Merck Finck & Co

Merck Finck & Co
Merck Finck & Co, Privatbankiers
Merck Finck & Co. Logo
Rechtsform oHG
Gründung 1. Juli 1870
Sitz Pacellistraße 16

80333 München, Deutschland

Leitung

  • Michael Krume
  • Georg Freiherr von Boeselager
Mitarbeiter 386 (SZ, 2007)
Branche Privatbank
Website www.merckfinck.de

Die 1870 gegründete Privatbank Merck Finck & Co, hat ihren Hauptsitz in München und ist außerdem mit insgesamt 25 Niederlassungen/Dépendancen bundesweit vertreten. Sie zählt 400 Mitarbeiter und ist eine Tochter der Kredietbank S.A. Luxembourgeoise (KBL). Geführt wird das Haus von zwei persönlich haftenden Gesellschaftern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Stammsitz in München

Merck Finck & Co wurde unter dem Namen Merck, Christian & Co am 1. Juli 1870 von Heinrich Johann Merck und Adolf Karl-Ludwig Christian gegründet. Weitere Kommanditisten waren die Darmstädter Bank für Handel und Industrie und der Industrielle Theodor von Cramer-Klett. Gemeinsam mit seinem Bruder August, der den ausscheidenden Komplementär Christian ersetzte, hielt der bisherige Prokurist Wilhelm Finck bereits 1879 einen Großteil des Firmenvermögens. Im Zuge dieses Wechsels firmierte das Bankhaus in Merck, Finck & Co um.

Das Kerngeschäft der Bank war die Unternehmensfinanzierung und Emission von Unternehmensanleihen. Das Bankhaus war an der Gründung von Unternehmen, wie der Süddeutschen Bodencreditbank AG 1871, des Bürgerlichen Brauhauses 1880, der Isarwerke GmbH 1894 und der Münchener Trambahn AG beteiligt. 1890 zeichnete Merck Finck & Co fast 40 % des Grundkapitals der Allianz Versicherungs-AG. Mit den Beteiligungen übernahm Wilhelm Finck als Vertreter des Bankhauses häufig auch ein Aufsichtsratsmandat und brachte damit seinen wirtschaftlichen Sachverstand in den verschiedensten Unternehmen ein.

Sein Wirken wurde 1905 mit der Berufung zum Reichsrat der Krone Bayerns gewürdigt. Diese brachte der Familie auch die Erhebung in den erblichen Adelsstand.

Nachdem sich das Bankhaus über die Jahrhundertwende im Depositen-, Kredit- und Wertpapiergeschäft positiv entwickelt hatte, unterbrach der erste Weltkrieg den Aufschwung. Der Kapitalmarkt war stark reglementiert. Auch die Phase der Inflation nach Kriegsende verhinderte eine weitere Expansion. Trotz sinkender Einnahmen konnte das Bankhaus seinen Betrieb ohne fremde Unterstützung fortsetzen. Eine weitere Zäsur brachte der Tod von Wilhelm von Finck im Jahr 1924.

Sein Anteil am Bankhaus von nahezu 100 % ging zu gleichen Teilen an seinen Sohn August von Finck senior und seine Töchter Freifrau Margarete von Stengel und Elisabeth Winterstein über.

Der Tod Wilhelm von Fincks und die Übernahme der Bankgeschäfte durch seinen Sohn leiteten eine neue Ära ein. Merck Finck & Co brachte sich stark bei der Gründung von Flugzeugunternehmen ein: Mit der Udet-Flugzeugbau GmbH, der heutigen DASA, und der Süddeutschen Aero Lloyd AG, einer Vorgängerin der Lufthansa, entstanden erste Luftverkehrsunternehmen in Deutschland. In der Weimarer Republik legte die Weltwirtschaftskrise dem Bankwesen weitere Beschränkungen auf. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 ergriff Merck, Finck & Co. die Gelegenheit, das Wiener Privatbankhaus S. M. v. Rothschild zu übernehmen („arisieren“). Diese höchst renommierte österreichische Privatbank, Eigentum von Louis Nathaniel von Rothschild, hatte bis 1931 die Österreichische Creditanstalt kontrolliert. Ab Juli 1938 wurde es durch Merck, Finck & Co. kommissarisch verwaltet, 1940 durch das in Wien neugegründete Bankhaus E. v. Nicolai – hier waren Merck, Finck & Co. mit 71 und die Deutsche Industrie Bank Düsseldorf mit 19 Prozent beteiligt – „arisiert“. Louis Nathaniel von Rothschild erhielt die verbliebenen Werte nach dem Zweiten Weltkrieg zurück, verzichtete jedoch auf eine Wiedererrichtung des Bankhauses S. M. v. Rothschild.

Nach einer Periode zwischen staatlicher Beeinflussung und freiem Unternehmertum unter dem NS-Regime war das Bankhaus Merck, Finck & Co., nicht zuletzt aufgrund der Verstrickung der Eigentümer und leitender Angestellter in die NS-Wirtschaftspolitik, in den Nachkriegsjahren völlig lahmgelegt. Erst 1949 konnte Merck Finck & Co wieder in dem neu aufgebauten Bankgebäude den Geschäftsbetrieb aufnehmen. Das Bankhaus engagierte sich jetzt besonders stark im Wertpapierwesen. Unterstützt von August von Finck junior und später auch Wilhelm Winterstein gelang August von Finck senior so der Wiedereinstieg in den Bankenmarkt.

In den folgenden Jahren expandierte das Bankhaus durch Gründung neuer Niederlassungen auch außerhalb Bayerns. Gemeinsam mit der Familie des Stahlindustriellen Fritz von Waldthausen wurde 1954 das Bankhaus Waldthausen & Co gegründet. Die Geschäfte des Bankhauses Alwin Steffan aus Frankfurt, zu dem schon länger Verbindungen bestanden, übernahm Merck Finck & Co mit dem Tod des Seniorpartners 1963.

Überraschend verkaufte August von Finck junior im Oktober 1990 das Bankhaus an die Barclays Bank Plc. Durch die Steuerreformen der vorangegangenen Jahre hatte man die über Generationen aufgebauten stillen Reserven aufdecken und realisieren müssen. Um die anfallenden Steuern zu bezahlen, waren sogar Teile des über 100 Jahre alten Aktiendepots veräußert worden. Die Barclays-Filialen in Hamburg, Stuttgart und Berlin firmierten in Niederlassungen von Merck Finck & Co um. Da das breite Retail Banking der neuen Muttergesellschaft jedoch nicht mit dem im Bankhaus fest implementierten Private Banking zu vereinbaren war, veräußerte die Barclays Bank Merck Finck & Co 1999 an die Kredietbank S.A. Luxembourgeoise (KBL), zu der es seit dem gehört.

2002 erwarb Merck Finck & Co die deutsche Private Banking-Einheit der WestLB, 2005 erfolgte die Akquisition des Private Banking der Westfalenbank AG.

Am 21. Mai 2010 teilte die indische Investmentgesellschaft Hinduja Group mit, das sie von der belgischen KBC die Sparte KBL European Private Bankers für 1,35 Mrd. Euro übernehmen möchte. Am 16. März 2011 wurde jedoch bekannt, das die luxemburgische Finanzaufsichtsbehörde Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF) ihre Zustimmung zum Verkauf verweigert. Somit verbleibt Merck Finck bis zu einem neuen Verkaufsabschluss im Besitz des belgischen Finanzkonzernes KBC.[1]

Am 10. Oktober 2011 wurde bekannt, das die belgische KBC Group ihre Sparte KBL European Private Bankers für 1,05 Mrd. Euro an eine luxemburgische Holding Namens Precision Capital verkauft, hinter der ein nicht genannter Investor aus Katar steht. Vorbehaltlich der Zustimmung der Regulierungsbehörden soll der Verkauf im ersten Quartal 2012 abgeschlossen werden. Zur KBL-Gruppe gehören unter anderem auch die französische Richelieu Banque Privee, Brown Shipley & Co in Großbritannien und Theodoor Gilissen Bankiers in den Niederlanden.[2]

CEOs

Geschäftstätigkeit

Niederlassung in Frankfurt

Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit liegt in der Beratung und Verwaltung von größeren und großen Vermögen mit privatem und/oder unternehmerischem Hintergrund. Zurzeit sind im Bankhaus 149 Berater tätig.

Das Angebot reicht von der Strategischen Vermögensplanung (Merck Finck Treuhand AG) über die Vermögensverwaltung (Merck Finck Invest Asset Management GmbH) bis hin zur Beratung bei der Vermögens- und Unternehmensnachfolge. Der Bereich Unternehmerberatung bringt private und geschäftliche Strategien von Unternehmern miteinander in Einklang. Die Abteilung Financial Markets fungiert als Brücke zu den Finanzmärkten. Die Market Research Abteilung von Merck Finck & Co findet allgemeine Beachtung in ihrer Branche.

Über den Kapitalgeber, die Kredietbank S.A. Luxembourgeoise (KBL) ist Merck Finck & Co Mitglied des Verbundes European Private Bankers der KBL-Group. Diese Finanzgruppe sowie die Muttergesellschaft der KBL, die börsennotierte KBC-Group mit 50.000 Mitarbeitern an 110 Standorten, ermöglichen es der Bank, grenzüberschreitende Transaktionen im gesamten Euro-Land zu initiieren und durchzuführen.

Den European Private Bankers gehören Privatbanken aus Belgien, Frankreich, Großbritannien, Irland, den Niederlanden, dem Fürstentum Monaco, dem Großherzogtum Luxemburg und der Schweiz an.

Anteilseigner

Merck Finck & Co, Privatbankiers, behält weiterhin die für eine Privatbank charakteristische persönliche Haftung der Geschäftsleitung bei. Michael Krume (Private Banking) und Georg Freiherr von Boeselager (IT, Risk Management, Personal, Back Offices) sowie die Kredietbank S.A. Luxembourgeoise (KBL) sind zurzeit die persönlich haftenden Gesellschafter.

Standorte

Eingang der Niederlassung im Kölner Bankenviertel

Merck Finck & Co, Privatbankiers ist an über 20 Standorten deutschlandweit vertreten. Neben dem Stammhaus in München sind die Privatbankiers in einem weiten Netzwerk in der gesamten Republik präsent.

  • 1870: München
  • 1954: Düsseldorf
  • 1963: Frankfurt am Main (Lindenstraße 27)
  • 1992: Berlin, Hamburg, Stuttgart
  • 2001: Landshut
  • 2002: Köln, Münster, Bielefeld, Nürnberg
  • 2004: Dortmund, Grünwald
  • 2005: Rottweil
  • 2006: Bochum, Augsburg, Lingen
  • 2007: Hannover, Aachen, Ingolstadt
  • 2008: Essen, Heidelberg, Koblenz

Tochterunternehmen

  • Merck Finck Treuhand AG (2001)

MF Stiftung

Merck Finck & Co hat eine Stiftung ins Leben gerufen, um sich gemeinsam mit den Kunden für ausgewählte Förderzwecke zu engagieren. Das Ziel der Stiftung ist es die Gesellschaft in Deutschland bei der Weiterentwicklung wichtiger Zukunftsfelder zu unterstützen. Im Fokus stehen die Themen:

  • Bildung und Erziehung
  • Jugend- und Altenhilfe
  • Wissenschaft und Forschung
  • Kunst und Kultur
  • Natur- und Umweltschutz
  • Öffentliches Gesundheitswesen
  • Denkmalschutz und Denkmalpflege

Literatur

  • Bernhard Hoffmann: Wilhelm von Finck 1848 - 1924. Lebensbild eines deutschen Bankiers. Beck, München 1953.
  • Hans Pohl: 1870-1995. 125 Jahre Geschichte einer Privatbank. o.V., München 1995.
  • Georg Siebert: 1870-1970. 100 Jahre Merck Finck & Co. o.V., München 1970.
  • Peter Melichar: Neuordnung im Bankwesen. Die NS-Maßnahmen und die Problematik der Restitution. In: Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. 11, Oldenbourg, Wien-München 2004, ISBN 3-486-56773-X, S. 391-408 (Falldarstellung: S. M. v. Rothschild mit Quellen und weiterer Literatur).

Einzelnachweise

  1. Neue Pläne für Merck Finck. In: FAZ. 31. März 2011 (http://www.faz.net/artikel/C30563/neue-plaene-fuer-merck-finck-30364986.html).
  2. http://de.reuters.com/article/companiesNews/idDEBEE79909720111010

Weblinks

 Commons: Merck Finck & Co – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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