Ady Gil

Ady Gil
Die Ady Gil im Dezember 2009

Die Ady Gil, früher Earthrace, war ein 23,7 Meter langer Trimaran, der mit Bio-Diesel betrieben wurde. Das Boot wurde von Januar 2005 bis Februar 2006 von Calibre Boats in Neuseeland im Auftrag des Skippers Pete Bethune für einen motorgetriebenen Weltrekordversuch einer Weltumrundung gebaut. Die Konstruktion stammt von der Craig Loomis Design Group.

Inhaltsverzeichnis

Konstruktion

Innenaufnahme des „Cockpits“
Spartanische Ausstattung im Kombüsenbereich

Die Hülle des Boots bestand aus Kohlefaser und Aramid. Der Rumpf war „wave-piercing“, also so geformt, dass er Wellen durchstoßen konnte statt sie wie ein konventioneller Bug zu schneiden. Bei hohem Seegang konnte das Boot daher ohne die sonst übliche Berg- und Talfahrt mit voller Geschwindigkeit durch bis zu sieben Meter hohe Wellen tauchen.

Angetrieben wurde das Boot von zwei rechts und links neben dem Niedergang befindlichen 400 kW Cummins-Dieseln, die es auf eine Maximalgeschwindigkeit von 45 Knoten (83,3 km/h) beschleunigen konnten. Um das Gewicht zu reduzieren, war der Innenraum spartanisch eingerichtet. Mit den maximal 10.000 Litern Kraftstoff an Bord hatte das Schiff eine Reichweite von 3000 Seemeilen.[1]

Für den Einsatz bei Sea Shepherd wurde das Schiff umgebaut. Mit vier bis acht Lagen Aramid wurde die Hülle für den Einsatz in der Antarktis verstärkt. Ein schwarzer, radarabsorbierender Anstrich sollte die Annäherung an die Walfangflotte erleichtern.[2]

Geschichte

Entwicklung

Als „Earthrace“ im Hamburger Hafen 2007

Während des Entwicklungsprozesses wurde zunächst ein 6,70 Meter langes Schiff mit Außenbordmotor gebaut. Mit dem Modell fanden Fahrtests statt, um das Konzept zu prüfen und weiterzuentwickeln.[3] Die Herstellungskosten der Earthrace beliefen sich auf 2,5 Millionen US-Dollar, von denen der Skipper und Eigner Bethune die Hälfte selbst finanzierte. Bethune arbeitete vorher im Öl-Geschäft als Ingenieur. Nach der Fertigstellung ging die Earthrace 2006 auf eine Welttour, bei der sie in unterschiedlichen Häfen für das Publikum zugänglich war.[4]

Weltumrundungs-Rekord

Der erste Rekordversuch 2007 wurde nach Materialschäden und einer Kollision der Earthrace mit einem unbeleuchteten Fischerboot vor der guatemaltekischen Küste im März 2007, bei der ein Fischer ertrank, abgebrochen. Die Besatzung des Schnellbootes wurde von einer Schuld an dem Unfall freigesprochen.

Beim zweiten Rekordversuch 2008 gelang es der Crew, in 60 Tagen, 23 Stunden und 49 Minuten die Welt zu umrunden und damit den bestehenden Rekord für motorgetriebene Schiffe um 14 Tage zu unterbieten. Dabei legte sie eine Strecke von 24.000 Seemeilen – ungefähr 44.500 km – mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 31,5 km/h zurück und fuhr sowohl durch den Panama- als auch den Suez-Kanal. Die benötigten 115.000 Liter Bio-Diesel-Treibstoff wurden von einem portugiesischen Sponsor finanziert und vorher an die Häfen der zwölf Zwischenstopps verbracht.[5] Der Weltumrundungsrekord für Segelschiffe nach den Regeln der Jules Verne Trophy liegt bei weniger als 48,5 Tagen.

Einsatz bei Sea Shepherd

Vor dem Einsatz bei Sea Shepherd wurde das Schiff schwarz lackiert

Seit Oktober 2009 war das Schnellboot im Besitz der Tierschutzorganisation Sea Shepherd Conservation Society. Diese setzte das Boot ab Ende 2009 im Kampf gegen den Walfang durch japanische Fischer in der Antarktis ein.[6] Pete Bethune blieb als Kapitän auf dem Schiff, das nach einem der Spender der Organisation umbenannt wurde.[2] Ady Gil, ein Beleuchtungs-Unternehmer in Hollywood, spendete hierfür eine Million US-Dollar an Sea Shepherd.[7]

Im Einsatz kollidierte das Begleitschiff Shonan Maru 2 der japanischen Walfangflotte am 6. Januar 2010 mit der Ady Gil in der Nähe der Commonwealth-Bucht bei 64° 1′ 50″ S, 143° 5′ 23″ O-64.030416666667143.08961111111[8] 2.300 Kilometer südlich von Tasmanien. Die Shonan Maru 2 überlief dabei die Ady Gil und trennte ein 4,50 Meter langes Stück des Bugs ab.[9] Die sechs Besatzungsmitglieder, ein Australier, ein Niederländer und vier Neuseeländer, konnten von der „Bob Barker“, einem weiteren Schiff von Sea Shepherd, aufgenommen werden.[6]

Das Mutterschiff Bob Barker versuchte, die Ady Gil in die 36 bis 48 Stunden entfernte französische Forschungsstation Dumont d’Urville zu schleppen. Das Boot wurde bei dem Zusammenstoß jedoch so stark beschädigt, dass es nach 37 absolvierten Kilometern aufgegeben werden musste und am 8. Januar um 3.30 Uhr Ortszeit sank.[10] Die Crew pumpte zuvor noch Treibstoff und Öl ab und versuchte, Batterien und Ausrüstungsgegenstände zu bergen.

Ein Besatzungsmitglied erlitt bei der Kollision einen Rippenbruch. Sea Shepherd und die japanischen Walfänger geben sich gegenseitig die Schuld an dem Vorfall, der von neuseeländischen und australischen Behörden untersucht wurde.[11] Der australische Senator Bob Brown schickte eine Rechnung über 2 Millionen Dollar an die japanische Botschaft.[12] Am 15. Februar 2010 enterte der Kapitän der Ady Gil, Pete Bethune, von einem Jet-Ski aus das Schiff der japanischen Walfangflotte, die Shonan Mahru 2, um dessen Kapitän eine Rechnung über 3 Millionen Dollar für den Verlust der Ady Gil zuzustellen. Bethune wurde auf dem Schiff festgesetzt und nach Tokio überführt. Dort saß er in Untersuchungshaft und wurde der Piraterie angeklagt.[13] Er wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt und des Landes verwiesen.[14]

Peter Bethune sagte im Oktober 2010 aus, dass Sea-Shepherd-Gründer Paul Watson die Versenkung der noch funktionsfähigen Ady Gil anordnete, um die Öffentlichkeit auf seine Seite zu ziehen.[15] Eine Untersuchung des Vorfalls durch die neuseeländische Seefahrtsbehörde kam zu dem Schluss, dass es sich um einen Unfall handelte und keiner der Kapitäne den Zusammenstoß absichtlich herbeiführte.[16]

Weblinks

 Commons: Ady Gil – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Popular Mechanics: Earthrace!, Juni 2007 (englisch).
  2. a b Anti-whalers Sea Shepherd buy record-holding powerboat, National Post, 9. November 2009 (englisch)
  3. Video-Dokumentation über die Earthrace (englisch)
  4. Eric Lacitis: Strange watercraft visits Seattle, The Seattle Times, 5. August 2006 (englisch)
  5. Sandra-Valeska Bruhns: Mit dem Öko-Schnellboot in Rekordzeit um die Welt, Welt Online, 6. Juli 2008
  6. a b Walfänger zerstören Hightech-Schiff von Umweltaktivisten, Spiegel Online, 6. Januar 2010
  7. Peter Millar: Ady Gil downed by Japanese whalers In: The Sunday Times, 10. Januar 2010 (englisch).
  8. Tim Schwabedissen: Walfänger versenkt Boot von Tierschützern auf der Seite des Europäischen Segel-Informationssystem vom 6. Januar 2010
  9. Tim Schwabedissen: Kampf um die „Ady Gil“ dauert an auf der Seite des Europäischen Segel-Informationssystem vom 6. Januar 2010
  10. tagesschau.de: „Ady Gil“ in der Antarktis gesunken. Abgerufen am 8. Januar 2010.
  11. Ady Gil sinks after whaling skirmish, ABC News, 8. Januar 2010 (englisch)
  12. Ben Packham, Alison Rehn: Ady Gil promises to rebuild Sea Shepherd's boat, news.com.au, 9. Januar 2010 (englisch)
  13. Bernd Musch-Borowska: Neuseeland jetzt doch für kommerziellen Walfang (nicht mehr online verfügbar). In: tagesschau.de, 3. April 2010
  14. The Irish Times: Activists who exposed sale of whale meat convicted, 7. September 2010
  15. Activist says Sea Shepherd sank its own ship. In: 9News. 7. Oktober 2010, abgerufen am 20. November 2010 (englisch).
  16. Schiffskollision – Japanische Walfänger von Vorwurf freigesprochen. In Der Spiegel, 18. November 2010

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