Ada-Gruppe

Ada-Gruppe
Meister der Ada-Gruppe: Der Evangelist Matthäus , um 790
Unbekannter Lorscher Meister:: Der Evangelist Lukas, um 810
Maiestas domini-Darstellung im Godescalc-Evangelistar (wahrscheinlich Aachen, 781/783).

Als Ada-Gruppe oder Hofschule Karls des Großen wird eine Malschule der karolingischen Buchmalerei bezeichnet, die nach einem Hauptwerk, der um 790 entstandenen Ada-Handschrift benannt ist. Die Ada-Handschrift diente einer Reihe von Manuskripten als Vorlage, so dass diese Handschriften zur sogenannten Ada-Gruppe zusammengefasst werden. Die Ada-Handschrift gab somit wichtige künstlerische Anregungen und Impulse, die in der Folge zur Entwicklung eines gemeinsamen Stils beigetragen haben.[1]

Inhaltsverzeichnis

Lokalisierung

Die Hofschule war im höfischen Umfeld in Aachen tätig. Erwogen wurde früher auch eine Lokalisierung im Reichskloster Fulda[2] oder im Reichskloster Lorsch[3].

Stil

Den Handschriften der Ada-Gruppe ist die bewusste Auseinandersetzung mit dem antiken Erbe sowie ein übereinstimmendes Bildprogramm gemeinsam. Sie orientieren sich dabei vermutlich vorwiegend an spätantiken Vorlagen aus Ravenna.[4] Neben prachtvollen, Architekturmotive oder edelsteinverzierte Bilderrahmen imitierenden Arkaden und insular beeinflussten Initial-Zierseiten gehören großflächige Evangelistenbilder zur Ausstattung, die seit der Ada-Handschrift einen Grundtyp vielfach variieren. Den Figuren mit klar konturierter Binnenzeichnung wird durch schwellende, reiche Gewänder zum ersten Mal seit römischer Zeit wieder Körperlichkeit, dem Raum Dreidimensionalität zurückgegeben.[5] Den Bildern ist ein gewisser horror vacui, die Angst vor der Leere, gemeinsam, so füllen ausladende Thronlandschaften die Blätter mit den Evangelistenbildern. Zeitgleich und wahrscheinlich am gleichen Ort war die sogenannte Palastschule Karls des Großen tätig, die die Gruppe des Wiener Krönungsevangeliars schuf. In dieser Malschule waren wahrscheinlich byzantinische Buchmaler tätig, deren Stil sich stark von dem der Hofschule unterschied.

Werke

Die erste Prachthandschrift, die Karl zwischen 781 und 783, also unmittelbar nach seiner Romfahrt, in Auftrag gab, war das nach seinem Schreiber benannte Godescalc-Evangelistar. Möglicherweise entstand dieses Werk noch nicht in Aachen, sondern in der Königspfalz Worms.[6] Die große Initialseite, Zierbuchstaben und ein Teil der Ornamentik entstammen der insularen, nichts erinnert aber an die merowingische Buchmalerei. Das Neue der Illumination sind die der Antike entnommenen Schmuckelemente, plastisch-figürlichen Motive sowie die verwendete Schrift. Die ganzseitigen Miniaturen – der thronende Christus, die vier Evangelisten sowie der Lebensbrunnen – streben nach realer Körperlichkeit und einer logischen Verbindung zum dargestellten Raum und wirkten so stilbildend für die folgenden Werke der Hofschule. Der Text wurde mit goldener und silberner Tinte auf purpurgefärbtem Pergament geschrieben.

Um 790 entstanden der erste Teil der Ada-Handschrift und ein Evangeliar aus Saint-Martin-des-Champs. Es folgte der ebenfalls nach seinem Schreiber benannte, vor 795 geschriebenen Dagulf-Psalter, der nach dem Widmungsgedicht von Karl selbst in Auftrag gegeben wurde und als Geschenk für Papst Hadrian I. bestimmt war. Noch Ende des achten Jahrhunderts sind die Evangeliare in Abbeville und in London,[7] anzusetzen, um 800 das Evangeliar von Saint Médard in Soissons sowie der zweite Teil der Ada-Handschrift und um 810 das Lorscher Evangeliar. Ein Fragment eines Evangeliars in London[8] beschließt die Reihe der illustrierten Handschriften aus der Hofschule. Nach dem Tod Karls des Großen löste sie sich anscheinend auf.[9] So bestimmend ihr Einfluss bis dahin war, scheint sie für die Buchmalerei der folgenden Jahrzehnte doch nur wenig Spuren hinterlassen zu haben.[9] Nachwirkungen lassen sich in Fulda, Mainz, Salzburg und im Umkreis von Saint-Denis sowie einigen nordostfränkischen Skriptorien nachweisen.[10]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. vgl. W. Köhler: Die Tradition der Adagruppe und die Anfänge des ottonischen Stiles in der Buchmalerei. In: Wilhelm Worringer (Hrsg.): Festschrift zum sechzigsten Geburtstag von Paul Clemen. Cohen, Bonn 1926, S. 255–272
  2. vgl. dazu die Abgrenzung von H. Zimmermann: Die Fuldaer Buchmalerei in karolingischer und ottonischer Zeit. Rohrer, Brünn 1910 (Dissertation, Halle)
  3. so F. Oslender O.S.B.: Die geistige Welt der Karolingerzeit im Spiegel ihrer Buchmalerei. In: A. Zimmermann, J. Koch: Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters. Band 1. Brill Archive, 1950, S. 122
  4. Jakobi-Mirwald, S. 238.
  5. Lexikon des Mittelalters, Sp. 842.
  6. Mütherich 1999, S. 561.
  7. London, British Library, Harley Ms. 2788.
  8. London, British Library, Cotton Clausius B. V.
  9. a b Holländer, S. 248.
  10. Mütherich, S. 564.

Literatur

  • A. Boeckler: Formgeschichtliche Studien zur Ada-Gruppe. In: Bayer. Akademie d. Wiss. Phil. Hist. KL. Abhandl. NF. 42 (vorgetragen am 11. November 1955), München 1956
  • Wilhelm Köhler: Die Tradition der Adagruppe und die Anfänge des ottonischen Stiles in der Buchmalerei. In: W. Worringer (Hrsg.): Festschrift zum sechzigsten Geburtstag von Paul Clemen. Cohen, Bonn 1926, S. 255–272
  • Wilhelm Köhler: Die Karolingischen Miniaturen. 3 Bände, Deutscher Verein für Kunstwissenschaft (Denkmäler deutscher Kunst), früher Verlag Bruno Cassirer, Berlin 1930–1960, fortgeführt von Florentine Mütherich, Bände 4–7, Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, später Reichert Verlag, Wiesbaden 1971–2007
  • Florentine Mütherich, Joachim E. Gaehde: Karolingische Buchmalerei. Prestel, München 1979, ISBN 3-7913-0395-3
  • Florentine Mütherich: Die Erneuerung der Buchmalerei am Hof Karls des Großen. In: 799. Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Band 3, S. 560–609.
  • Ingo F. Walther, Norbert Wolf: Meisterwerke der Buchmalerei. Taschen, Köln u. a. 2005, ISBN 3-8228-4747-X

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