Tataren-Melde

Tataren-Melde
Tataren-Melde
Tataren-Melde (Atriplex tatarica)

Tataren-Melde (Atriplex tatarica)

Systematik
Ordnung: Nelkenartige (Caryophyllales)
Familie: Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae)
Unterfamilie: Chenopodioideae
Tribus: Atripliceae
Gattung: Melden (Atriplex)
Art: Tataren-Melde
Wissenschaftlicher Name
Atriplex tatarica
L.

Die Tataren-Melde (Atriplex tatarica), auch Tatarische Melde[1] genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Melden (Atriplex) in der Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae).

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Die Tataren-Melde ist eine einjährige krautige Pflanze. Ihr aufrechter, auf salzhaltigen Standorten auch niederliegender Stängel erreicht eine Höhe von meist 30 bis 80 cm (bis über 150 cm). Er ist stark verzweigt mit schräg abstehenden oder aufsteigenden weißlichen Ästen mit kahler oder anfangs schwach bemehlter Oberfläche.

Die Laubblätter sind (mit Ausnahme der untersten) wechselständig am Stängel angeordnet und erreichen eine Länge von 3 bis 7 cm (bis über 10 cm) und eine Breite von 1 bis 4 cm. Die unteren Blätter sind bis 2 cm lang gestielt, die oberen fast sitzend. Ihre dicht mit Blasenhaaren besetzte, dadurch unterseits grau-silbrige, oberseits grüne oder graue Blattspreite ist dreieckig-eiförmig bis länglich-lanzettlich, mit keilförmiger oder fast spießförmiger Basis. Der Blattrand ist unregelmäßig gezähnt oder buchtig gelappt bis dreilappig und kraus gewellt, die obersten Blätter sind fast ganzrandig. Die Blattform dieser Art ist sehr variabel.

Blütenstand und Blüte

Die Tataren-Melde ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). In ährigen Blütenständen, die fast keine Tragblätter aufweisen, stehen die Blüten in gedrängten oder entfernteren kugeligen Knäueln. Die männlichen Blüten besitzen vier bis fünf Blütenhüllblätter (Tepalen) und fünf Staubblätter mit länglichen Staubbeuteln. Die weiblichen Blüten, die zu mehreren gebüschelt auftreten, werden von zwei rhombisch-eiförmigen Vorblättern umhüllt, Blütenhüllblätter sind nicht vorhanden, sie enthalten nur einen vertikalen Fruchtknoten.

Die Blütezeit der Tataren-Melde reicht in Deutschland von Juli bis September. Die Bestäubung erfolgt in der Regel durch den Wind, ist aber auch durch Insekten möglich[2].

Frucht und Samen

Die vertikale Frucht wird von den bis zur Hälfte miteinander verwachsenen Vorblättern umhüllt, die zur Fruchtzeit knorpelig verhärten und dann in der unteren Mitte gelblich-weiß und deutlich geadert sind. Die sitzenden oder kurz gestielten Vorblätter sind bei einer Länge von 3 bis 8 mm (selten bis 10 mm) und einer Breite von 3 bis 7 mm rhombisch bis eiförmig oder fast fächerformig. Ihr Rand ist unregelmäßig gezähnt oder weist teilweise zwei Seitenlappen auf. Auf ihrer Rückseite tragen sie mitunter einige knotige Anhängsel.

Die häutige weißliche Fruchtwand umschließt den Samen. Es gibt rote, konvexe Samen mit einem Durchmesser von 1,5 mm sowie hellbraune, flache bis konkave Samen mit einem Durchmesser von 1,5 bis 2,5 mm (Heterokarpie).

Chromosomenzahl

Die Chromosomenzahl beträgt überwiegend 2n=18 (bei einer Untersuchung wurde auch 2n=36 angegeben)[3].

Photosyntheseweg

Die Tataren-Melde ist eine C4-Pflanze mit Kranzanatomie[4].

Ökologie

Tataren-Melde mit Schmetterlingen (Silbergrüner Bläuling Polyommatus coridon)

Die Tataren-Melde ist eine Nahrungspflanze für die Schmetterlingsraupen des Miniersackträgers Coleophora serinipennella[5].

Vorkommen

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Tataren-Melde umfasst Ost- und Südeuropa, Nordafrika, Westasien und Zentralasien bis nach China. Dort besiedelt sie die Ufer salzhaltiger Gewässer, Halbwüsten und sandige, salzhaltige Wüsten sowie Ruderalstellen bis zu Höhenlagen von 1800 m (selten bis 3000 m). Diese Art gedeiht in einem weiten Klimabereich bis zur borealen Zone. Ihr Hauptareal liegt im Tiefland des irano-turanischen Gebietes.

Eingeschleppt kommt die Tataren-Melde auch in vielen anderen Regionen vor. So ist sie in Teilen von Mittel- und Nordosteuropa eingebürgert und tritt gelegentlich in Nordeuropa auf[6]. Auch an den Küsten von Nordamerika ist sie eingeschleppt worden. Außerhalb ihres natürlichen Areals findet man sie fast ausschliesslich an durch Menschen beeinflussten (anthropogenen) Standorten.

In Deutschland ist diese Art ein eingebürgerter Neophyt[7]. Als kontinentale Art kommt sie vor allem in Ostdeutschland vor, in den anderen Landesteilen tritt sie nur selten und unbeständig auf. Sie wächst in kurzlebigen Unkrautfluren, beispielsweise an Bahnhöfen, Hafenanlagen, Straßenrändern oder Schuttplätzen auf nährstoffreichen Sand- und Steinböden. Im System der Pflanzensoziologie liegt ihr Schwerpunktvorkommen im Verband Sisymbrion. Sie gilt als eine Zeigerpflanze für volle Besonnung, Trockenheit und Wärme (Steppenklima)[1].

Systematik

Die Tataren-Melde (Atriplex tatarica) zählt innerhalb der Gattung Atriplex zur C4-Atriplex-Clade[4]. Mit mehreren nah verwandten Arten wird sie zum Atriplex tatarica-Aggregat zusammengefasst[6].

Die Erstbeschreibung von Atriplex tatarica erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum 2, S. 1053[8].

Da die Tataren-Melde äußerst variabel in Wuchsform, Verzweigung und Blattform ist, wurden viele Formen als eigene Arten, Unterarten oder Varietäten beschrieben. Synonyme von Atriplex tatarica L. sind Atriplex diffusa Ten., Atriplex graeca Willd., Atriplex laciniata H. J. Coste, Atriplex olivieri Moq., Atriplex veneta Willd. und Atriplex tatarica t.infr. diffusa Hayek[6]. Auf demselben Typusexemplar basieren zudem die Synonyme Chenopodium tataricum (L.) E.H.L. Krause, Schizotheca tatarica (L.) Čelak. und Teutliopsis tatarica (L.) Čelak.[3].

Trivialnamen

Trivialnamen der Tataren-Melde in anderen Sprachen sind[9]:

  • chinesisch 鞑靼滨藜 Ta da bin li
  • englisch: Tatarian orache
  • finnisch: Tataarimaltsa
  • französisch: Arroche de Tartarie
  • italienisch: Atriplice tatarica
  • schwedisch: Axmålla
  • tschechisch: Lebeda tatárská

Nutzung

Die Blätter und jungen Pflanzen der Tataren-Melde sind essbar und dienen in Notzeiten als Gemüse. Auch die Samen können gekocht gegessen werden. Gemahlen können sie zum Andicken von Speisen oder als Mehlzusatz beim Brotbacken genutzt werden[10].

Literatur

  • Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3800133644. S. 93. (Abschnitt Beschreibung)
  • Ian C. Hedge: Atriplex tatarica. In: Karl Heinz Rechinger et al. (Hrsg.): Flora Iranica, Band 172 - Chenopodiaceae. Graz, Akad. Druck, 1997, S. 75. (Abschnitt Beschreibung, Vorkommen)
  • Alexander P. Suchorukow: Zur Systematik und Chorologie der in Russland und den benachbarten Staaten (in den Grenzen der ehemaligen USSR) vorkommenden Atriplex-Arten (Chenopodiaceae). In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien, Serie B, 108, 2007, S. 376-378. (pdf-Datei) (Abschnitt Beschreibung, Vorkommen)
  • Stanley L. Welsh: Atriplex tatarica, S. 341 - textgleich online wie gedrucktes Werk, In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico, Volume 4: Magnoliophyta: Caryophyllidae, part 1., Oxford University Press, New York u. a. 2003, ISBN 0-19-517389-9. (Abschnitt Beschreibung, Vorkommen)
  • Gelin Zhu, Sergei L. Mosyakin & Steven E. Clemants: Chenopodiaceae: Atriplex tatarica, S. 365 - textgleich online wie gedrucktes Werk, In: Wu Zhengyi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China, Volume 5: Ulmaceae through Basellaceae., Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis, 2003, ISBN 1-930723-27-X. (Abschnitt Beschreibung, Vorkommen)

Einzelnachweise

  1. a b Erich Oberdorfer, Theo Müller: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. 5., überarb. und erg. Auflage. Ulmer, Stuttgart 1983, ISBN 3-8001-3429-2. , S. 349
  2. Eintrag bei BiolFlor
  3. a b Eintrag bei Tropicos
  4. a b Gudrun Kadereit, Evgeny V. Mavrodiev, Elizabeth H. Zacharias, Alexander P. Sukhorukov: Molecular phylogeny of Atripliceae (Chenopodioideae, Chenopodiaceae): Implications for systematics, biogeography, flower and fruit evolution, and the origin of C4 Photosynthesis, In: American Journal of Botany, Band 97 (10), 2010, S. 1664-1687. (pdf-Datei)
  5. Gaden S. Robinson, Phillip R. Ackery, Ian J. Kitching, George W. Beccaloni & Luis M. Hernández: Eintrag bei HOSTS - A Database of the World's Lepidopteran Hostplants
  6. a b c Pertti Uotila: Chenopodiaceae (pro parte majore). – In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Atriplex tatarica, 2011. Eintrag bei Euro+Med Plantbase.
  7. Tataren-Melde. In: FloraWeb.de.
  8. Erstveröffentlichung eingescannt bei Biodiversity Heritage Library
  9. Eintrag bei MMPND
  10. Eintrag bei Plants For A Future

Weblinks


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