Belo Monte

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Wasserkraftwerk Belo Monte

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Lage
Wasserkraftwerk Belo Monte (Brasilien)
Wasserkraftwerk Belo Monte
Koordinaten 3° 31′ 8,1″ S, 51° 56′ 36,1″ W-3.518904-51.943359Koordinaten: 3° 31′ 8,1″ S, 51° 56′ 36,1″ W
Land Brasilien
Gewässer Rio Xingu
Daten
Primärenergie Wasserkraft
Leistung ca. 11.000 Megawatt
Typ Speicherkraftwerk
Betreiber Eletronorte / Eletrobrás
Turbine 20 x 550 MW Francis-Turbinen
(Belo Monte) +
9 x 25,9 MW Rohrturbinen (Pimental)
Website www.belomonte.gov.br

Das Wasserkraftprojekt Belo Monte (pt. Aproveitamento Hidrelétrica (AHE) Belo Monte = Hydroelektrische Nutzung Belo Monte) ist ein derzeit (Stand September 2011) in Bau befindliches Großprojekt zur Gewinnung von elektrischer Energie aus Wasserkraft am Fluss Xingu, einem Seitenfluss des Amazonas in Brasilien.

Über drei Talsperren soll der Fluss zu zwei Stauseen mit einer Fläche von zusammen etwa 500 km² aufgestaut werden, entsprechend in etwa der Größe des Bodensees. Dafür müssen nach offiziellen Angaben voraussichtlich etwa 20.000 Menschen umgesiedelt werden.

Das integrierte Wasserkraftwerk soll nach seiner Fertigstellung mit einer installierten Leistung von mehr als elf Gigawatt das leistungsmäßig drittgrößte Kraftwerk der Welt werden.[1][2][3] Die Baukosten werden auf 11 Mrd. $ geschätzt.[4]

Die Inbetriebnahme ist für 2015 geplant.[3] Derzeit (September 2011) gilt jedoch ein gerichtlicher Baustopp.[5]

Inhaltsverzeichnis

Projektbeteiligte

Das Projekt AHE wird vom Brasilianischen Umweltministerium, dem Brasilianischen Bergbau- und Energieministerium und den beiden großen staatlichen brasilianischen Stromversorgungskonzernen Eletronorte und Eletrobrás vorangetrieben.

Für den Bau haben sich Betreiber und Investoren zum Konsortium Norte Energia SA zusammengeschlossen. Dem Konsortium gehören verschiedene staatliche und private Firmen sowie brasilianische Pensionsfonds an, 49,98 % der Anteile sind im Besitz von Eletrobrás.[6]

Zu den beteiligten europäischen Firmen gehören als Zulieferer Alstom, Andritz und Voith.

Entwicklungsgeschichte

Seit Mitte der 1970er-Jahre gab es entsprechende Pläne. Anfangs war das Projekt deutlich größer geplant; der Stausee sollte etwa 2000 km² groß werden und auch den Nebenfluss Rio Bacajá mit aufstauen. Ende der 1980er-Jahre wurden die Pläne zunächst konkreter, dann wegen des Widerstandes von Umweltschützern und Ureinwohnern aber zurückgezogen. Unter Lula da Silva, Präsident vom 1. Januar 2003 bis zum 1. Januar 2011, wurde die Planung in deutlich verkleinerter Form im Rahmen des Programms für beschleunigtes Wachstum (Programa de Aceleração do Crescimento - PAC) wiederaufgenommen.

Im Februar 2010 kündigte der Umweltminister von Brasilien, Carlos Minc, die kurzfristige Erteilung der umweltrechtlichen Baugenehmigung an.[1][7] Der Betreiber müsse umfangreiche Auflagen erfüllen und Ausgleichs- und Entschädigungsmaßnahmen für die Eingriffe in die Natur und die Umsiedelung von Bewohnern leisten.

Im April 2010 wurde dem Konsortium Norte Energia SA der Zuschlag zur Nutzung des Wasserkraftprojektes erteilt.[6] Am 26. August 2010 unterzeichnete Lula da Silva den Konzessionsvertrag, die Laufzeit beträgt 35 Jahre.[8]

Am 26. Januar 2011 erteilte das brasilianische Umweltbehörde IBAMA eine partielle Baugenehmigung für den Staudamm. Diese erstreckt sich auf erste Baumaßnahmen, inklusive der Rodung von 238 Hektar Regenwald, sowie dem Beginn von Einebnungsarbeiten und dem Bau von Zugangsstraßen und Lagerungsarealen.[9][10] Ein zwischenzeitlicher Baustopp wegen der Nichteinhaltung von Umweltauflagen wurde am 3. März 2011 vom brasilianischen Bundesgericht wieder aufgehoben.[11]

Ende September 2011 verhängte ein brasilianisches Gericht erneut einen vorläufigen Baustopp wegen der Beeinträchtigung des Fischfangs der im Einflussgebiet lebenden Ureinwohner.[5]

Geographie und Bauwerke

Der geplante Stausee soll nahe der Stadt Altamira im Bundesstaat Pará entstehen. Von Altamira flussabwärts bis Vitória do Xingu zieht der Xingu eine weite Schleife von etwa 100 km Länge mit geringem Gefälle. Durch Aufstauen und mit Hilfe von zwei Kanälen soll ein künstlicher Durchbruch durch diese Schleife - quasi eine "Abkürzung" - mit erhöhtem Gefälle entstehen. Diese Fallhöhe soll zur Stromerzeugung genutzt werden.

Das Kraftwerk Belo Monte liegt unmittelbar an der Nationalstraße BR-230, der Rodovia Transamazônica, die östlich des Kraftwerkes den Xingu kreuzt.

Zum Aufstauen des Xingu sollen drei Talsperren errichtet werden:

Talsperre Pimental (Xingu-Stausee)

Die Talsperre Pimental bei der Insel Pimental etwa 30 km südöstlich von Altamira (3° 24′ 4″ S, 51° 57′ 6″ W-3.401016-51.951599), sperrt den Hauptlauf des Xingu ab. Hierdurch wird das Flussbett bis etwa 50 km oberhalb von Altamira zum Xingu-Stausee (Reservatório Xingu) mit eine Fläche von mehr als 200 km² aufgestaut. Auch Teile der Stadt Altamira werden überflutet.

Die Staumauer Pimental ist mit etwa 6 km das mit Abstand längste der drei Staubauwerke. Sie enthält auch ein Kraftwerk, welches aber mit einer installierten Leistung von nur 233 MW (9 Rohrturbinen à 25,9 MW) im Vergleich mit dem unten genannten Hauptkraftwerk vernachlässigbar klein ist.

Vom Xingu-Stausee zweigen oberhalb der Talsperre Pimental zwei Umleitungskanäle (Canais de Derivação) ab, die das Wasser des Xingu durch das hügelige Land östlich von Altamira zum zweiten großen Stausee, dem Kanal-Stausee (Reservatório dos Canais), umleiten.

Talsperre Bela Vista (Kanal-Stausee)

Die Talsperre Bela Vista, etwa auf halber Länge der Xingu-Schleife (3° 19′ 47″ S, 51° 45′ 39″ W-3.329728-51.760712) sperrt ein Seitental des Kanal-Stausees ab und sorgt so dafür, dass der Stausee nicht vorzeitig in das Bett des Xingu ausläuft.

Die Talsperre Bela Vista enthält keine Turbinen zur Stromerzeugung.

Talsperre und Kraftwerk Belo Monte (Kanal-Stausee)

Nahe dem kleinen Ort Belo Monte am Ufer des Xingu (3° 8′ 9″ S, 51° 46′ 23″ W-3.135717-51.773071) soll das Hauptkraftwerk des Projektes entstehen. Im Maschinenhaus sollen 20 Francis-Turbinen mit einer Leistung von je 550 MW installiert werden.

Das Kraftwerk wird nach seiner Fertigstellung voraussichtlich das leistungsmäßig drittgrößte Kraftwerk der Welt werden, nach dem Kraftwerk am Drei-Schluchten-Damm in China mit 18,3 GW und dem Kraftwerk Itaipú an der Grenze zwischen Paraguay und Brasilien mit 14 GW. Das Kraftwerk soll etwa 11% des brasilianischen Strombedarfes abdecken.[1][2]

Kritik

Das Projekt steht massiv in der Kritik seitens bekannter Nichtregierungsorganisationen und Aktivisten für Umweltschutz, Entwicklungshilfe, Nachhaltigkeit und Menschenrechte.[12][13][14][15][16]

Die Kritik betrifft vor allem die Auswirkungen auf Natur und Umwelt durch die Überflutung von etwa 516 km² Ackerland und wertvollem Regenwald sowie die geplanten Umsiedlung von Menschen, darunter Ureinwohner.[17] Der gewonnene Strom diene nicht primär den Menschen in der Region, sondern vor allem der energieintensiven Montanindustrie.[18]

Daneben wird auch die staatliche Finanzierung kritisiert und die Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt.[19]

An Stelle des Staudamms verweisen die Kritiker auf das große Energieeinsparpotential Brasiliens, das sich auf ein Vielfaches der Staudammleistung belaufe.[19][20]

Umwelt- und Naturschutz

Umweltschützer befürchten durch die Umlenkung und Aufstauung des Flusses schwerwiegende Eingriffe in das Ökosystem des Xingu, insbesondere der Fischbestände, deren Wanderung und Bestand insgesamt durch die Talsperren behindert wird. Diverse an das Leben in den Stromschnellen des Xingu angepasste Welse (u.a. Hypancistrus zebra, Hypancistrus sp., und viele mehr), rheophile Salmler, Buntbarsche und noch unerforschte Arten der Stromschnellenbereiche und anderer Lebensräume sind akut vom Aussterben bedroht. Betroffen sind hunderte Arten, viele davon endemisch.

Verdrängung indigener Bevölkerung

Nach Einschätzungen von Kritikern werden durch den Staudamm bis zu 40.000 Menschen verdrängt und das Projekt bedroht die Lebensgrundlage von Ureinwohner aus 18 verschiedenen ethnischen Gruppen.[19][21]

Wenngleich keines der Reservate der brasilianischen Ureinwohner direkt durch Gebietsüberflutung oder von Umsiedelungen tangiert wird, sind verschiedene Stämme aus der Gruppe der Xingu-Indios indirekt durch die Veränderung das Flusses, ihrer Lebensgrundlage, betroffen. Besonders zu nennen sind hier die Juruna, deren Stammesgebiet Paquiçamba unterhalb der Talsperre Pimental liegt, wo der Xingu nach dem Bau deutlich weniger Wasser führen wird.

Der Staudamm stellt insbesondere für die unkontaktierten Indigenen Brasiliens ein Überlebensrisiko dar, da sie wahrscheinlich nur schwache Abwehrkräfte gegen Krankheiten wie Grippe besitzen. Die Zuwanderung von Arbeitern und Siedlern in das Gebiet würde die Ansteckungsgefahr stark erhöhen

Die Indios sollen für ihre Opfer mit 1,5 Milliarden R$ (570 Mio. €) entschädigt werden. Die Glaubwürdigkeit dieser Ankündigung wird jedoch von Kritikern mit Hinweis auf nicht eingehaltene Zusagen der Vergangenheit bezweifelt.[18]

2010 besuchte der kanadische Regisseur James Cameron die Juruna, Xipaia und Xikrin Kayapó, die sich gegen die Umsiedlung von 12.000 Bewohnern und die Zerstörung ihrer Kultur wehren.[22][23] Der britische Rocksänger Sting und die US-amerikanische Schauspielerin Sigourney Weaver sind weitere prominente Künstler, die die Indianer unterstützen. Sting hatte schon 1989 den Protest gegen das Projekt unterstützt.[24]

Der deutsche Filmemacher Martin Keßler veröffentlichte im Jahre 2011 ein Video von 10 Minuten Länge in dem er über den Widerstand gegen das Projekt berichtete und Interviews unter anderem mit dem Träger des alternativen Nobelpreises Bischof Dom Erwin Kräutler führte. Der Titel des Videos ist Count-Down am Xingu.

Im Januar 2011 gab die Umweltbehörde ihre Erlaubnis zum Bau des Dammes, daraufhin protestierten Anfang Februar Indianer gegen den Bau in der Hauptstadt Brasilia.[25]

Einzelnachweise

  1. a b c ntv.de: 20.000 Menschen müssen weichen. Riesen-Staudamm für Brasilien (Zugriff am 2. Februar 2010)
  2. a b Bernd Schröder Wasserkraftwerk Belo Monte, 28. Mai 2006, online auf heise.de (Abgerufen am 2. Februar 2010)
  3. a b Wirtschaftsblatt
  4. Basler Zeitung
  5. a b orf.at: Baustopp für Mega-Staudamm in Brasilien
  6. a b The Rio Times: Belo Monte Dam Bid Won, 27. April 2010.
  7. Der Standard: Riesenstaudamm spaltet Amazonien
  8. Die Presse: Bau von Mega-Kraftwerk im Amazonas-Gebiet, 27. August 2010.
  9. http://www.survivalinternational.de/nachrichten/6961
  10. Auftakt für den Bau des Mega-Staudamms. In: Focus. 27. Januar 2011, abgerufen am 30. Januar 2011.
  11. Die Presse: Amazonas-Kraftwerk: Gericht hebt Baustopp auf, 4. März 2011.
  12. Artikel im Amazonas-Magazin
  13. Informationen der Nichtregierungsorganisation Greenpeace Brasil (Portugiesisch)
  14. Xingu Vivo para Sempre (Portugiesisch)
  15. International Rivers.org
  16. Plattform Belo Monte - Solidarität mit den Menschen am Xingu
  17. telmadmonteiro.blogspot.com
  18. a b Gesellschaft für bedrohte Völker e.V.
  19. a b c avvaz.org Unterschriftensammlung der Kampagnenplattform Avaaz
  20. wwf.at (gelesen 20. Januar 2011)
  21. Staudammprojekt "Belo Monte" in Brasilien - Indigene Völker und Amazonasregenwald in Gefahr
  22. James Cameron, in real life, fights to save indigenous groups from massive dam construction in Brazil. In: Mongabay. 1. April 2010
  23. Tribes of Amazon Find an Ally Out of ‘Avatar’. In: New York Times. 10. April 2010.
  24. Die Presse: Promis kämpfen gegen Super-Staudamm
  25. Brazil: Indigenous tribes protest against Amazon dam, in: BBC News, 8. Februar 2011.

Weblinks


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