CIR-ELKE

CIR-ELKE

CIR-ELKE (Abk. Computer Integrated Railroading – Erhöhung der Leistungsfähigkeit im Kernnetz der Eisenbahn) ist eine Weiterentwicklung der Linienförmigen Zugbeeinflussung (LZB). Das von Alcatel SEL im Auftrag der Deutschen Bahn und des Bundesverkehrsministeriums entwickelte System wurde zuerst auf der Strecke Karlsruhe–Basel eingesetzt.

Mit CIR-ELKE können insbesondere die dicht befahrenen Hauptbahnstrecken (das Kernnetz) in die Lage versetzt werden, bis zu 40 % mehr Verkehr aufzunehmen. Das wird ermöglicht durch den so genannten Hochleistungsblock (HBL): dichtere Zugfolgen, zum Teil Verzicht auf feste Signale und Optimierung der Verkehre durch bessere Harmonisierung der Geschwindigkeiten sowie Koordinierung von Brems- und Überholvorgängen.

Dichtere Zugfolgen werden dabei durch folgende Maßnahmen erreicht:

  • Stehende Fahrzeuge erhalten Telegramme in größeren zeitlichen Abständen, so dass das Hauptaugenmerk der Streckenzentrale auf den in Bewegung befindlichen Teilnehmern liegt.
  • Durch Verkürzung der Streckenblöcke – teilweise unter die Zuglänge – ist eine größere Zugdichte möglich. Hochleistungsblöcke von bis zu unter 300 Metern Länge (S-Bahn München: bis ca. 50 m) ermöglichen die Unterteilung eines Blockabschnitts in zahlreiche Teilblöcke, die von LZB/CIR-ELKE-geführten Fahrzeugen belegt werden können. CIR-ELKE-Technik mit besonders dichter Blockteilung ermöglicht auf der S-Bahn München eine besonders hohe Zugdichte von bis zu 30 Zügen pro Stunde und Richtung.
  • Mit CIR-ELKE können einschränkende Geschwindigkeiten so kommandiert werden, dass diese erst ab dem Gefahrpunkt (z. B. Weichen) gelten. Dazu wird das deckende Signal zur Vermeidung von Signalisierungswidersprüchen dunkel geschaltet. Ohne CIR-ELKE gilt hingegen die Geschwindingkeitseinschränkung ab dem vorgelagerten, deckenden Hauptsignal.
  • Jedes Telegramm wird doppelt übertragen und darf nur dann ausgewertet werden, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Jedes Telegramm für sich muss redundanzrichtig empfangen worden sein, und die beiden Telegramme müssen bitweise übereinstimmen. Dies verringert die Wahrscheinlichkeit, dass fehlerhaft übertragene Telegramme ausgewertet werden.

CIR-ELKE baut auf der Technik des bereits bestehenden LZB-Systems der DB AG auf, die physikalische Schnittstelle und der Telegrammaufbau wurden übernommen. Aufgrund der funktionellen Ähnlichkeit von LZB zu ETCS Level 2 wird zum Teil CIR-ELKE nach Einführung von ETCS auch im Verbund eingesetzt („Doppelausrüstung“).

Erste Überlegungen zu einem derartigen System wurden schon 1991 bei der Bahn angestellt, 1993 wurde ein Entwicklungskonzept festgelegt. 1995 begann die technische und bauliche Ausstattung der Rheintalbahn zwischen Offenburg und Basel zu einer 130 km langen Pilotstrecke, die 2001 fertiggestellt wurde und der Betriebserprobung von CIR-ELKE diente. Diese Strecke wurde Mitte 2006 auf die Weiterentwicklung CIR-ELKE II umgestellt.

Anfang 1999 wurde von Kosten für die Erstanwendungsstrecke von 265 Millionen D-Mark gerechnet. Nach verschiedenen Verzögerungen wurde dabei mit der Inbetriebnahme im Mai 1999 gerechnet.[1]

CIR-ELKE II

Dunkel geschaltetes Ks-Ausfahrsignal im Bahnhof Allersberg. Ohne CIR-ELKE würde das Signal "10" (100 km/h) zeigen. Diese Geschwindigkeit müsste bis zum Ende des anschließenden Weichenbereiches (drei Weichen) gefahren werden. Durch CIR-ELKE wird diese Geschwindigkeitsbeschränkung nach Ende der ersten (abzweigend gestellten) Weiche aufgehoben, die beiden folgenden Weichen eines Gleiswechsels können (gerade) mit voller Streckengeschwindigkeit befahren werden. Da dies im Widerspruch zum Signalbegriff des Lichtsignals stehen würde, wird das Signal dunkelgeschaltet.

Für die besonderen Bedingungen der Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main kam auf dieser Strecke erstmals die Weiterentwicklung CIR-ELKE II zum Einsatz. Die Weiterentwicklungen umfassen unter anderem:

  • Anpassung für die „neue“ Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h (zuvor maximal 280 km/h).
  • Verwaltung der Wirbelstrombremse der ICE-3-Züge. Diese darf nur im Neubauabschnitt Siegburg/Bonn–Frankfurt Flughafen (und im Neubauabschnitt der Neubaustrecke Nürnberg–Ingolstadt) als Betriebsbremse zum Einsatz kommen und wird per LZB frei- bzw. abgeschaltet. Im übrigen Netz wird die Wirbelstrombremse nur für Schnell- und Zwangsbremsungen verwendet.
  • Anpassung an die starken Steigungen der Strecke. Frühere LZB-Versionen gingen bei Bremsvorgängen immer von dem bis dato stärksten Gefälle von 12,5 Promille aus. Durch die Steigungen von bis zu 40 Promille wären Bremsvorgänge bei Beibehaltung dieser pauschalen Annahme unnötig früh eingeleitet worden, auch wenn vor dem Zug eine starke, bremsend wirkende, steile Steigung gelegen wäre. Durch die Berücksichtigung des Höhenprofils der Strecke können Bremsvorgänge entsprechend kürzer und wirtschaftlicher gestaltet werden.
  • Durch die neue Höchstgeschwindigkeit und die längeren Bremswege war eine Erhöhung der Zielentfernung über 9.900 Meter erforderlich. Die maximale Zielentfernung bei LZB mit CIR-ELKE-Ausrüstung beträgt 35.000 m, wenn ein die Geschwindigkeit einschränkender Zielpunkt (bzw. ein Halt) voraus liegt. Liegt innerhalb dieser Distanz kein solcher Punkt bzw. Halt, wird eine Zielentfernung von 13.000 m dargestellt.
  • Mittels CIR-ELKE und einer speziell angepassten Fahrzeugsoftware kann einem LZB-geführten Fahrzeug der Auftrag übermittelt werden, den Hauptschalter vor einer Schutzstrecke bzw. Phasentrennstelle auszulegen. Das Signal wird mittels dem Leuchtmelder EL und einem akustischen Signal in den Führerstand übermittelt. Dieses Signal wird im Moment auf den Strecken Berlin–Hamburg (drei Trennstellen) und Leipzig–Berlin (zwei Trennstellen) verwendet.
  • Mit CIR-ELKE findet der LZB Nachfahrauftrag Einzug in das LZB-System. Damit wird ein Nachrücken in einen Teilblock mit einer freigegebenen Geschwindigkeit von unter 40 km/h bezeichnet.

Weitere Besonderheiten:

  • Die vollständige Aufnahme in die LZB (Hellschaltung der Führerraumanzeigen) erfolgt auf mit CIR-ELKE ausgerüsteten Strecken erst auf dem Hauptsignal, das dem Bereichskennzeichen folgt. Zuvor erfolgt eine verdeckte Aufnahme, in der bereits eine Übertragung läuft, die Führerraumanzeigen jedoch noch nicht aktiviert werden. Bricht die Übertragung zwischen verdeckter Aufnahme und Hellschaltung der Anzeigen zusammen, erfolgt eine Zwangsbremsung.
  • Während bei LZB ohne CIR-ELKE neben geschwindigkeitseinschränkenden Zielpunkten auch Geschwindigkeitserhöhungen über die Zielentfernung vorsignalisiert werden, werden auf CIR-ELKE-Strecke nur Geschwindigkeitseinschränkungen über die Zielentfernung angekündigt. Geschwindigkeitserhöhungen werden direkt über eine Erhöhung der Sollgeschwindigkeit angezeigt. Die einzuhaltenden Bremskurven unterscheiden sich nicht.
  • Der LZB-Vorsichtsauftrag gilt bei CIR-ELKE (wie auch bei Fahrt mit LZB ohne CIR-ELKE) stets bis zur nächsten Blockstelle, die durch ein Hauptsignal gekennzeichnet ist.
  • Bricht die LZB-Übertragung auf freier Strecke zusammen, ist eine Weiterfahrt (im Ganzblockmodus) mit reduzierter Geschwindigkeit (analog konventioneller LZB) möglich. Bei CIR-ELKE werden dabei wesentliche Parameter des folgenden Hauptsignals (Entfernung, Stellung, Durchrutschweg, Geschwindigkeitsbeschränkungen) von der Streckenzentrale berücksichtigt und dem LZB-geführten Zug stetig eine Ausfallgeschwindigkeit sowie die Entfernung zum nächsten Hauptsignal übermittelt. Mit diesen Größen ist eine Weiterfahrt bei einem Übertragungsausfall signalgeführt möglich. Mit CIR-ELKE II wurde die höchstmögliche Ausfallgeschwindigkeit von 85 auf 160 km/h heraufgesetzt.
  • Auf CIR-ELKE-Strecken kann per LZB kein Nothaltauftrag mehr übermittelt werden.
  • Mittels LZB (ohne CIR-ELKE bzw. CIR-ELKE I) wird der Triebfahrzeugführer (Leuchtmelder G) optisch und akustisch über einen bevorstehenden Bremseinsatzpunkt informiert. Bei konventioneller LZB erfolgt diese Warnung, wenn der Bremseinsatzpunkt weniger als 1000 m entfernt ist und die Differenz aus zu erreichender Soll- und Istgeschwindigkeit weniger als 30 km/h beträgt. Bei CIR-ELKE II erfolgt diese Warnung grundsätzlich acht Sekunden vor Erreichen des Bremseinsatzpunktes. Aufgrund der besonders dichten Zugfolge wurde diese Vorwarnzeit bei der Münchner S-Bahn auf vier Sekunden reduziert, um die Warnwirkung des Signals bei der besonders dichten Zugfolge nicht zu verlieren.

Fahrzeug-Ausstattung

Neben einer entsprechenden technischen Ausstattung der Strecke müssen auch die Fahrzeuge mit speziellen Geräten für CIR-ELKE ausgestattet sein.

Gegenwärtig (Stand: Dezember 2006) sind in Deutschland folgende Baureihen der DB mit CIR-ELKE ausgestattet:

Darüber hinaus fahren andere Eisenbahnverkehrsunternehmen mit entsprechend ausgerüsteten Loks, zum Beispiel die SBB mit der BR 482 bzw. Re 482.

Die CIR-ELKE-Systemsoftware ist abwärtskompatibel zur LZB L72, der verbreiteten LZB Softwareversion: Mit LZB-CIR-ELKE-II ausgerüstete Fahrzeuge können beispielsweise auch Strecken mit CIR-ELKE I bzw. ohne CIR-ELKE befahren. Fahrzeuge ohne CIR-ELKE-Ausrüstung werden auf CIR-ELKE-Strecken hingegen nicht in die LZB aufgenommen. Zusätzlich muss der Triebfahrzeugführer eine Unterweisung nachweisen, um ein Fahrzeug CIR-ELKE-geführt fahren zu dürfen.

Anfang 1994 waren insgesamt 13 Lokomotiven der Baureihen 110, 111, 140 und 141 für CIR-ELKE umgerüstet bzw. zur Umrüstung vorgesehen.[2] Vor Aufnahme des Betriebs zwischen Offenburg und Basel wurden zahlreiche CIR-ELKE-fähige Lokomotiven der Baureihe 140 an die Strecke umbeheimatet.[3]

Einzelnachweise

  1. Meldung CIR-Elke vor dem Start. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 1/2, 1999, ISSN 1421-2811, S. 4
  2. Meldung Loks für CIR-ELKE. In: Eisenbahn-Kurier, Heft 2/1994, S. 10
  3. Meldung Umbeheimatungen und Bestandsangleichung. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5, 1998, ISSN 1421-2811, S. 174 f.

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