Chinesische Botschaft in Berlin

Chinesische Botschaft in Berlin
Chinesische Botschaft in Berlin

Die Chinesische Botschaft in Berlin ist der Hauptsitz der diplomatischen Vertretung der Volksrepublik China in Deutschland. Eine diplomatische Vertretung Chinas in Berlin gibt es seit 1877. Die heutige Botschaft befindet sich am Märkischen Ufer 54 nahe der Jannowitzbrücke in der Luisenstadt. Der 1988 als FDGB-Hauptsitz errichtete siebenstöckige Bau wurde 1999–2001 zur Botschaft umgebaut.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Kaiserliche Gesandtschaft in Berlin (1877–1911)

Villa von der Heydt, heute Sitz der SPK

Die Kaiserliche Gesandtschaft in Berlin wurde 1877 von der Qing-Dynastie eingerichtet. Erster Gesandter war Liu Xihong. Von 1878 bis 1890 mietete die Botschaft von Freiherr August von der Heydt dessen Villa von der Heydt für eine Jahresmiete von 15.000 RM.[1] Theodor Fontane verfasste 1889 den Essay Auf der Suche. Spaziergang am Berliner Kanal[2] über einen Chinesen im Garten der Gesandtschaft, der einem Mädchen einen Apfel schenkt.[3]

Nachdem der Bankier Karl von der Heydt die Villa gekauft hatte und für sich als Wohnhaus beanspruchte, zog die Chinesische Gesandtschaft 1890 in das Haus In den Zelten Nr. 14 um, einer heute nicht mehr existenten Straße im Bereich der heutigen Kongresshalle.[4]

1910 erwarb China ein Haus am Kurfürstendamm 218, und richtete dort seine Gesandtschaft ein.[5] Das Gebäude am Kurfürstendamm 218 wurde 1913 nach dem Ende der Ming-Dynastie vom chinesischen Gesandten verpfändet, um Zahlungen für in Deutschland gestrandete Chinesen bedienen zu können.[6]

Diplomatische Vertretung der Republik China (1919–1949)

Ankunft des neuen chinesischen Botschafters 1938 in Berlin

Die Gesandtschaft der Republik China befand sich während der Zeit der Weimarer Republik weiterhin am Kurfürstendamm 218. Am 18. Mai 1935 wandelte China die Gesandtschaft in Berlin in eine Botschaft um.[5]

Ab Herbst 1940 war Generalleutnant Yung-chin Kwei (1900–1954) Militärattaché in Berlin.[7]

Gesandtschaft von Mandschuko (1938–1945)

Seit Juni 1936 residierte in Berlin ein Handelskommissar von Mandschuko, einem 1932 gegründeten Marionettenstaat der Kolonialmacht Japan. Am 20. Februar 1938 kündigte Hitler in einer Rede vor dem Reichstag die Anerkennung Mandschukos an, und stellte diese in einen Zusammenhang mit dem 1933 erfolgten Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund. Mandschuko wurde auch in Folge nur von wenigen Staaten international anerkannt – im Wesentlichen von den Achsenmächten und ihrem Umfeld. Am 12. Mai 1938 unterzeichneten Deutschland und Mandschuko einen Freundschaftsvertrag und am 16. August wurde LUE, I-Wen[8] zum ersten Geschäftsträger der Gesandtschaft Mandschukos ernannt.[9] LUE, I-Wen war ehemaliger Gouverneur des Distrikts Tonghua und vor seiner Ernennung im Außenministerium Mandschukos in Changchun sowie als Sekretär des Premiers Zhang Jinghui tätig.[10] Am 21. November 1938 überreichte er auf dem Berghof zusammen mit vier Gesandten anderer Staaten sein Beglaubigungsschreiben an Hitler.[11] Die mandschurische Gesandtschaft residierte in der Lessingstraße 1 (NW 87) im heutigen Hansaviertel.[12] Während der Gesandte in Berlin LUE, I-Wen und der Konsul in Hamburg AN, Chi-Yun Chinesen waren, stammte das restliche Personal der Vertretung mehrheitlich aus Japan, zum Beispiel der Handels-Attaché in Berlin, Kiyoshi Kato und der Vize-Konsul in Hamburg, Seiroku Sawaguchi.[13]

Botschaft der VR China in der Bundesrepublik Deutschland (1973–1990)

Im Oktober 1972 vereinbarten die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Außenminister Walter Scheel, und die Volksrepublik China, vertreten durch Außenminister Ji Pengfei, die Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen. Ji Pengfei war als erster Botschafter in der DDR mehr als zwanzig Jahre früher selbst der erster Botschafter der VR China in Deutschland gewesen. 1973 eröffnete die Botschaft der VR China in Niederbachem nahe Bonn.[14]

Ab 1984 residierte die Botschaft an der Kürfürstenallee 12 in Bonn-Bad Godesberg. Nach dem Hauptstadtbeschluss zog die Chinesische Botschaft nach Berlin, und ein Konsulat verblieb in Bonn. 2004 wurde das ehemalige Botschaftsgebäude an der Kürfürstenallee aufgegeben.[15]

Botschaft der VR China in der DDR (1950–1990)

Ji Pengfei mit Wilhelm Pieck in Ost-Berlin (12. Oktober 1950)

Die Deutsche Demokratische Republik und die Volksrepublik China nahmen im Oktober 1949 – kurz nach Gründung der DDR – diplomatische Beziehungen auf.[16] 1950 trat der erste chinesische Botschafter Ji Pengfei seinen Dienst in Ost-Berlin an. Ji Pengfei sollte später Außenminister der Volksrepublik werden.[17] Die chinesische Mission traf am 11. Oktober 1950 auf dem Schlesischen Bahnhof ein. Ihre Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn hatte über Moskau geführt. Am Folgetag übergab Ji Pengfei sein Beglaubigungsschreiben an DDR-Präsident Wilhelm Pieck.

1958 residierte die Botschaft der VR China in der DDR an der Treskowallee 50 in Berlin-Karlshorst, 1987 dann in der Heinrich-Mann-Straße 9 in Berlin-Pankow. Im Gefolge der blutigen Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens am 5. Juni 1989 kam es zu einer Zuspitzung der Konfrontation zwischen oppositionellen Gruppen und der DDR-Staatsführung. Die in offiziellen DDR-Medien signalisierte Zustimmung der SED-Führung zum Vorgehen der chinesischen Führung wurde als Versuch der Einschüchterung der DDR-Opposition verstanden.[18] Vor der chinesischen Botschaft in Pankow kam es im Laufe des Juni 1989 zu mehreren ungenehmigten Protestdemonstrationen, ein in der Geschichte der DDR äußerst rares Ereignis. Besondere Beachtung fand die Demonstration am 21. Juni 1989, bei der etwa fünfzig Demonstranten verhaftet wurden.[19] Am selben Tag gaben 25 Oppositionsgruppen eine gemeinsame Protesterklärung ab, die dem chinesischen Botschafter übersandt wurde.[18]

Botschaft der VR China im vereinten Deutschland

Der heute genutzte Gebäudekomplex nahe der Jannowitzbrücke wurde 1988 nach Plänen von Jens Ebert errichtet, und sollte als Sitz des Bundesvorstandes des FDGB dienen. Nach der Wende wurde es zu einem Kongresszentrum umgebaut, das jedoch außer Betrieb ging. In Folge des Hauptstadtbeschlusses von 1991 zog die chinesische Botschaft 1999 von Bonn nach Berlin. Der Umbau erfolgte nach Plänen von Novotny Mähner Assoziierte. Das Gebäude besitzt eine silberne Außenfassade mit verspiegelten Fenstern. Am Portal befindet sich eine Plastik eines chinesischen Löwen. Den Vorplatz umgrenzt ein Hochsicherheitszaun.

Die Chinesische Botschaft übernimmt in der diplomatischen Zusammenarbeit zahlreiche Aufgaben, welche sich auf folgende Abteilungen verteilen: [20]

  • Konsularabteilung
  • Politische Abteilung
  • Abteilung für Presse und Öffentlichkeitsarbeit
  • Militärabteilung
  • Kulturabteilung
  • Abteilung für Wissenschaft und Technik
  • Wirtschafts- und Handelsabteilung
  • Bildungsabteilung

Seit 2009 ist Wu Hongbo Botschafter, zu den Vorgängern siehe Liste der chinesischen Botschafter in Deutschland. In Deutschland werden Generalkonsulate in Frankfurt am Main, Hamburg und München unterhalten.

Literatur

  • Nils Ballhausen: Das Reich in Mitte. Umbau und Instandsetzung eines ehemaligen FDGB-Hauses für die Chinesische Botschaft. In: Bauwelt, Jg. 92, Nr. 14 (12. April 2001), ISSN 0005-6855, S. 30f.
  • Erich Gütinger: Die Geschichte der Chinesen in Deutschland: ein Überblick über die ersten 100 Jahre ab 1822. Waxmann Verlag, Münster 2004, ISBN 3830914571.
  • Hans Werner Klüner: Die ehemalige Von-der-Heydt-Villa und ihre Umgebung. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Vol. 75 (1980) , Heft 1, S. 121–130.
  • Bernd Martin (Hrsg.): Deutsch-chinesische Beziehungen 1928–1937: „gleiche“ Partner unter „ungleichen“ Bedingungen. Akademie-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-05-002985-4.
  • Werner Meissner, Anja Feege: Die DDR und China 1949 bis 1990. Politik, Wirtschaft, Kultur. Akademie Verlag, Berlin 1995, ISBN 3050028068.
  • Andreas Steen: Deutsch-chinesische Beziehungen 1911–1927: vom Kolonialismus zur „Gleichberechtigung“. Akademie-Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-05-004243-5.

Weblinks

 Commons: Chinese Embassy, Berlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Erich Gütinger: Die Geschichte der Chinesen in Deutschland. Waxmann, Münster 2004, S. 140.
  2. Theodor Fontane: Auf der Suche. Spaziergang am Berliner Kanal. In: Von vor und nach der Reise : Plaudereien und kleine Geschichten. Fontane, Berlin 1894.
  3. Erich Gütinger: Die Geschichte der Chinesen in Deutschland. Waxmann Verlag, Münster 2004, S. 140.
  4. Hans Werner Klüner: Die ehemalige Von-der-Heydt-Villa und ihre Umgebung. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Vol. 75 (1980) , Heft 1, S. 128.
  5. a b Bernd Martin (Hrsg.): Deutsch-chinesische Beziehungen 1928–1937. Akademie-Verlag, Berlin 2003, S. 191, Fußnote 8.
  6. Erich Gütinger: a.a.O.
  7. Hsi-Huey Liang: China, the Sino-Japanese Conflict and the Munich Crisis. In: Igor Lukes, Erik Goldstein (Hrsg.): The Munich crisis, 1938. Routledge, London 1999, ISBN 0714649953, S. 342–369.
  8. In der Literatur auch in der Schreibweise Lue-I-Wen, Lu-I-Wen, Lu I-Wen, Lü-I-Wen und Lü I-Wen.
  9. Stefan Talmon: Kollektive Nichtanerkennung illegaler Staaten. Mohr Siebeck, Tübingen 2006, ISBN 978-3-16-147981-6, S. 114–118.
  10. China Weekly Review, Millard, Shanghai, Vol. 85 (1938), ZDB-ID 433449-8, S. 266.
  11. 5 Envoys Present Papers to Hitler. In: „New York Times“ vom 22. November 1938.
  12. Berliner Adressbuch 1940, unter Benutzung amtlicher Quellen. Scherl, Berlin 1940, Teil III. (Behördenverzeichnis), S. 12.
  13. China Weekly Review, Millard, Shanghai, Vol. 85 (1938), ZDB-ID 433449-8, S. 437.
  14. Johnny Erling: Chinas neuer Botschafter Ma Canrong schwört auf Moselwein. In: „Die Welt“ vom 7. Januar 2002.
  15. Ebba Hagenberg-Miliu: Chinesische Botschaft soll Studienkolleg werden. In: Bonner General-Anzeiger vom 15. Januar 2009.
  16. Werner Meissner, Anja Feege: Die DDR und China 1949 bis 1990. Akademie Verlag, Berlin 1995, S. 63.
  17. Werner Meissner, Anja Feege: Die DDR und China 1949 bis 1990. Politik, Wirtschaft, Kultur. Akademie Verlag, Berlin 1995, ISBN 3050028068, S. 459.
  18. a b Ehrhart Neubert: Geschichte der Opposition in der DDR 1949-1989. Ch. Links Verlag, Berlin 1998, ISBN 3861531631, S. 815–816.
  19. Die Chinesische Lösung. In: jugendopposition.de, ein Projekt der Bundeszentrale für politische Bildung und der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V. (Abgerufen am 8. April 2010.)
  20. http://www.china-botschaft.de/det/gywm/t162052.htm
52.51347222222213.41725

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