Albaner in Mazedonien

Albaner in Mazedonien
Die Bunte Moschee ist das religiöse Zentrum der Albaner in Tetovo

Die Albaner in Mazedonien bilden die größte ethnische Minderheit des Landes und stellen in 16 (inkl. zwei Sondergemeinden von Skopje) von 84 Gemeinden die Mehrheit der Bevölkerung. Laut der Volkszählung von 2002 wird der Zahl der Albaner in Mazedonien mit 509.083 Personen angegeben, was 25,17 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht.[1]

Inhaltsverzeichnis

Siedlungsgebiete

Anteil der albanischen Bevölkerung in den Gemeinden Mazedoniens
Orange: Mehrheit (über 50 %)
Gelb: Minderheit (20 bis 50 %)
Grün: Minderheit (10 bis 20 %)
Türkis: Minderheit (0 bis 10 %)
Prozentualer Anteil der Albaner an der Gesamtbevölkerung der jeweiligen Gemeinde[1]
100 % - 50 % 50 % - 10 % < 10 % (Auswahl)
Lipkovo Kumanovo Ilinden
Studeničani Petrovec Veles
Aračinovo Zelenikovo Gradsko
Tearce Skopje Drugovo
Tetovo Čučer Sandevo Centar Župa
Želino Sopište Debarca
Brvenica Jegunovce Ohrid
Bogovinje Čaška Demir Hisar
Vrapčište Dolneni Resen
Gostivar Kruševo Bitola
Oslomej Kičevo
Zajas Mavrovo und Rostuša
Debar
Struga

Geschichte

Für die gemeinsame Geschichte der Albaner bis 1912 siehe Geschichte Albaniens, für die anschließenden Ereignisse siehe auch Geschichte Mazedoniens

Im Dezember 1912, kurz nach der Niederlage des Osmanischen Reiches gegen den Balkanbund in den Balkankriegen versammelten sich Botschafter der damaligen Großmächte (Großbritannien, Deutschland, Russland, Österreich-Ungarn, Frankreich und Italien) in London zur Klärung der offen gebliebenen Fragen des Konflikts. Die Londoner Botschafterkonferenz anerkannte aufgrund der Unterstützung Österreich-Ungarns und Italiens einen unabhängigen albanischen Staat. Die Grenzen des neuen Staats bezogen jedoch weite Gebiete des albanischen Siedlungsraumes nicht mit ein. So fiel ein großer Teil des albanischen Siedlungsgebietes dem Königreich Serbien zu, darunter auch jene in der Vardarska banovina (serbischer Teil der Region Makedonien), die später in etwa zur Sozialistischen Republik Mazedonien wurde.

Als die Sozialistische Republik Mazedonien 1946 ausgerufen wurde, garantierte deren kommunistische Verfassung den Minderheiten das Recht auf kulturelle Entwicklung und den freien Gebrauch ihrer Sprache. Sofort begann man mit der Errichtung von Schulen für die Minderheiten, um deren hohe Analphabetenrate zu senken. In den folgenden zwei Jahrzehnten wurden kontinuierlich Maßnahmen eingeleitet, um die albanische Volksgruppe in das wirtschaftliche und soziale Leben des neuen sozialistischen Staates einzugliedern sowie dessen soziale Möglichkeiten zu verbessern.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges stieg die Bevölkerungszahl des Landes stetig. Zwischen 1953 und 2002 wuchs unter anderem die albanische Bevölkerung um 31,3 Prozent.

In den späten 1980er Jahren, als der Provinz Kosovo die Autonomie durch Jugoslawien entzogen wurde und somit die Unterdrückung der albanischen Volksgruppe zunahm, fanden ähnliche Entwicklungen auch in Mazedonien statt. Diese Assimilationspolitik wurde zusätzlich mit der Verfassungsänderung von 1990 verdeutlicht: Mazedonien wurde von als ein Staat des mazedonischen Volkes und der albanischen und türkischen Nationalitäten zu einem Nationalstaat des mazedonischen Volkes neu definiert.

Im Januar 1992 organisierten Albaner in der nun unabhängigen Republik Mazedonien ein Referendum über eine territoriale Autonomie. Mit der Begründung, dass dieses Vorhaben sezessiv sei, erklärte die mazedonische Regierung das Vorhaben als illegal. Der Rat der albanischen politischen Parteien im ehemaligen Jugoslawien beschloss, dass die Autonomie die letzte Möglichkeit der Albaner in der Republik Mazedonien wäre, wenn alle anderen demokratischen Bemühungen scheitern würden.

Die Missstände der ethnischen Minderheiten vergrößerten sich kontinuierlich. Im Februar 2001 eskalierten schließlich die offenen Feindseligkeiten in bürgerkriegsähnliche Zustände. Der Aufstand wurde durch die Nationale Befreiungsarmee (albanisch Ushtria Çlirimtare Kombëtare) im Nordwesten des Landes an der Grenze zu Kosovo und Serbien geführt. Unter internationaler Vermittlung wurde im Juli 2001 ein Waffenstillstand vereinbart. Das Rahmenabkommen von Ohrid sollte eine angemessene Repräsentation der albanischen Minderheit in Politik und Verwaltung sichern sowie die Nationale Befreiungsarmee entwaffnen. Ein integraler Bestandteil des Abkommens ist zum Beispiel eine Gleichsetzung der albanischen mit der mazedonischen Sprache in Gemeinden, wo Albaner über 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Das Abkommen wurde durch die nachfolgenden Regierungen (u. a. VMRO-DPMNE) mehr oder weniger ausgeführt, jedoch blieben grundlegende Fragen weiterhin offen und eine gesellschaftliche Gleichstellung mit dem (slawisch-)mazedonischem Volk ist bis heute nicht erreicht. Immer wieder kommt es im Land vor allem in der Hauptstadt Skopje zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen (Slawischen) Mazedoniern und Albanern. Obwohl darunter ausschließlich Nationalisten zu finden sind, können sich die Beziehungen zwischen den verschiedenen Ethnien in Mazedonien kaum verbessern.

Heutige soziale Situation

Straßenszene im nordwestmazedonischen Tetovo

Die Albaner in Mazedonien halten wirtschaftliche sowie kulturelle Verbindungen mit Albanien und dem Kosovo aufrecht.

Politik

Seit den letzten Parlamentswahlen im Juni 2011 besetzen die albanischen Parteien 25 von 120 Sitzen. Die größten Parteien der albanischen Gemeinschaft in Mazedonien sind die Demokratische Union für Integration (gegründet 2001), die Albanische Demokratische Partei (gegründet 1997), die Nationale Demokratische Wiedergeburt (gegründet 2011) und die Neue Demokratie (gegründet 2008).

Das Zusammenleben ist selten spannungsfrei und viele Themen werden rasch politisiert. So kam es auch im Februar 2011 zu Zusammenstössen zwischen Albanern und Mazedoniern auf der Burgfestung von Skopje.[2]

Das kleine Dorf Tanusevci unweit der Grenze zu Kosovo ist noch immer von albanischen Freischärlern besetzt.[3][4]

Kultur

Kulturell sind die Albaner Mazedoniens mit Albanien und Kosovo verbunden. Die gemeinsame Flagge, die nationale Hymne, die gemeinsame Geschichte, die nationalen Volkslieder, die gleiche Sprache usw. zählen zu den verbindenden Faktoren.

Bildung in albanischer Sprache findet in allen Stufen statt, so auch in der seit 2004 staatlichen Universität Tetovo, die 1994 gegründet wurde. Die Stadt Tetovo übernimmt im Land für die albanische Bevölkerung eine zentrale Rolle: hier haben die meisten albanischen politischen Parteien, viele albanische Nichtregierungs-Organisationen und Firmen sowie albanische Landesvereine ihren Sitz.

Sprache

Gegisch

Die Mehrheit der Albaner in Mazedonien spricht gegische Varietäten der albanischen Sprache, die teilweise sehr unterschiedlich zueinander sind. Das gegisch-sprachige Gebiet Mazedoniens wird linguistisch (meist) in zwei Zonen geteilt: die nördliche größere (genannt „Nordost-Gegisch“) umfasst die Regionen von Kumanovo (alb. Kumanova), Skopje (Shkupi), Tetovo (Tetova), Gostivar und Kičevo (Kërçova). Die südliche kleinere Zone (genannt „Zentral-Gegisch“) umfasst Debar (Dibra) und Struga (zu den verschiedenen Dialekten des Albanischen siehe hier).

Toskisch

In der Region des Ohrid- und Prespasee sowie in der Umgebung der Städte Bitola, Kruševo und Dolneni gibt es zudem einige Dörfer, wo noch toskische Dialekte gesprochen werden. Am Ohridsee sind dies Frangovo (alb. Frëngova), Kališta (Kalishti), Radolišta (Ladorishti), Zagračani (Zagraçani) und zum Teil auch in Dolna Belica (Belica e Poshtme) und als Einwanderersprache in den Städten Struga und Ohrid (Ohri). Am Prespasee sind dies die Dörfer Arvati, Asamati, Gorna Bela Crkva (Kisha e bardhë e sipërme), Grnari, Dolna Bela Crkva (Kisha e bardhë e poshtme), Kozjak, Krani, Nakolec, Sopotsko (Sopocka) und die Stadt Resen (Resnja). In der Region Bitola (Manastir) sind es die Dörfer Trnovo (Tërnova), Nižepole (Nizhepola) und Bratin Dol sowie als sehr kleine Minderheit auch in der Stadt selber. In der Gemeinde von Kruševo (Krusheva) lebt zudem eine große toskisch-albanische Minderheit (ca. 20 Prozent der Gesamtbevölkerung). Zu den Dörfern mit mehrheitlich albanischer Bevölkerung zählen Aldanci (Alladinci), Belušino (Bellushina), Borino (Borina), Jakrenovo (Jakrenova), Norovo (Norova), Presil (Presilli) und Saždevo (Sazhdeva). In der Gemeinde von Dolneni (Dollneni) haben sechs Dörfer albanische Einwohner, jedoch stellen sie davon nur in Crnilište (Cënilishti) die große Mehrheit. Alle toskischen Varietäten innerhalb Mazedoniens zählen sprachwissenschaftlich gesehen zum „Nord-Toskischen“ (zu den verschiedenen Dialekten des Albanischen siehe hier).

Persönlichkeiten

Viele albanische Persönlichkeiten der Geschichte und der Gegenwart stammen aus Mazedonien. Zu den wichtigsten gehören Mutter Teresa (* 1910, † 1997), die als Anjeza Gonxhe Bojaxhiu in Skopje geboren wurde und durch ihre humanitären Hilfsprojekte für Arme weltweit bekannt wurde, und Nexhmije Hoxha (* 1912 in Bitola), die Witwe des ehemaligen Diktators Albaniens, Enver Hoxha. Zu den heutigen bekannten Albanern aus Mazedonien zählen einige Fußballspieler wie Blerim Džemaili (* 1986 in Tetovo), Admir Mehmedi (* 1991 in Gostivar) und Berat Sadik (* 1986 in Skopje). Weitere Persönlichkeiten waren bzw. sind der ehemalige Staatssekretär für Nationale Verteidigung der Türkei Hayrullah Fişek (* 1885 in Tetovo, † 1975) und der Dichter Luan Starova (* 1941 in Pogradec, wohnhaft in Mazedonien).

Weblinks

 Commons: Albanians in Macedonia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. a b Resultate der Volkszählung 2002 in Mazedonien, S. 34
  2. Macedonia: Violent Inter-Ethnic Incident on Skopje Fortress. In: Global Voices Online. 15. Februar 2011, abgerufen am 27. Februar 2011 (englisch).
  3. Neil MacDonald: Balkan disputes simmer under surface. In: FT.com. 2. Juni 2010, abgerufen am 27. Februar 2011 (englisch).
  4. Fatos Bytyci, Kole Casule: Impatient, some Albanians arm in Macedonia. In: Reuters. 11. Juni 2010, abgerufen am 27. Februar 2011 (englisch).

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