Beginenturm (Hannover)

Beginenturm (Hannover)
Beginenturm mit Stadtmauerrest, links Vorderseite, rechts Rückseite offen als Schalenturm

Der Beginenturm ist ein denkmalgeschützter Wehrturm Am Hohen Ufer in Hannover.[1] Der Turm wurde 1357 erstmals als „De nye Torn“ erwähnt und war Teil der Stadtbefestigung Hannover.[2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Beginenturm wurde im Garten des seinerzeitigen Beginen-Konvents „als letzter und stärkster Turm der Stadtmauer“ erbaut,[3] von der sich noch Reste im Innern des Historischen Museums finden.[4] Der bewusst gewählte Standort in Sichtweite der Burg Lauenrode am gegenüberliegenden Ufer der Leine war ein deutlicher Fingerzeig des Selbstbewusstseins der Stadt gegenüber dem damaligen Herrn des Landes.[3]

Die Außenmauer des bis 1649 errichteten Zeughauses wurde direkt an den Turm angebaut
Der Turm mit dem alten Zeughaus, davor führt ein Weg nach links hinab zur ehemaligen Pferdeschwemme
Ansichtskarte Nummer „98“ von Ludwig Hemmer

Laut dem Denkmalpfleger Arnold Nöldeke wurde der Turm auf einem Fundament errichtet, dessen Tiefe bei Ausgrabungsarbeiten in mehr als 4,20 m noch nicht erreicht war. Auf diesem Fundament errichteten die Hannoveraner drei abgesetzte Geschosse aus Quadern sehr verschiedener Größe.[2][5] Baumaterial des bis zu 3 m dicken und rund 23 m hohen Schalenturms war Lindener Kalkstein.[3] Entsprechend der Stadttafel Nummer 19 wurde auch Material des romanischen Vorgängerbaus der Marktkirche verwendet.[6] Das Erdgeschoss wurde erst später im Innern überwölbt, während die zur Seite der Altstadt hin offenen Obergeschosse zwischen 1660 bis 1944 mit Fachwerkwänden geschlossen wurden.[3]

Anfang des 16. Jahrhunderts diente der Turm mehrfach als Gefängnis, unter anderem 1526 im Vorfeld der Reformation.[7]

Beginnend im Dreißigjährigen Krieg wurde von 1642 bis 1649 das ehemalige Zeughaus direkt an den Turm angebaut. Die Reste dieses Gebäudes wurden 1966 Bestandteil des Historischen Museums.[3]

Der Turm wurde im 18. Jahrhundert auch als Magazin zur Bevorratung von Torf genutzt,[3] der damals „das wichtigste Heizmaterial“ war.[8]

1896 wurde im Zusammenhang mit dem Errichtung der Flußwasserkunst ein Bauwettbewerb ausgeschrieben, durch den der Beginenturm zum historisierenden Wasserturm umgestaltet werden sollte.[3]

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente der Turm ab 1948 als Künstleratelier. 1972 bis 2007 nutzte die Gaststätte „Turm“ die unteren Geschosse des Gebäudes.[3]

Aktueller Umbau

Derzeit (2011) wird die Einbeziehung des Beginenturmes als Teil des Historischen Museums betrieben. Unter Berücksichtigung konstruktiver Kritik des Heimatbundes Niedersachsen sollen nach Abschluss der Umbauarbeiten in den unteren drei Geschossen gesonderte Ausstellungsräume zur Geschichte des Turmes eingerichtet werden. Die darüber liegenden beiden Geschosse sollen als verglaste Erlebnisräume[9] „ungeahnte Blicke auf die Stadt ermöglichen“.[10]

2011 wurde der Turm eingerüstet und zunächst von außen saniert.[11] Zum Tag des offenen Denkmals waren im Innern noch keine neuen Treppen eingebaut, bei großem Andrang konnten daher maximal je zehn Besucher das Erdgeschoss besichtigen - bei Wartezeiten bis zu einer Stunde.[12]

Siehe auch

Literatur

  • Arnold Nöldeke: Befestigung. In: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. 1: Regierungsbezirk Hannover, Heft 2: Stadt Hannover, Hannover 1932, S. 42ff., hier v.a. S. 51f.
    • Neudruck: Wenner Osnabrück, 1979. Teil 1: Denkmäler des „alten“ Stadtgebietes Hannover (Eingemeindungsstand bis 1. Januar 1870), ISBN 3-87898-151-1
  • Gerd Weiß, Marianne Zehnpfennig: Die Befestigung der Altstadt. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, Bd. 10.1, hrsg. von Hans-Herbert Möller, Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1983, ISBN 3-528-06203-7;
    • Anlage zu Bd. 10.2: Am Hohen Ufer 1/Ecke Pferdestraße (Beginenturm, Teil der Stadtmauer, Rest der Zeughausmauer. In: Mitte. In: Hans-Herbert Möller (Hrsg.): Baudenkmale in Niedersachsen. Band 10. Wolfgang Neß u. a.: Stadt Hannover. Teil 2, ISBN 3-528-06208-8, S. 3ff.
  • Helmut Knocke: Beginenturm. In: Stadtlexikon Hannover, S. 54

Weblinks

 Commons: Beginenturm (Hannover) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gerd Weiß, Marianne Zehnpfennig: Die Befestigung der Altstadt ...
  2. a b Arnold Nöldeke: Befestigung
  3. a b c d e f g h Helmut Knocke: Beginenturm
  4. Helmut Knocke, Hugo Thielen: Pferdestraße 6. In: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, S. 178
  5. Anm.: Ein Foto von 1905 - ohne Urheberrechts-Nachweis ist bei Nöldeke auf S. 48 als „Abb. 9. Hannover; Beginenturm von der Insel aus“ abgebildet.
  6. Ralph Anthes: Stadtafeln von Hannover / Beginenturm (Tafel 19)
  7. Siegfried Müller: Beginenturm. In: Geschichte der Stadt Hannover, Bd. 1, Von den Anfängen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts / mit Beitr. von Helmut Plath, hrsg. v. Klaus Mlynek und Waldemar R. Röhrbein, Schlütersche, Hannover 1992, ISBN 3-87706-351-9, S. 122, 128; online: über Google-Bücher
  8. Carl-Hans Hauptmeyer: 1740, in: Hannover Chronik, S. 87
  9. Andreas Schinkel: Der Beginenturm wird zum Museum. In: Hannoversche Allgemeine, 23. Oktober 2009. Abgerufen am 14. Oktober 2011. 
  10. ebd., Zitat Andreas Urban
  11. Vivien-Marie Drews: Beginenturm am Hohen Ufer in Hannover bröckelt. In: Hannoversche Allgemeine, 22. April 2011. Abgerufen am 14. Oktober 2011. 
  12. Bärbel Hilbig, Conrad von Meding: Großer Andrang beim „Tag des offenen Denkmals“ in Hannover. In: Hannoversche Allgemeine, 11. September 2011. Abgerufen am 14. Oktober 2011. 
52.3716999.731335

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