Betriebsvergleich

Betriebsvergleich

Unter Betriebsvergleich versteht man eine Methode, um durch Vergleich von betrieblichen Kenn- und Vergleichsgrößen zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Neben finanzwirtschaftlichen Zahlen wie Umsatz- und Kostengrößen können und werden häufig auch Leistungskennzahlen verglichen.

I.d.R. wird unter Betriebsvergleich der „externe“ Vergleich des eigenen Unternehmens mit anderen Unternehmen verstanden. Denkbar ist jedoch auch der „interne“ Betriebsvergleich, bei dem die Kennzahlen innerhalb des eigenen Betriebes z. B. entlang der Organisationsstruktur (Geschäftsbereich, Filiale, Abteilung oder Warengruppe), der zeitlichen Dimension (aktuelles Jahr, Vorjahr, Zeiträume) oder des Werttyps (Ist, Plan, Forecast) verglichen werden.

Eine Weiterentwicklung des Betriebsvergleichs stellt das Benchmarking dar, bei welchem der Schwerpunkt auf dem Vergleich von Prozessen und deren Leistungskenngrößen liegt. Dadurch werden auch Betriebe unterschiedlicher Branchen und Größen vergleichbar, sofern der zu vergleichende Prozess dasselbe Aufgabengebiet abdeckt. Bei den Prozessvergleichen des Benchmarking geht es darum, die Best Practice zu identifizieren, um so systematisch von einem Musterbetrieb mit der besten Erfolgsmethode zu lernen.

Inhaltsverzeichnis

Funktion und Nutzen

Betriebsvergleiche erfüllen mehrere Funktionen und können damit Nutzen in vielen Bereichen stiften:

Lernfunktion - Durch die Feststellung von Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten hilft der Betriebsvergleich beim Auffinden von Schwachstellen und deren Ursachenanalyse.

Motivationsfunktion – Durch das Setzen von Zielmarken und das Vergleichen mit diesen können abstrakte Unternehmensziele wie Liquidität, Rentabilität, Servicefreundlichkeit konkretisiert werden. Der konkrete Vergleich mit einem Vergleichsbetrieb kann so Wettkampfgeist wecken nach dem Motto „das schaffen wir auch“.

Bewertungs- und Kontrollfunktion – Die Einordnung und Positionsbestimmung der wirtschaftlichen Situation des Betriebes anhand von gewonnenen Maßstabs- und Normgrößen dient nicht nur der eigenen Existenzsicherung, sondern wird auch von betriebsexternen Stellen genutzt z. B. im Rahmen des Kreditrating der Hausbanken oder einer Kaufprüfung (Due Diligence) eines Investors.

Wirkungsprognosefunktion – Durch die Analyse des Einflusses verschiedener Kenngrößen auf z. B. den Betriebsgewinn anhand der Kennzahlenstruktur von Vergleichsbetrieben wird versucht, Gesetzmäßigkeiten abzuleiten, um die Erfolgsaussichten von z. B. Investitionen beurteilen zu können und damit Entscheidungsunterstützung zu leisten.

Da diese Funktionen auch alle in ähnlicher Form durch das Controlling wahrgenommen werden, ist der Betriebsvergleich ein wichtiges Controlling-Werkzeug.

Entstehen und Historie der Betriebsvergleiche

Wirtschaftszeitungen stellten im 19. Jahrhundert als erste Betriebsvergleiche an, als mit dem Gründen von Eisenbahngesellschaften und deren Finanzierung über Aktienausgabe sich Börsenanleger fragten, wie diese Unternehmen zu bewerten seien.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts veröffentlichten Verbände (Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels, Verein deutscher Maschinenbauanstalten) erstmalig Vergleichskennzahlen ihrer Branchen. In den 20er Jahren bauten Finanzbehörden die Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung auf. Systematische Betriebsvergleiche oder Betriebsuntersuchungen begannen 1928 das Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit (RKW) und die Forschungsstelle für den Handel (FFH) in Berlin, ab 1930 für das Handwerk das Handwerksinstitut in Karlsruhe, ab 1936 der Deutsche Sparkassen- und Giroverband.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erstellen von staatlicher Seite das Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft (RKW) als auch das Statistische Bundesamt Kennzahlen und Kostenstrukturerhebungen. Verbände wie die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels und der Gesamtverband des Deutschen Groß- und Außenhandels erstellen in Kooperation mit dem Institut für Handelsforschung an der Universität Köln (IfH) seit 1949 Betriebsvergleiche.

Inhalte und Form

Betriebsvergleiche arbeiten vorrangig mit Verhältniszahlen, da absolute Zahlen aufgrund unterschiedlicher Betriebsgrößen wenig vergleichbar sind und damit ein verzerrtes Bild ergeben.

Der Schwerpunkt der verglichenen Kennzahlen im jeweiligen Betriebsvergleich hängt vom Informationsbedürfnis des Auftraggebers ab:

Betriebsextern veranlasste Vergleiche nehmen in erster Linie die Bewertungsfunktion war, wenn z. B. Finanzbehörden mit ihrer Richtsatzsammlung anhand von Kostenstrukturdaten eingereichte Steuererklärungen verplausibilisieren und Steuern schätzen, um Steuergerechtigkeit herzustellen. Banken versuchen, anhand hausinterner Betriebsvergleiche Ausfallrisiken von Kreditengagements zu bewerten im Rahmen ihres Risikomanagements.

Durch das Unternehmen veranlasste Betriebsvergleiche dagegen werden auch durch die übrigen Nutzenfunktionen motiviert, so dass hier neben reinen Finanz- und Strukturdaten auch Leistungskennzahlen und Beziehungszahlen gefragt sind - wie Anzahl, Auslieferungen, Kunden, Maschinenstunden, Umsatz je Kunde etc.

Das Ziel ist, die Effizienz von Betrieben zu vergleichen, um brachliegende Potentiale zu erkennen und zu lernen, wie sich die Ergebnisse verbessern lassen.

Träger und Anbieter von Betriebsvergleichen

Die Träger von Betriebsvergleichen lassen sich unterscheiden nach öffentlichen und privaten sowie nach der Intention der Erstellung des Zahlenwerkes: zur internen Verwendung oder zur Veröffentlichung (im Falle privater Anbieter gegen Geld).

Dabei besteht gegenüber den öffentlichen Stellen eine Auskunftspflicht (Statistisches Bundesamt, Finanzbehörden, RKW) und die Ergebnisse werden anonymisiert unentgeltlich veröffentlicht. Bei privaten Trägern können Betriebsvergleiche käuflich erworben werden, oftmals unter der Voraussetzung, dass eigene Daten in den Vergleich gemeldet werden, so bei der DATEV oder dem IfH Köln.

In den Betriebsvergleich von Banken und Sparkassen gehen die finanzwirtschaftlichen Zahlen der Kreditkunden ein, ohne dass diese das Ergebnis einsehen oder die Zahlenmeldung verweigern können, da diese Vergleiche bankinterne Statistiken zur Kreditwürdigkeitsprüfung bleiben.

Weitere private Träger von Betriebsvergleichen sind Verbände, Verbundgruppen (z. B. Einkaufskooperationen) oder Erfahrungsaustauschgruppen (ERFA-Gruppen), an denen ein Unternehmen als Mitglied teilnehmen kann oder muss (je nach Satzung des Trägers). Hier sind sowohl der Empfängerkreis der Auswertungen bekannt oder eingrenzbar und auch die meldenden Betriebe können innerhalb des Teilnehmerkreises bekannt und identifizierbar sein. Erstellt werden diese Vergleiche entweder hausintern oder von externen Dienstleistern.

Literatur

Norbert Zdrowomyslaw und Robert Kasch: Betriebsvergleiche und Benchmarking für die Managementpraxis: Unternehmensanalyse, Unternehmenstransparenz und Motivation durch Kenn- und Vergleichsgrößen 2002 (ISBN 978-3486259353)

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