Bantu Education Act

Bantu Education Act

Der Bantu Education Act, Act No. 47 / 1953 (deutsch: Bantu-Bildungs-Gesetz) war ein Gesetz, das am 5. Oktober 1953 vom Parlament von Südafrika verabschiedet wurde. Die Vorbereitungen zu diesem Gesetz lagen in der Verantwortung von Hendrik Verwoerd, dem damaligen Minister für Eingeborenenanliegen (Minister of Native Affairs) und späteren Premierminister. Mit Bantu (als Synonym für Natives) im Sinne des Gesetzes waren alle Bürger Südafrikas gemeint, die als ein „Mitglied jeder eingeborenen Rasse oder jedes Stammes in Afrika (“... a member of any aboriginal race or tribe of Africa; ...) angesehen wurden. Das Gesetz schuf die Grundlagen, um für sie im Rahmen der Apartheidpolitik eine „Bantu-Erziehung“ einzuführen, die qualitativ unterhalb der normalen Schulbildung angesetzt war.

Inhaltsverzeichnis

Zweck und Ziele

Der offiziell deklarierte Zweck dieses Gesetzes bestand in der Übertragung der Verwaltung und Kontrolle über die Eingeborenenbildung jeglicher Art oder Stufe von allen Provinzverwaltungen sowie aller weiterer damit verbundenen Dinge in die Verantwortung der Unionsregierung von Südafrika.[1]

Der Bantu Education Act gehört zu einer Gruppe von Rechtsvorschriften in Südafrika, die zur Legalisierung des Apartheidskonzeptes diente. Es wurde damit allgemein das Ziel verfolgt, die nichtweißen Bevölkerungsgruppen, besonders die schwarzen Südafrikaner, in eine spezifische rechtliche, soziale und kulturelle Indoktrinationslage zu setzen und folglich in eine von der weißen Oberschicht distanzierte bis isolierte Position zu zwingen.

Der Geltungsbereich des Gesetzes erstreckte sich auf jede Schule, Klasse, jedes College oder jede Institutionen für die Bildung von „Bantu-Kindern und Personen“ und auf die Instruktion und die Ausbildung von Personen, die den Lehrerberuf ergreifen wollen, sowie zu deren Weiterbildung existierende Angebotsformen (Paragraph 14).

Im Paragraph 15, Absatz 1 des Bantu Education Act werden umfangreiche Befugnisse aufgeführt, wie das Ministerium die administrative Neuordnung des Bildungswesens für die „Bantu-Bevölkerung“ vornehmen wird. Dazu zählen Regulierungsfragen wie beispielsweise in der Folge zu erlassende Vorschriften über Rechte, Pflichten und Vergütungen. Explizit werden eine Disziplinarordnung für Lehrer sowie die Supervision und Kontrolle durch die zuständige Behörde über Trainings- und Instruktionslehrgänge genannt.

Zur weiteren Umsetzung der nicht genau definierten Ziele wurden nicht näher geregelte oder irgendwie eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten ausdrücklich zugelassen, die differenzierte Entscheidungen für Lehrer, Gruppen, Klassen oder „Lehrer bestimmter Rassen“, oder Schulen und Regionen ermöglichten. Diese Regelung nach Paragraph 15, Absatz 2 ließ dem zuständigen Ministerium die Möglichkeit zum Treffen willkürlicher Entscheidungen offen.

Flankierend zu den massiven Ausgestaltungs- und Einflussnahmemöglichkeiten des Ministeriums wird in Paragraph 12 versichert, dass „in Hinsicht auf das Prinzip der aktiven Beteiligung der Bantubevölkerung an der Kontrolle und dem Management der Staatlichen Bantuschulen, regionale, lokale und schulische Gremien geschaffen werden.“ Dazu stellte man die Einräumung von Rechten, Pflichten, Funktionen und Privilegien für Selbstverwaltungsorgane und nicht näher definierter Bantu-Behörden in Aussicht.

Die Grundlage für diese Doppelstrukturen waren bereits im Jahr 1951 mit dem Bantu Authorities Act geschaffen worden. Das damit begründete dreistufige Verwaltungssystem für die Reservate, die späteren Homelands, sah Möglichkeiten zur Mitverantwortung beim Bau und den Unterhalt von Bildungseinrichtungen vor. Diese Aufgaben konnten durch einzelne Rechtsakte auf deren Regionalbehörden übertragen werden. In den Siedlungsgebieten der schwarzen Bevölkerung, die noch nicht in autonome Homelands übergegangen waren, wurde deren eigene Regionalbehörde durch eine "weiße" Verwaltungsebene geführt.[2]

Mit dem Inkrafttreten des Bantu Education Act richtete man dem südafrikanischen Ministerium für Eingeborenenangelegenheiten die Befugnis ein, von ihm als erforderlich angesehenes Land zu dem Zweck des Umbaus der Bildungsstrukturen enteignen zu lassen.

Verwoerd-Zitat

Von dem zuständigen Minister Hendrik Verwoerd ist folgende Äußerung innerhalb dieser Sachverhalte überliefert:

  • „There is no place for [the Bantu] in the European community above the level of certain forms of labour ... What is the use of teaching the Bantu child mathematics when it cannot use it in practice? That is quite absurd. Education must train people in accordance with their opportunities in life, according to the sphere in which they live.“[3]

Wirkungen

In der damit einsetzenden Situation des Landes unter der eingeborenen schwarzen Bevölkerung hatte die Errichtung staatlich betriebener Schulen die Folge, dass die in großer Anzahl von Missionsgesellschaften und anderen religiösen Trägern betriebenen Schuleinrichtungen (ca. 5000) an den südafrikanischen Staat überführt werden mussten. Damit verfolgte man auch das Ziel, die von der Apartheidspolitik unabhängigen Einflüsse liberaler und englisch beeinflusster Denkhaltungen auf die junge Generation der schwarzen Bevölkerungsgruppe zu beseitigen. Die beabsichtigten Auswirkungen waren eine geringwertige und unzureichende Bildung, die zu einer angestrebten strukturellen Diskriminierung führten.[4][5]

Im Jahr 1969 standen die staatlichen Bildungsausgaben für ein schwarzes Kind im Vergleich zu einem weißen Kind im Verhältnis 17:70. Im Durchschnitt unterrichtete ein Lehrer an einer „Bantu-Schule“ Klassen mit einer Stärke von 51 Schülern. Ein Teil des pädagogischen Personals besaß keine ausreichende Ausbildung. Die langfristigen Folgen jener Politik haben zu anhaltender Massenarbeitslosigkeit und zu einem verbreiteten Bildungsdefizit geführt. Letzteres ist kaum auszugleichen. Dementsprechend waren die jährlichen Zugänge zu den Hochschulen des Landes für viele Jahrgänge von weißen Studenten geprägt. Die verweigerte adäquate Schulbildung erzeugte in manchen Ballungszentren unter der jungen Generation lange schwelende politische Unruhen (siehe Aufstand in Soweto). Eine Wiedereingliederung in die dadurch unterbrochene Schulausbildung und das Erlangen eines Abschlusses erwies sich in vielen Fällen als unmöglich und erzeugte psychologische und soziale Folgeschäden.[6]

Mit diesem Gesetz wurde das aus dem Jahr 1945 stammende Gesetz zur Finanzierung der Bildung der eingeborenen Bevölkerung (Native Education Finance Act, Act No. 29 / 1945) außer Kraft gesetzt.

Literatur

  • Manfred Kurz: Indirekte Herrschaft und Gewalt in Südafrika. Arbeiten aus dem Institut für Afrika-Kunde, Nr. 30. Hamburg (Institut für Afrika-Kunde) 1981
  • Dieter Nohlen (Hrsg.), Franz Nuscheler (Hrsg.): Handbuch der Dritten Welt. Bd. 5 Ostafrika und Südafrika. Bonn (J.H.W. Dietz Nachf.) 1993, 3. Aufl. ISBN 3-8012-0205-4

Einzelnachweise

  1. Gesetzestext Intro (englisch)
  2. Kurz: Indirekte Herrschaft, S. 39
  3. zitiert aus Brian Lapping: Apartheid: a history. London (Grafton/Collins) 1987 ISBN 0-246-13064-4
  4. Nohlen, Nuscheler: Handbuch der Dritten Welt. Bd. 5, S. 431
  5. Kurzbeschreibung des Bantu Education Act 1953. auf www.nelsonmandela.org (Nelson Mandela Centre of Memory and Dialogue) (englisch)
  6. Nohlen, Nuscheler: Handbuch der Dritten Welt. Bd. 5, S. 458-459

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