Boycott, Divestment and Sanctions

Boycott, Divestment and Sanctions
"Lehne es ab, die Besatzung zu finanzieren - Boykottiere Israel" - ein Poster von einem schwedischen Netzwerk, welches hauptsächlich aus kommunistischen und sozialistischen Organisationen, aber auch mancher Jugendgruppen der Sozialdemokraten besteht.

Boycott, Divestment and Sanctions (dt. Boykott, Desinvestition und Sanktionen, kurz BDS) ist eine internationale ökonomische und akademische Kampagne, die von dem Aufruf von über 170 palästinensischen Nicht-Regierungsorganisationen am 9. Juli 2005 initiiert wurde. Diese rufen auf „ … zu Boykott, Desinvestment und Sanktionen gegen Israel bis es mit Internationalem Recht und den universellen Prinzipien der Menschenrechte übereinstimmt “. Seit diesem Aufruf hat die Kampagne weltweit an Bedeutung gewonnen.[1] Die drei genannten Ziele sind:

  1. Das Ende von Israels „Besatzung und Kolonialisierung allen arabischen Landes“ wie auch „der Abbau der Mauer
  2. Israels Anerkennung der „fundamentalen Rechte der arabisch-palästinensischen Bürger Israels zu voller Gleichberechtigung“ und
  3. Israels Respekt, Schutz und die Unterstützung der „Rechte der palästinensischen Flüchtlinge zu ihren Häusern und ihrem Eigentum zurückzukehren, wie es in der UN Resolution 194 vorgesehen ist“.

[2]

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Im Januar 2005 hat die Occupied Palestine and Syrian Golan Heights Advocacy Initiative (OPGAI) ihren Aufruf zu Boykott, Desinvestment und Sanktionen gegen Israel beim 5. Weltsozialforum in Porte Alegre, Brasilien präsentiert (26. und 31. Januar).[3] Der Start der Kampagne begann zeitgleich mit dem 1. Geburtstag der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshof zu den Israelischen Sperranlagen.[2] Bei einer der ersten Boykott-Kampagnen hat die Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel (PACBI) eng mit dem Britischen Komitee für Universitäten in Palästina (BRICUP) zusammengearbeitet. BRICUP setzte sich bei der Association of University Teachers (AUT) dafür ein, einen akademischen Boykott der israelischen Universitäten zu unterstützen.[4]

Kairos-Palästina-Dokument

Am 11. Dezember 2009 wandten sich christliche Bischöfe, Theologen und Laien Palästinas mit dem sogenannten Kairos-Palästina-Dokument an die „palästinensische und die israelische Gesellschaft, an die Weltgemeinschaft und an die christlichen Brüder und Schwestern in den Kirchen in aller Welt“. Das Kairos-Palästina-Dokument, dass sich dem Aufruf zu BDS anschließt, ist sowohl Ausdruck christlicher Überzeugung wie eines klaren politischen Willens: „Wir appellieren an die Israelis, die Besatzung zu beenden. Sie werden dann eine Welt ohne Angst und Bedrohung entdecken, in der Sicherheit, Gerechtigkeit und Frieden herrschen.“ Zu den Mitverfassern des Kairos-Dokuments gehören der lutherische Bischof von Jerusalem, Munib Younan, der Patriarch Michel Sabbah sowie der Pastor der Weihnachtskirche in Bethlehem, Mitri Raheb.[5]

Unterstützer

Zu den Unterstützern der Boycott Divestments Sanctions Campaign zählen der Erzbischof Desmond Tutu[6], Noam Chomsky, die Journalistin und Globalisierungskritikerin Naomi Klein[7], Uri Davis, Jeff Halper, der israelische Professor Neve Gordon[8][9], der israelische Historiker Ilan Pappe[10], die Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire[1], Ward Churchill, der britische Schriftsteller John Berger, Arundhati Roy, der britische Filmregisseur Ken Loach, Ian Banks, Evelyn Hecht-Galinski[11] sowie die U.S.-amerikanische Schriftstellerin Alice Walker.[12]

Zu den unterstützenden Organisationen gehören die israelische Bürgerrechtsbewegung ICAHD[13] sowie die European Jews for a Just Peace[14].

Boykott von Firmen, die von der Besatzung profitieren

Einige Organisationen wie israelische Friedensinitiative Gush Shalom lehnen einen kompletten Boykott Israels ab, befürworten dagegen den Boykott von Siedlungsprodukten, was beispielsweise Hersteller von Siedlungsprodukten wie Soda-Club, Ahava (Kosmetikprodukte) und Carmel Agrexco (Agrarprodukte)[15] [16] sowie Caterpillar und Motorola betrifft.[17][18] Die israelische Tageszeitung Ha'aretz berichtete, dass die PLO in Frankreich versuchte, Veolia und eine andere Firma gerichtlich dazu zu zwingen, ein Straßenbahn-Projekt in Jerusalem aufzugeben, da es gegen internationales Recht verstoße, und der Bürochef des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas rief alle arabischen Staaten dazu auf, Veolia zu boykottieren.[19] Abbas machte den Boykott von Siedlungsprodukten im April 2010 offiziell: Händlern, die solche Produkte vertreiben, droht nun eine hohe Geldstrafe.[20] [21] Der palästinensische Boykott hatte bereits Auswirkungen auf Fabriken innerhalb von Siedlungen; manche verkaufen 30% ihrer Produkte in den besetzten Gebieten.[22]

Ca. 60 prominente israelische Künstler boykottierten ein Theater in der israelischen Siedlung Ariel im Jahr 2010 und wurden darin von 150 U.S.-amerikanischen Schauspielern in einem offenen Brief unterstützt. Des Weiteren bekamen sie Unterstützung von dem Architekten Frank Gehry sowie Daniel Barenboim.[23]

Reaktion

Deutschland

Am 23. Juli 2010 wurde in Stuttgart eine Veranstaltung zu dem Kairos-Palästina-Dokument durchgeführt; die Träger waren u. a. der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Baden-Württemberg, Pax Christi Nahost-Kommission deutsche Sektion, Friends of Sabeel – Germany, Ohne Rüstung Leben, die Ökumenische Initiative sowie der Internationale Versöhnungsbund, Deutscher Zweig.[24]

Am 9. November 2010, dem Gedenktag für die Opfer der Novemberpogrome von 1938, protestierten 70 Gruppen der Friedensbewegung gegen eine Veranstaltung der Rüstungslobby in Berlin, zu der der israelische Botschafter, Yoram Ben-Zeev, als Hauptredner eingeladen wurde.[25][26]

Dänemark

Zwei dänische Banken haben im Januar 2010 beschlossen, ihre gesamten Investitionen aus vier israelischen Firmen zurückzuziehen. Ihre Begründung lautete, dass diese Firmen die Besatzung unterstützen indem sie "eine Rolle bei der Finanzierung und Unterstützung beim Bau der Mauer und der Siedlungen spielen".[27]

Frankreich

Im Anschluss an den Krieg in Gaza 2008-2009 wurde im Februar 2009 ein Aufruf zu einem akademischen Boykott, Desinvestment und Sanktionen gegen israelische Institutionen veröffentlicht. Im Juni 2009 versammelten sich französische Organisationen um eine französische BDS-Kampagne gegen spezifische Ziele wie Carrefour, Ahava, Agrexco-Carmel[28], Veolia Transport[29] und Alstom zu organisieren. Seitdem haben sich viele Organisationen und Gewerkschaften dieser expandierenden Kampagne angeschlossen, welche sich immer wieder juristischen Anfeindungen gegenübersieht.[30][31][32]

Großbritannien

Auf der Jahresversammlung 2010 der größten Gewerkschaft Großbritanniens, der UCU (University and College Union), wurde für die BDS-Kampagne und für den Abbruch der Beziehungen mit Histadrut, dem Dachverband der Gewerkschaften Israels, gestimmt. Tom Hickey von der Universität Brighton führte als Begründung an, dass Histadrut den "israelischen Angriff auf Zivilisten in Gaza" im Januar 2009 unterstützt habe und daher nicht den Namen einer Gewerkschaftsorganisation verdiene.[33]

BDS und Delegitimierung

Diverse Analysten, Journalisten und politische Gruppierungen haben argumentiert, dass die BDS-Bewegung die Delegitimierung Israels unterstützt. In der Jerusalem Post argumentierte Gil Troy, dass die BDS-Bewegung nicht auf die israelische Politik ziele sondern stattdessen auf Israels Legitimität.[34] Vergleichsweise ähnlich argumentiert das Reut-Institut, dass die Bewegung durch die Konzentration auf Israel sowie die Verwendung von doppelten Standards das Land delegitimieren würde.[35]

Israelische Antwort

Am 9. Juni 2010 haben 25 israelische Gesetzgeber der Knesset eine Anti-Boykott Resolution vorgelegt. Laut dieser würden Gelder für die Palästinensische Autonomiebehörde umgeleitet werden um Israelis zu kompensieren, die durch den palästinensischen Boykott israelischer Siedlungsprodukte geschädigt wurden. Der Gesetzvorschlag verbietet israelischen Staatsbürgern des Weiteren das Initiieren, Ermutigen sowie die Unterstützung eines Boykotts gegen Israel; als Strafe müssten diese eine Kompensation an die Geschädigten zahlen. Alle an dem Boykott involvierten Nicht-Israelis würde das Betreten des Landes für mindestens 10 Jahre untersagt werden.[36]

Siehe auch

Weblinks

Einzelverweise

  1. a b Besieging Israel's siege. In just a few years the Palestinian campaign to boycott Israeli goods has become truly global. The Guardian (12. August 2010). Abgerufen am 26. März 2011.
  2. a b Aufruf der palästinensischen Zivilbevölkerung, bds-info.ch. 9. Juli 2005. 
  3. Highlights, Boycott-Divestment-Sanctions (BDS) against Israel, 2005–January 2006, Badil. Abgerufen am 10. November 2010. 
  4. Boycott "Ariel" and the Rest! All Israeli Academic Institutions are Complicit in Occupation and Apartheid, PACBI. Abgerufen am 10. November 2010. 
  5. KairosPalestine. Abgerufen am 10. November 2010
  6. Divesting from Injustice, Huffington Post. 13. April 2009. 
  7. On the Question of One-Sided Boycotts, Naomi Klein. 21. Januar 2009. 
  8. Kulturboykott. Die BDS-Bewegung in Israel, 3Sat. 1. Oktober 2010. 
  9. BDS campaign wants Israel to abide by international law, The Guardian. 11. Juli 2010. 
  10. »Boykott ist Schritt in richtige Richtung«. Israel braucht ein starkes Signal gegen seine Besatzungspolitik. EU sollte politischen Wandel fordern, Junge Welt. 2. Dezember 2010. 
  11. Fazit der Palästina-Solidaritätskonferenz in Stuttgart: Boykott - Disinvestment – Sanctions, Neue Rheinische Zeitung. 8. Dezember 2010. 
  12. The Boycott Divestment Sanctions Movement, Global BDS Movement. 9. Juni 2010. 
  13. ICAHD’s BDS Projects, ICAHD. Abgerufen am 10. November 2010. 
  14. Pro-Palestinian groups urge H&M boycott after Israel branch opens, Haaretz. 11. März 2010. 
  15. COOP und Nordiconad verkaufen keine Produkte von Agrexco mehr, bds-info.ch. Abgerufen am 10. November 2010. 
  16. The choice: settlements or export. Gush Shalom sent a letter to the management of the Agrexco Agricultural Exports Company, Gush Shalom. 23. Mai 2010. 
  17. Boykott, Desinvestment und Sanktionen, heise.de. 10. Oktober 2009. 
  18. The boycott of settlement products - renewed controversy, Gush Shalom. Abgerufen am 10. November 2010. 
  19. AP: Palestinians hope to derail Jerusalem light rail project; Amira Hass: Palestinians to Arab states: You can stop Jerusalem light rail (beide: Haaretz)
  20. Boykott im Westjordanland. Wie die Palästinenser jüdische Siedler mürbe machen wollen, Der Spiegel. 30. Mai 2010. 
  21. Abbas backs Palestinian boycott campaign of Israeli goods made in settlements, Haaretz. 22. Mai 2010. 
  22. Palestinian boycott of Israeli settlement goods starts to bite, The Guardian. 29. Juni 2010. 
  23. Frank Gehry, Daniel Barenboim join Ariel boycott campaign, Haaretz. 10. November 2010. 
  24. Hoffnungsschrei palästinensischer Christinnen und Christen: Das Kairos Palästina Dokument, Pax Christi Rottenburg-Stuttgart. 23. Juli 2010. 
  25. Im Zeichen des Tötens. Mehr als 70 Gruppen der Friedensbewegung und Gliederungen der Parteien Die Linke und DKP protestieren gegen eine Veranstaltung der Rüstungslobby am 9. November in Berlin, Junge Welt. 5. November 2010. 
  26. AUFRUF/021: Berlin - Kundgebung am 9. November 2010 - Keine neuen Opfer schaffen!, Schattenblick. 6. November 2010. 
  27. Dänische Banken ziehen Investitionen aus israelischen Firmen zurück, Generaldelegation Palästinas. 27. Januar 2010. 
  28. Coalition against Agrexce-Carmel. Abgerufen am 10. November 2010.
  29. Veolia and the Jerusalem Metro, Radio France Internationale. 9. Oktober 2009. 
  30. Französische BDS-AktivistInnen vor dem Gericht in Mulhouse, bds-info.ch. Abgerufen am 10. November 2010. 
  31. French BDS Activists Request Your Help!. 9. Oktober 2010. 
  32. Court triumph for French activists who called for Israeli food boycott, Radio France Internationale. 15. Oktober 2010. 
  33. Britain’s largest academic union cuts ties with Histadrut, Jerusalem Post. 2. Juni 2010. 
  34. Delegitimizing the delegitimizers, Jerusalem Post. 12. November 2009. 
  35. The Reut Institute: The BDS Movement Promotes Delegitimization against Israel. Abgerufen am 10. November 2010. 
  36. Israel's anti-boycott belligerence, Guardian. 30. Juni 2010. 

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