Aphthartodoketismus

Aphthartodoketismus

Als Aphthartodoketismus (von griech. aphtharton „unverweslich, unvergänglich“) bezeichnet man eine Spielart des Monophysitismus, die die Unvergänglichkeit des Leibes Jesu lehrte. Die Anhänger dieser christlichen Glaubensrichtung nannte man nach ihrem Begründer Julianus auch Julianisten oder Gaianiten.

Seit dem Konzil von Chalkedon 451 gab es innerhalb des spätantiken Christentums heftige Streitigkeiten über das Wesen Christi: Die Konzilien des 4. Jahrhunderts hatten festgelegt, dass Jesus sowohl Mensch als auch Gott gewesen sei; nun stritt man sich über das Verhältnis dieser beiden Naturen in Christus. In Chalkedon hatten sich die Dyophysiten durchgesetzt, die lehrten, in Jesus hätten Göttliches und Menschliches vollkommen und unvermischt existiert („wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich“), während die Monophysiten (Miaphysiten) von einer Verschmelzung beider Naturen ausgingen. Über Jahrzehnte teilte dieser Streit die Christenheit und wurde mit Erbitterung geführt, da es nach damaliger Vorstellung entscheidend war, der richtigen Lehre anzuhängen, um Erlösung finden zu können.

Kaiser Justinian I., eigentlich ein langjähriger Verfechter des Dyophysitismus, wandte sich Anfang 565, wenige Monate vor seinem Tod, überraschend der sogar von der Mehrheit der Monophysiten abgelehnten extremen Lehre zu, die menschliche Natur Christi sei ebenso wie die göttliche unvergänglich und unveränderlich, zudem unempfänglich für natürliche Affekte (vgl. Evag. HE 4,39). Damit provozierte er Widerstand von allen Seiten; mehrere widerspenstige Bischöfe wurden vom Kaiser abgesetzt. Die Gründe für den Kurswechsel des Kaisers liegen im Dunkeln. Justinians Tod im November 565 setzte der Kontroverse ein Ende, und der Aphthartodoketismus geriet bald in Vergessenheit.

Literatur

  • Mischa Meier: Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2003, ISBN 3-525-25246-3, S. 289–293 (Hypomnemata 147), (Zugleich: Bielefeld, Univ., Habil.-Schr., 2002).
  • Karl-Heinz Uthemann: Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe. In: Augustinianum. 39, 1999, ZDB-ID 1263528-5, S. 5–83.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Anastasios I. von Antiochien — Anastasios I. von Antiochien, auch Anastasius († 599) war Patriarch von Antiochien. Er amtierte ab 559 als Patriarch von Antiochien (Syrien) und trat gegen Justinian I. auf, als dieser den Aphthartodoketismus unterstützte. Unter Justin II. musste …   Deutsch Wikipedia

  • Flavius Petrus Iustinianus — Justinian I., Mosaikdetail aus der Kirche San Vitale in Ravenna Münzen ( …   Deutsch Wikipedia

  • Flavius Petrus Sabbatius Iustinianus — Justinian I., Mosaikdetail aus der Kirche San Vitale in Ravenna Münzen ( …   Deutsch Wikipedia

  • Iustinian I. — Justinian I., Mosaikdetail aus der Kirche San Vitale in Ravenna Münzen ( …   Deutsch Wikipedia

  • Justinian I. — Justinian I., Mosaikdetail aus der Kirche San Vitale in Ravenna …   Deutsch Wikipedia

  • Monophysitismus — Geschichtliche Entwicklung der traditionellen christlichen Gruppen Der Monophysitismus (v. griech.: monos „einzig“ und physis „Natur“) ist die christologische Position, Christus sei vollkommen göttlich und habe nur eine Natur, nämlich eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Муравьёв, Алексей Владимирович — В Википедии есть статьи о других людях с такой фамилией, см. Муравьёв. Алексей Владимирович Муравьёв Дата рождения: 1 августа 1969(1969 08 01) (43 года) Место рождения: Москва, СССР Страна …   Википедия

  • Justīnus [1] — Justīnus, Name zweier oströmischer Kaiser: 1) J. I., geb. zu Tauresium in Illyrien als der Sohn eines Bauern, wanderte als Jüngling nach Konstantinopel, wurde dort in die Leibwache aufgenommen, stieg in derselben rasch bis zum Oberbefehlshaber… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”