Boko Haram

Boko Haram
Lage von Bauchi.

Boko Haram (bedeutet etwa: (lateinisch transkribierte[1]) Bücher sind Sünde[2], Westliche Bildung verboten[3], Die moderne Erziehung ist eine Sünde[4] bis hin zu Vorspiegelung falscher Tatsachen ist Schande[5]) ist eine islamistische Gruppierung im Norden Nigerias. Seit Ende 2010 trägt sie den Namen: Anhänger der Verbreitung der Lehren des Propheten und des Heiligen Krieges[6]. Sie setzt sich für die Einführung der Scharia in ganz Nigeria und das Verbot von westlicher Bildung ein[2], auch die Beteiligung an Wahlen lehnt sie ab[7]. Sich selbst stellt die Gruppe mit der afghanischen Gruppe Taliban in Verbindung.[8] Auch die lokale Bevölkerung nennt sie "Die Taliban".[9] Das Hauptquartier der Sekte befand sich bis zum Tod von Sektenchef Ustaz Mohammed Yusuf in Maiduguri.[8]

Boko Haram hat keine Verbindung zur Aufstandsbewegung Movement for the Emancipation of the Niger Delta, die im Nigerdelta seit 2006 gegen die Ölindustrie kämpft.[10]

Geschichte

Seit der Demokratisierung Nigerias 1999 nahmen Islamisierungstendenzen im Land zu. So wurde auf Druck islamischer Gruppen im Nordteil des Landes die Scharia eingeführt.[2] Seither fielen Tausende Menschen religiösen Pogromen zum Opfer.[2]

Boko Haram machte erstmals um 2004 mit der Einrichtung des Trainingslagers „Afghanistan“ an der Grenze zum nördlichen Nachbarland Niger von sich reden.[2] Die muslimische Sekte rekrutierte in der Folge gezielt junge Männer.[3] Warnungen von islamischen Imamen vor der Gefährlichkeit dieser Sekte wurden von den Behörden zunächst ignoriert.[11]

Nach einem Demonstrationsverbot gegen Boko Haram brachen Ende Juli 2009 in der Stadt Bauchi Unruhen aus, die sich auf Yobe, Borno und andere Regionen ausweiteten.[2] In der gleichnamigen Provinz Bauchi ist seit 2001 die Scharia in Kraft.[3] Nach fünftägigen Zusammenstößen starben alleine in Maiduguri mindestens 300 Menschen[12], andere Quellen gehen von mehr als 600 Toten aus.[13] Das nigerianische Rote Kreuz zählte 780 Tote in der Stadt[14]. Sektenführer Ustaz Mohammed Yusuf wurde während einer groß angelegten Polizeiaktion zunächst verhaftet, dann aber nach Angaben eines Polizeisprechers bei einem Fluchtversuch von Sicherheitskräften erschossen [12]. Es gibt Berichte über illegale Hinrichtungen von Sektenmitgliedern durch die Polizei. [13]

Nachdem das Militär als Reaktion auf wiederholte Boko-Haram-Angriffe mit insgesamt 12 Toten, davon 7 Polizeibeamte, Patrouillen in Maiduguri ankündigte und die Polizei sogar das Motorradfahren bei Nacht verbot, um Boko Haram die Durchführung von Drive-by-Shootings zu erschweren, griff nach Polizeiangaben Anfang September 2010 eine große Gruppe von schwerbewaffneten Boko-Haram-Mitgliedern ein Gefängnis im Norden Nigerias an, wobei 732 Häftlinge fliehen konnten, darunter 150 mutmaßliche Boko-Haram-Mitglieder, die größtenteil während der Unruhen 2009 verhaftet worden waren. Ein Polizist, ein Soldat und zwei Anwohner wurden bei dem anschließenden Feuergefecht getötet, 6 weitere schwer verletzt.[11]

Ende 2010 änderte die Organisation ihren Namen und heißt seit dem Jama'atu Ahlis Sunna Lidda'awati wal-Jihad[15] (wörtlich: Verband der Sunniten für die Verbreitung des Islam und für den Dschihad)[6].

Sie bekannte sich zu der Anschlagsserie auf Christen in der Nähe der Stadt Jos, die am 24.Dezember 2010 mindestens 38 Personen das Leben kostete und schwere Unruhen zur Folge hatte. Es gibt jedoch Zweifel an der Echtheit des Bekennerschreibens.[15]

Nach Angaben der BBC bekannte sich Boko Haram zu einer Reihe von Bombenanschlägen nach der Präsidentschaftswahl 2011[16]. Trotz des Verbots, bei Nacht Motorrad zu fahren, kam es auch in der ersten Hälfte des Jahres 2011 weiter zu politischen Morden durch Drive-By-Shootings[17], die die Bewohner Maidiguris terrorisierten[18], und zu Anschlägen auf Polizeistationen[19] sowie auf eine Kirche[20].

Boko Haram bekannte sich auch zu dem Bombenanschlag auf Nigerias Polizeihauptquartier in Abuja[21].

Am 26. Juni 2011 griffen Mitglieder der Boko Haram drei Bierlokale[22] in Maiduguri mit Schusswaffen und Sprengkörpern an und töteten mindestens 25 Personen.[23]

Im Juli 2011 veranlasste die zunehmende Gewalt in Maiduguri die örtliche Universität, ihre Pforten zu schließen und die Studenten nach Hause zu schicken[24]. Die Militärpräsenz in und um Maidiguri wurde verstärkt und es kam zu vermehrten Vorwürfen, das Militär misshandele Zivilisten. Tausende flohen vor den sich verstärkenden Kämpfen[25].

Am 26. August 2011 wurden bei einem Autobombenanschlag auf ein Gebäude der Vereinten Nationen in der Hauptstadt Abuja 23 Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt. Boko Haram hat sich nach Angaben der BBC zu dem Anschlag bekannt.[26][27].

Nach einer Reihe von Bombenanschlägen, unter anderem auf das Hauptquartier der Polizei im Bundesstaat Yobe im nordöstlichen Nigeria, zogen am Abend des 04.November 2011 in Yobes Hauptstadt Damaturu und im nahegelegenen Städtchen Potiskum bewaffnete Boko Haram Anhänger anderthalb Stunden lang durch die Straßen. Sie attackierten Polizeistationen und Kirchen mit Schusswaffen und Bomben, mindestens 63 Menschen wurden getötet. Anschließend lieferten sich die Angreifer Gefechte mit Sicherheitskräften. Zuvor wurde am selben Tag ein militärisches Hauptquartier in Maidiguri im Nachbarstaat Borno von mehreren Selbstmordattentätern mit Sprengstoff angegriffen. Boko Haram verkündete, seine „Angriffe auf Truppen der Bundesregierung“ so lange fortzuführen, bis die Sicherheitskräfte „ihre Exzesse gegen unsere Anhänger und verletzliche Zivilisten“ beendeten.[28]

Einzelnachweise

  1. Geschichte Afrikas - Literaturen und Kulturen - Sprachen Afrikas: Die Ursprünge der Schriften des Hausa und seiner Literatur Seminar für Afrikawissenschaften, Institut für Asien- und Afrikawissenschaften, Philosophische Fakultät III der Humboldt-Universität zu Berlin
  2. a b c d e f Dominic Johnson: Hunderte Tote in Nigeria taz, 27. Juli 2009
  3. a b c Dozens killed in Nigeria clashes. BBC online, 26. Juli 2009
  4. http://www.tagesschau.de/ausland/nigeria178.html (Archivversion)
  5. Christoph Wagenseil: Boko Haram -- neue Semantiken im Spiegel ihrer Mediendeutungen. In: Religionswissenschaftliche Medien- und Informationsdienst e. V. 23. Juli 2011, abgerufen am 29. August 2011 (deutsch).
  6. a b Olaolu Oladipo, Tordue Salem: Nigeria Can't Fight Terrorism - US. In: Leadership. 21. August 2011, abgerufen am 29. August 2011 (englisch).
  7. Who are Nigeria's Boko Haram Islamists? BBC online, 17. Juni 2011
  8. a b http://www.tagesschau.de/ausland/nigeria148.html
  9. 'Boko Haram attack' frees hundreds of prisoners BBC online, 8.September 2010
  10. David Smith: Nigerian 'Taliban' offensive leaves 150 dead. Guardian, 27. Juli 2008
  11. a b Nigeria accused of ignoring sect warnings before wave of killings. In: guardian.co.uk, 2. August 2009 (online)
  12. a b Nigeria sect head dies in custody BBC online, 31. Juli 2009
  13. a b Nigeria: 700 Tote bei Kämpfen mit Islamisten, Die Presse, 2. August 2009.
  14. Red Cross finds 780 corpses in single Nigeria city
  15. a b Extremisten bekennen sich zu Anschlägen in Nigeria. In: Neue Zürcher Zeitung. 28. Dezember 2010, abgerufen am 28. Dezember 2010 (deutsch).
  16. Nigeria attacks claimed by Islamist sect Boko Haram BBC online, 1. Juni 2011
  17. 'Boko Haram' gunmen kill Nigerian Muslim cleric Birkuti BBC online, 7. Juni 2011
  18. Maiduguri: Nigeria's city of fear BBC online, 15. March 2011
  19. Maiduguri: 'Boko Haram' attacks Nigeria police stations BBC online, 7. Juni 2011
  20. Maiduguri: Nigeria arrests for 'Boko Haram' attacks BBC online, 10. Juni 2011
  21. Nigeria's Boko Haram Islamists 'bombed Abuja police HQ' BBC online, 17. Juni 2011
  22. Gegen 30 Tote bei Anschlag auf Bierlokale in Nigeria. In: Neue Zürcher Zeitung. 27. Juni 2011, abgerufen am 27. Juni 2011 (deutsch).
  23. 30 Tote bei Anschlag in Nigeria. In: ORF. 2. Juni 2011, abgerufen am 27. Juni 2011 (deutsch).
  24. Nigeria Boko Haram threat closes Maiduguri university BBC online, 12. Juli 2011
  25. Nigeria to probe 'army abuses' in Boko Haram crackdown BBC online, 12. August 2011
  26. Sekte droht mit Terror sueddeutsche.de, 29. August 2011
  27. Abuja attack: Car bomb hits Nigeria UN building BBC online, 26. August 2011
  28. Nigeria Boko Haram attack 'kills 63' in Damaturu BBC online, 05. November 2011

Weblinks


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