einer Verbandsfahne.[4]

Während einer Demonstration belgischer Arbeiter am 16. Oktober 1921 in La Louvière zeigten einige Demonstranten Banner mit der Abbildung eines sein Gewehr zerbrechenden Soldaten.[5]

Nach dem Ersten Weltkrieg waren es in Deutschland einige aus der lebensreformerischen Jugendbewegung, insbesondere in Verbindung mit der Arbeiterjugend hervorgegangene Gruppen der Freien Jugend, die das zerbrochene Gewehr zu ihrem Symbol machten. Bedingt durch die Erfahrung des Krieges hatten sie sich zunehmend politisiert und wandten sich zunächst gegen Krieg und Militarismus im Allgemeinen. Geprägt waren sie vor allem von antiautoritär und internationalistisch verstandenen und parteiunabhängigen Sozialismus-Vorstellungen. Ein wesentlicher Teil der Gruppierungen der Freien Jugend ging ab 1923 in der Syndikalistisch-Anarchistischen Jugend Deutschlands (SAJD) auf.[6]

Im Jahr 2002 eingeweihte Gedenktafel am ersten Standort von Ernst Friedrichs Internationalem Anti-Kriegsmuseum in Berlin-Mitte (Parochialstr. 1-3)

Der Anarchopazifist Ernst Friedrich, selbst ein Protagonist der Freien Jugend und später der SAJD in Berlin, verwendete 1924 das zerbrochene Gewehr beispielsweise in Annoncen zur Verbreitung seines Buches Krieg dem Kriege, einer Fotodokumentation zum Ersten Weltkrieg mit einem ausführlichen Antikriegs-Appell an die „Menschen aller Länder“ in vier Sprachen (deutsch, französisch, englisch und niederländisch). Das Buch, herausgegeben im Namen der Freien Jugend Berlin, war im Deutschland der Weimarer Republik erfolgreich und sorgte in den Feuilletons für Aufsehen. Mit dem Erlös aus dem Verkauf des Werkes finanzierte Friedrich den Betrieb seines 1923 in Berlin eröffneten Anti-Kriegsmuseums. Über dessen Eingangstür brachte er ein Flachrelief mit dem Motiv des zerbrochenen Gewehrs an. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde das Museum 1933 von den neuen Machthabern beschlagnahmt und aufgelöst. Die antimilitaristischen Insignien wurden zerstört oder entfernt, das Gebäude zu einem SA-Versammlungslokal umfunktioniert. Erst im Jahr 1982 wurde es an anderer Stelle im Berliner Bezirk Wedding mit seiner ursprünglichen Bestimmung neu eröffnet.

Neuere Verwendungen / Galerie

Weblinks

  • broken rifle (englisch), Erläuterungen zur historischen Verwendung des zerbrochenen Gewehrs auf den Seiten der Peace Pledge Union (ppu.org.uk)
  • The broken Rifle (englisch), Artikel auf wikisymbol.com
  • Anti-War Books of the 1920's: the War Against War (englisch). Unterseite der Website greatwardifferent.com mit einer Zusammenfassung zu Ernst Friedrichs Buch „Krieg dem Kriege“; in der Bebilderung die von Ernst Friedrich verwendete Version des zerbrochenen Gewehrs als Symbol der Freien Jugend (oberes Bild), auf dem dritten Bild eine Fotografie der Frontfassade des Anti-Kriegsmuseums aus den 1920er Jahren mit dem Relief desselben, grafisch abgewandelten Symbols über der Eingangstür.

Einzelnachweise

  1. Mitgliedsorganisationen der WRI: Liste der nationalen Sektionen und assoziierten Organisationen der WRI weltweit (alphabetische Reihenfolge nach Land sortiert)
  2. Bill Hetheringon: Symbols of Peace, Housmans Peace Diary 2007; London, Verlag Housmans, 2006
  3. Bill Hetheringon: Symbols of Peace, Housmans Peace Diary 2007; London, Verlag Housmans, 2006
  4. Bill Hetheringon: Symbols of Peace, Housmans Peace Diary 2007; London, Verlag Housmans, 2006
  5. Bill Hetheringon: Symbols of Peace, Housmans Peace Diary 2007; London, Verlag Housmans, 2006
  6. Zur Geschichte der syndikalistisch-anarchistischen Jugendbewegung seit 1918; Artikel auf Schattenblick.de - ursprünglich erschienen in der Zeitschrift Direkte Aktion, Nr. 195, September/Oktober 2009

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