Alert Bay

Alert Bay
Alert Bay
Lage in British Columbia
Alert Bay (British Columbia)
Alert Bay
Alert Bay
Staat: Kanada
Provinz: British Columbia
Regionaldistrikt: Mount Waddington
Koordinaten: 50° 35′ N, 126° 56′ W50.58533-126.9271930Koordinaten: 50° 35′ N, 126° 56′ W
Höhe: 30 m
Fläche: 1,78 km²
Einwohner: 556 (Stand: 2006)
Bevölkerungsdichte: 312,4 Einw./km²
Zeitzone: Pacific Time (UTC−8)
Postleitzahl: V0N

Alert Bay ist ein Ort in der kanadischen Provinz British Columbia. Er liegt rund 3 km vor der Nordostküste von Vancouver Island auf Cormorant Island und hatte im Jahr 2006 556 Einwohner.[1]

Knapp die Hälfte der Einwohner, nach eigenen Angaben der Befragten 260, gehört den Ureinwohnern an, die meisten davon einem der 12 Stämme der Kwakwaka'wakw. Dies ist eine Gruppe von First Nations (Indianer), in deren traditionellem Territorium sich der Ort befindet. Die drei regionalen First Nations werden vom Musgamagw Tsawataineuk Tribal Council vertreten. Zu diesen Kwakwaka'wakw-Gruppen gehören die Mamalilikulla, die Kwicksutaineuk und vor allem die 'Namgis, in deren traditionellem Gebiet Alert Bay liegt. Im Ort befindet sich das Alert Bay Indian Reserve 1A, in dem allein 303 Einwohner leben,[2] in Alert Bay Indian Reserve 1 lebten 150.[3]

Von den in Kanada als visible minorities (sichtbare Minderheiten) bezeichneten Gruppen sind nur Philippinos ansässig, deren Zahl 2006 bei 15 lag.

Im Ort steht der höchste Totempfahl der Welt. Er besteht aus drei Teilen und soll 56,4 m hoch sein. Alert Bay ist per Boot und Flugzeug zu erreichen (Alert Bay Airport). Der Name des Ortes geht auf das britische Schiff HMS Alert von 1856 zurück, das um 1860 die Region vermessen und kartographiert hat. Die lokale Tageszeitung heißt North Island Gazette.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Totempfähle in Alert Bay, um 1900
Die über 80 m lange Princess Sophia im Hafen, spätestens 1912. Das britische Schiff mit 44 Mann Besatzung stand in Diensten der Canadian Pacific Railway. Es verkehrte zwischen Vancouver und Alaska.

1792 erschien als erstes europäisches Schiff die Discovery unter George Vancouver in der Region und trat mit den 'Namgis in Kontakt. Ihr Häuptling war Cheslakee. 1849 errichtete die Hudson’s Bay Company zum Schutz einer Kohlemine Fort Rupert neben dem Dorf Tsaxis. Das Fort war die erste dauerhafte Einrichtung der Briten im Gebiet der Kwakwaka'wakw, doch Kwakiutl und Kwixa beanspruchten die Kohle selbst. Sie eroberten ihr Dorf zurück und erzwangen am 8. Februar 1851 einen Vertrag, womit sie die einzigen Stämme der Kwakwaka'wakw wurden, die einen der so genannten Douglas-Verträge unterzeichnet haben. Damit werden Verträge bezeichnet, die mit Gouverneur James Douglas abgeschlossen wurden. Sie sahen acht Reservate um Beaver Harbour und an den Mündungen des Keogh River und des Cluxewe River vor. Ein größeres Waldgebiet auf Malcolm Island gehörte ebenfalls dazu.

1862 brach eine schwere Pockenepidemie aus, die auch die Gruppen im Norden von Vancouver Island schwer traf. Im Dezember 1865 erschien die HMS Clio vor dem Dorf und ließ es völlig zerstören. Obwohl die Kwakiutl schwere Verluste hinnehmen mussten (z. B. 70 Kanus)[4], bauten sie 26 Häuser vor Fort Rupert wieder auf. Dieses Dorf sollte bis um 1900 der zentrale Kultort, berühmt für seine Potlatches, werden, bis es von 'Yalis (Alert Bay) im Gebiet der 'Namgis zunehmend verdrängt wurde. So verlagerte die Church Missionary Society of London ihre Mission von Fort Rupert nach 'Yalis und die Kwawkewlth Indian Agency folgte 1896.

Bereits in den 1870er Jahren lockten die Laichzüge der Lachse im Nimpkish River zwei Unternehmer an. S.A. Spencer und Wesley Huson verarbeiteten erstmals Lachs und gründeten ein Unternehmen, das die Fänge mit Salz konservierte. Um an sauberes Wasser zu kommen, bauten sie einen Stausee, doch trocknete dadurch der Boden in anderen Gebieten aus, der Grundwasserspiegel sank dort und die Bäume starben ab. Nur die Red Cedars, Riesenlebensbäume, stehen noch heute dort und bilden die Gator Gardens. Viele Indianer beteiligten sich am Fischfang, die Frauen nahmen sie aus. Weitere Fisch verarbeitende Betriebe folgten.

Doch die Holzindustrie wurde, wie an vielen Orten, durch rigoroses Abholzen der tiefer stehenden und leichter zu erreichenden Bäume, zu einer Gefahr für die Laichzüge, und damit für die gesamte Fischindustrie. Die steilen, regenreichen Täler wurden ausgespült, die Laichgebiete zerstört. Lachsfang ist dadurch unbedeutend geworden, die Lebensgrundlage der 'Namgis wurde schwer geschädigt.

Das U'mista Cultural Centre

Die Methoden, mit denen sich Franz Boas und andere in den Besitz der "Kunstobjekte" brachten, sind heute sehr umstritten. Diese "Raubzüge" von Sammlern und Wissenschaftlern beschreibt Douglas Cole, Captured Heritage. The Scramble for Northwest Coast Artifacts von 1985. Dass während der Zerstörung Hamburgs im Zweiten Weltkrieg viel davon vernichtet wurde, ist für die Kwakwaka'wakw besonders bitter. Immerhin hat dieses Buch bewirkt, dass das Kwagiulth Museum and Cultural Center auf Quadra Island und das U'Mista Museum and Cultural Center in Alert Bay einige Artefakte aus anderen Museen zurückholen konnten.

1914 drehte Edward Curtis den Dokumentarfilm In the land of the headhunters.[5] Ausgangsbasis für den Film, der innerhalb eines Jahres entstand, war Alert Bay. Damit ging Curtis ein hohes Risiko ein, denn zwischen 1884 und 1951 war es in Kanada nicht nur verboten, rituelle Feiern, wie das Potlatch zu begehen, sondern es war auch strafbar, sie in der Öffentlichkeit zu zeigen. Dabei versuchte Curtis eine Art Unterhaltungsfilm zu drehen, doch war dem Unternehmen kein Erfolg beschieden.[6]

1921 versuchte die kanadische Regierung das Verbot des für die Kultur der Kwakwaka'wakw zentralen Potlatch durchzusetzen. Dazu konfiszierte sie auf Grundlage des Indian Act zahlreiche Masken, Kupferschilde und weitere kulturell bedeutsame Objekte. Erst ab den 1970er Jahren forderten sie ihren Besitz erfolgreich zurück. Die Objekte sind heute im U’mista Cultural Centre ausgestellt, das 1980 gegründet wurde. Heute sind dort auch Musik- und Tanzvorführungen zu sehen. Das Zentrum unterstützt wissenschaftliche Forschungen an den regionalen Kulturen.

Die ehemalige St Michaels Residential School ist inzwischen im Besitz der 'Namgis

Darüber hinaus wurden für alle Indianer Kanadas sogenannte Residential Schools eingerichtet. In Alert Bay war dies von den 20er bis in die 70er Jahre die St. Michael's Residential School. Dort wurde, wie in den meisten Schulen dieses Typs, bei schweren Strafen darauf gedrungen, dass die Kinder ihre Sprache nicht benutzten sondern Englisch sprachen. Auch andere kulturelle Äußerungen waren strikt untersagt. 2008 entschuldigte sich Premierminister Stephen Harper für die Zustände an den Schulen.

Aus Tsaxis stammte Mungo Martin (1879 - 1962), der zur Renaissance der Schnitzkunst wie der gesamten pazifischen Indianerkultur beitrug. Er war erblicher Häuptling der Kwakiutl. 1947 ging er nach Vancouver, 1952 nach Victoria, wo er die Pfähle vor dem Royal British Columbia Museum hinterließ. Nach der Aufhebung des Verbots des Potlatch im Jahr 1951 feierte er in Victoria ein erstes öffentliches Potlatch.

1959 entstand in Alert Bay eine Bibliothek mit angeschlossenem Museum, die Alert Bay Public Library and Museum. Mungo Martin schnitzte für das Haus einen Totempfahl. Zudem entstand ein Verwaltungsgebäude, ein Erholungszentrum, die T’lisalagi’lakw School, eine eigene Schule mit kulturell angepassten Lehrinhalten und das Big House. Dort befinden sich die Artefakte der lokalen Kulturen.

Der Richter und traditionelle Häuptling Alfred Scow von der Kwicksutaineuk First Nation, auch Gilford Island Band genannt, ist der erste Indianer, der in British Columbia zu einem hohen Richteramt aufstieg. Er sitzt dem Provinz-Gerichtshof in Coquitlam vor. Geboren wurde er in Alert Bay, wo er die St. Michael's Residential School besuchte.

1999 unterzeichnete die Kommune Alert Bay den sogenannten Alert Bay Accord, der eine bessere Zusammenarbeit mit den 'Namgis als Ziel hat. 2003 entstand eine fünfköpfige Culturally Modified Tree Field Crew, deren Aufgabe darin besteht Culturally Modified Trees zu begutachten und gegebenenfalls unter Schutz zu stellen. Dabei handelt es sich um Bäume, die Bearbeitungsspuren aufweisen, die bis über tausend Jahre zurückreichen. Die Crew rückt etwa 20mal pro Jahr aus, um Neuentdeckungen in Augenschein zu nehmen. Die Ergebnisse fließen in eine Datenbank ein, die inzwischen mehr als 1.200 Einträge aufweist. 2005 begann darüber hinaus ein Projekt zur Aufzeichnung der Entstehungsmythen der fünf Namima oder Clans der 'Namgis.[7]

Literatur

  • Robert Galois, Kwakwa̱ka̱’wakw settlements, 1775-1920: a geographical analysis and gazetteer, Mit Beiträgen von Jay Powell und Gloria Cranmer Webster, im Auftrag des U'mista Cultural Centre, Alert Bay, Vancouver: UBC Press; Seattle: University of Washington Press 1994

Weblinks

Anmerkungen

  1. Zensus 2006, Alert Bay
  2. Statistics Canada
  3. Statistics Canada
  4. Nach einem Bericht des Daily Colonist vom 6. Januar 1866.
  5. Website der Rutgers University zum Film
  6. Der Film wurde restauriert und 2008 wieder aufgeführt (vgl. Aaron Glass - Restored Edward Curtis Film with Live Music and First Nations Dance, Emily Carr University of Art + Design, 22. Juni 2008
  7. Cultural Heritage, Website der 'Namgis

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