C. H. Boehringer Sohn

C. H. Boehringer Sohn
Boehringer Ingelheim
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Rechtsform AG & Co. KG
Gründung 1885
Sitz Ingelheim am Rhein, Deutschland

Leitung

  • Andreas Barner, Sprecher der Unternehmensleitung
  • Hubertus von Baumbach
  • Wolfram Carius
  • Engelbert Tjeenk Willink
Mitarbeiter 42.224 (2011)
Produkte Humanpharma und Tiergesundheit
Website www.boehringer-ingelheim.de

C. H. Boehringer Sohn AG & Co. KG ist die Muttergesellschaft des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim, das 1885 von Albert Boehringer in Ingelheim am Rhein gegründet wurde. Heute ist Boehringer Ingelheim das zweitgrößte forschende Pharmaunternehmen in Deutschland und weltweit das größte, das sich noch ausschließlich in Familienbesitz befindet.

Das Unternehmen erzielte im Jahr 2010 bei einem Umsatz von 12,586 Milliarden Euro einen Nettogewinn von 888 Millionen Euro.[1]

Das Kerngeschäft von Boehringer Ingelheim ist das Erforschen, Entwickeln, Herstellen und Vertreiben von Arzneimitteln.

Inhaltsverzeichnis

Standorte

Das Boehringer-Ingelheim Zentrum in Wien


Weltweit arbeiten 41.534 Mitarbeiter in 138 Gesellschaften in 47 Ländern für den Konzern C. H. Boehringer Sohn (April 2009). Am Standort Deutschland sind heute etwa 12.000 Mitarbeiter (inklusive Auszubildende, Stand 31. Dezember 2008) tätig. Die Konzernzentrale sowie die Pharmaherstellung und Produktion befinden sich in Ingelheim am Rhein.

Heute forscht Boehringer Ingelheim weltweit an den Standorten Biberach an der Riß, Ridgefield (Connecticut), Laval (Québec, Kanada) und Wien an innovativen Arzneimitteln für die Indikationen Erkrankung des zentralen Nervensystems, Erkrankungen der Atemwege, Stoffwechselkrankheiten, Virologie, Immunerkrankungen und Onkologie. Mit dem Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien ist das Unternehmen auch in der Grundlagenforschung aktiv.

Seit der Akquisition von großen Teilen des Tiergesundheitsgeschäfts von Pfizer (insbesondere das ehemalige Wyeth-Markengeschäft „Fort Dodge“) im Oktober 2009 verfügt Boehringer Ingelheim über Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen für Tiergesundheit in Fort Dodge im US-Bundesstaat Iowa.[2]

Für die Zukunft ist in Hannover-Kirchrode die Errichtung eines firmeneigenen europäischen Forschungszentrums für die Entwicklung von Schweine- und Rinder-Impfstoffen geplant. Das geplante Forschungszentrum ist wegen seiner Lage mitten im Stadtgebiet umstritten. Gegen die geplante Forschungseinrichtung, die in die Biologische Schutzstufe 3 eingeordnet wird, wendet sich die „Bürgerinitiative gegen Massentierversuche in Wohngebieten e.V.“. Unterstützt wurde diese durch Tierrechtsaktivisten, die das Gelände in Hannover sechs Wochen lang besetzt hielten, bis es auf Initiative der Polizei geräumt wurde.[3][4][5] Der Stadtrat von Hannover hat am 17. September 2009 den Bebauungsplan für dieses Forschungszentrum genehmigt.[6]

2009 flossen weltweit rund 2,2 Mrd. Euro in den Bereich Forschung und Entwicklung (rd. 17 % des Umsatzes). Rund 30 % des Umsatzes entfallen auf Europa.[7]

Geschichte

Christian Friedrich Boehringer eröffnete 1817 in Stuttgart eine Medikamentenhandlung, die – nebst einem chemischen Labor – im Jahr 1859 zum Pharmaunternehmen C. F. Boehringer & Söhne wurde. 1872 wurde das Unternehmen von seinem Sohn Christoph Heinrich Boehringer nach Mannheim verlegt. 1882 ging das Unternehmen auf dessen Sohn Ernst Boehringer über, der 1892 verstarb. Eigentümer von Boehringer Mannheim war nunmehr die Familie Engelhorn.

Ein weiterer Sohn von C. H. Boehringer, Albert Boehringer, hatte 1885 eine chemische Fabrik in Ingelheim am Rhein gegründet, die er 1892 in C. H. Boehringer Sohn umbenannte. Für ca. 70 Jahre gab es damit zwei Unternehmen namens Boehringer. Zur besseren Unterscheidbarkeit benannten sich die Unternehmen Anfang der 1960er Jahre um in Boehringer Mannheim und Boehringer Ingelheim.

  • 1895 machte man bei Boehringer Ingelheim die Entdeckung, dass Milchsäure mit Hilfe von Bakterien in großen Mengen hergestellt werden kann.
  • 1924 entstand ein zweites Werk in Hamburg-Moorfleet.
  • Die Hustenmittel Codyl-Sirup und Acedicon kamen Ende der 1920er Jahre auf den Markt.
  • Die Herstellung von Lindan wurde ab 1946 und 1951 in den Boehringer-Werken Ingelheim und Hamburg aufgenommen.
  • 1946 kam der Produktionsstandort Dr. Karl Thomae GmbH in Biberach an der Riß hinzu. Dort wird bis heute erfolgreich geforscht. Am Standort Biberach arbeiten etwa 4500 Mitarbeiter.
  • 1952 kam es in Hamburg-Moorfleet zu einem schweren Unfall, an dem 30 Arbeiter an einer Chlorakne erkrankten.
  • Bei Thomae in Biberach nahm das Biotechnikum als erster biotechnologischer Herstellungsbetrieb in Deutschland die Produktion auf.
  • Im Dezember 1984 schloss Boehringer das Werk in Hamburg-Moorfleet. Bereits im Juni war die Produktion eingestellt worden, nachdem das Verwaltungsgericht Hamburg die Lagerung von dioxinhaltigen Abfällen auf dem Betriebsgelände untersagt und auch die Umweltbehörde mehrere Auflagen erteilt hatte.
  • Wichtige Neueinführungen der letzten Jahre sind Spiriva für chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD), Pradaxa zur Vorbeugung der Bildung von Blutgerinnseln, Viramune und Aptivus gegen HIV, Mobec gegen rheumatoide Arthritis und Sifrol gegen die Parkinson-Krankheit und das Restless-Legs-Syndrom.

Produktportfolio

Boehringer Ingelheim ist in vier Geschäftsbereichen tätig: Humanpharma, Pharmachemikalien, Tiergesundheit und Mikrosystemtechnik.[8] Schwerpunkt bildet dabei der Humanpharma-Bereich, der sich wiederum in verschreibungspflichtige Medikamente (etwa 80% des Umsatzes) und Selbstmedikation (etwa 10%) aufteilt.[9]

Verschreibungspflichtige Medikamente

Bei den folgenden verschreibungspflichtigen Medikamenten handelt es sich um die wichtigsten Umsatzträger für das Unternehmen:

Als Umsatzbringer der Zukunft sieht das Unternehmen neue Produkte wie Pradaxa mit dem Wirkstoff Dabigatranetexilat, bei dem es sich um einen direkten Thrombin-Hemmer zur Verhinderung von Thromboembolien nach Operationen zum Hüftersatz oder Kniegelenksersatz handelt.

Große Erwartungen setzte das Unternehmen in eine mögliche Zulassung von Flibanserin zur Behandlung von Frauen, welche unter vermindertem sexuellem Verlangen leiden. Das Unternehmen veröffentlichte im November 2009 dazu Ergebnisse von zulassungsrelevanten Phase-III-Studien, die weltweit in den Medien auf sehr großes Interesse stießen.[10][11][12] Auch in sozialen Medien diskutierten Fachleute und Laien intensiv über den neuen therapeutischen Ansatz, der fälschlicherweise mit Viagra verglichen wurde. Im Oktober 2010 gab das Unternehmen bekannt, dass die Entwicklung von Flibanserin eingestellt wurde. Hintergrund dieser Entscheidung war eine im Juli 2010 ausgesprochene Empfehlung eines Expertengremiums des US-Gesundheitsministeriums bezogen auf die Verhältnismäßigkeit von Nutzen und Risiken der Therapie.

Weitere wichtige / bekannte verschreibungspflichtige Produkte sind für das Unternehmen darüber hinaus:

Selbstmedikation

Die wichtigsten Produkte von Boehringer Ingelheim im Bereich Selbstmedikation:

Mikrosystemtechnik

Am Standort Dortmund entwickelt und produziert die Boehringer Ingelheim microParts GmbH Inhalationssysteme und Mikrosystemtechnik. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Systemen für die Arzneimittelzuführung über die Atemwege. Das treibgasfrei-betriebene Vernebelungsgerät, das von Boehringer Ingelheim microParts entwickelt wurde, nennt sich Respimat Soft Inhaler. Der Ausstoß des Wirkstoffnebels dauert ca. 1,5 Sekunden im Gegensatz zu 0,3 Sekunden bei anderen Vernebelungsgeräten. Diese um den Faktor fünf erhöhte Nebeldauer führe zu einer besseren Wirkstoffverteilung in den Atemwegen.

Öffentliche Wahrnehmung

Positive Wahrnehmung

Das Unternehmen, sowie die Eignerfamilie, engagiert sich vielfältig im Bereich unternehmerische Gesellschaftsverantwortung. So erhielt die Universität Mainz beispielsweise 2009 eine Spende über 100 Millionen Euro, um die Errichtung eines internationalen Exzellenzzentrums für Lebenswissenschaften zu fördern.[13]

Boehringer Ingelheim unterhält mehrere Stiftungen,[14][15] die sich hauptsächlich der Förderung von medizinischer Forschung sowie der Förderung von Nachwuchskräften widmen. Darüber hinaus unterstützt das Unternehmen verschiedene lokale und weltweite Projekte.[16]

Negative Wahrnehmung

Im Zusammenhang der von Boehringer Ingelheim hergestellten AIDS-Medikamente wird dem Hersteller vorgeworfen, den Zugang zu diesen Medikamenten durch patentrechtliche Maßnahmen zu erschweren. So hat Boehringer Ingelheim z. B. in Indien einen Patentantrag auf den von ihnen entwickelten Wirkstoff gestellt – entsprechende Medikamente werden dort zur Zeit noch zum Viertel des von Boehringer Ingelheim verlangten Preises hergestellt. In Kenia drohte die Firma Apotheken und Medikamentengroßhändlern mit rechtlichen Schritten, sollten diese weiterhin das kostengünstigere indische Präparat importieren.[17]

Das Unternehmen verweist darauf, dass keinerlei Lizenz- oder andere Gebühren erhoben werden und der Zugang zu kostengünstigen AIDS-Medikamenten so nicht behindert wird. Dieser Sachverhalt wurde mittlerweile auch von den Initiatoren der Kampagne bestätigt. Diese soll dennoch weitergeführt werden, da Boehringer Ingelheim nicht grundsätzlich auf das geistige Eigentum an seinem Wirkstoff verzichten möchte und so in der Zukunft vielleicht doch irgendwann Gebühren erheben könnte.

Laut einem Artikel des Nachrichtenmagazins Der Spiegel von 1991 lieferte Boehringer 1967 eine Menge von 720 Tonnen Trichlorphenolatlauge an das in Neuseeland ansässige Unternehmen Dow Watkins, ein Tochterunternehmen von Dow Chemical. Die Chemikalie diente zur Herstellung des Herbizids Agent Orange.[18] Boehringer Ingelheim räumte die Angaben ein Jahr nach Erscheinen des Artikels ein.[19]

Der Dioxinskandal um das Industrieunternehmen Boehringer hatte seinen Ursprung in Hamburg-Billbrook: Boehringer betrieb an der Andreas-Meyer-Straße an der Grenze zu Moorfleet ein Herbizidwerk, dessen Dioxinausstoß viele Arbeiter erkranken ließ. Im Jahr 1984 musste die Fabrik geschlossen werden. Das Gelände wurde bis in die 1990er Jahre hinein saniert, was jedoch zu keiner nennenswerten Entlastung des Bodens führte, so dass seit 1994 der Bereich weiträumig durch metertiefe Spundwände von der Umgegend abgetrennt wurde.

Statistische Untersuchungen haben für die ehemalige Belegschaft der Firma C. H. Boehringer-Sohn im 1984 stillgelegten Werk Hamburg-Moorfleet, in dem es bei der Pestizidproduktion zu Dioxinbelastungen kam, ein im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöhtes Krebsrisiko gezeigt.[20]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.boehringer-ingelheim.com/corporate_profile/financial_highlights.html
  2. [1]
  3. Zeitungsmeldung der HAZ zur Besetzung des Geländes in Hannover
  4. Zeitungsmeldung der HAZ zur Räumung
  5. Website der Aktivisten
  6. [2]
  7. Florian Langenscheidt, Bernd Venohr (Hrsg.): Lexikon der deutschen Weltmarktführer. Die Königsklasse deutscher Unternehmen in Wort und Bild. Deutsche Standards Editionen, Köln 2010, ISBN 978-3-86936-221-2.
  8. [3]
  9. [4]
  10. [5]
  11. [6]
  12. [7]
  13. [8]
  14. [9]
  15. [10]
  16. [11]
  17. [12] und [13]
  18. Cordt Schnibben: Der Tod aus Ingelheim. In: Der Spiegel. Nr. 31, 1991, S. 102ff (online).
  19. Eine unselige Geschichte. In: Der Spiegel. Nr. 48, 1992, S. 64ff (online).
  20. A. Manz u. a.: Cancer mortality among workers in chemical plant contaminated with dioxin In: The Lancet Volume 338, Issue 8773, 1991, S. 959–964 doi:10.1016/0140-6736(91)91835-I
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