Abaschewo-Kultur

Abaschewo-Kultur
Abaschewo-Kultur
Zeitalter: Bronzezeit
Absolut: 1800–1700 v. Chr.
Relativ: Bz A2 - B (Reinecke)
Ausdehnung
Süden: Südural
Westen: Wolga
Osten: Tobol
Leitformen

Hügelgräber

Die Abaschewo-Kultur ist eine archäologische Kultur der späten Bronzezeit die zwischen 1700 und 1600 v. Chr. existierte. Ihr Verbreitungsgebiet waren die wenig bewaldeten Gegenden zwischen dem heutigen Kasan, dem Ural und dem in den Irtysch mündenden Fluss Tobol. Sie wurde durch die mit Grabbeigaben ausgestatteten Hügelgräber und ihre Siedlungen bekannt. Der Abaschewo-Kulturkreis beeinflusste weitere Kulturen des eurasischen Raumes.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Prähistorische Kulturen Russlands[1]
Mittelsteinzeit
Kunda-Kultur 7400–6000 v. Chr.
Jungsteinzeit
Bug-Dnister-Kultur 6500–5000 v. Chr.
Katakombengrab-Kultur
Dnepr-Don-Kultur 5000–4000 v. Chr.
Sredny-Stog-Kultur 4500–3500 v. Chr.
Jekaterininka-Kultur 4300–3700 v. Chr.
Fatjanowokultur um 2500 v. Chr.
Kupfersteinzeit
Nordkaspische Kultur
Kurgankultur 5000–3000 v. Chr.
Samara-Kultur um 5000 v. Chr.
Chwalynsk-Kultur 5000–4500 v. Chr.
Botai-Kultur 3700–3100 v. Chr.
Jamnaja-Kultur 3600–2300 v. Chr.
Afanassjewo-Kultur 3500–2500 v. Chr.
Usatovo-Kultur 3300–3200 v. Chr.
Glaskowo-Kultur 3200–2400 v. Chr.
Bronzezeit
Poltavka-Kultur 2700–2100 v. Chr.
Potapovka-Kultur 2500–2000 v. Chr.
Sintashta-Kultur 2100–1800 v. Chr.
Okunew-Kultur um 2000 v. Chr.
Samus-Kultur um 2000 v. Chr.
Andronowo-Kultur 2000–1200 v. Chr.
Abaschewo-Kultur 1800–1600 v. Chr.
Susgun-Kultur um 1700 v. Chr.
Srubna-Kultur 1600–1200 v. Chr.
Kolchis-Kultur 1700–600 v. Chr.
Begasy-Dandybai-Kultur um 1300 v. Chr.
Karassuk-Kultur um 1200 v. Chr.
Ust-Mil-Kultur um 1200–500 v. Chr.
Koban-Kultur 1200–400 v. Chr.
Irmen-Kultur 1200–400 v. Chr.
Spätirmen-Kultur um 1000 v. Chr.
Aldy-Bel-Kultur 900–700 v. Chr.
Eisenzeit
Baitowo-Kultur
Tagar-Kultur 900–300 v. Chr.
Nosilowo-Gruppe 900–600 v. Chr.
Ananino-Kultur 800–300 v. Chr.
Tasmola-Kultur 700–300 v. Chr.
Gorochowo-Kultur 600–200 v. Chr.
Sagly-Baschi-Kultur 500–300 v. Chr.
Jessik-Beschsatyr-Kultur 500–300 v. Chr.
Pasyryk-Stufe 500–300 v. Chr.
Sargat-Kultur 500 v. Chr.–400 n. Chr.
Kulaika-Kultur 400 v. Chr.–400 n. Chr.
Tes-Stufe 300 v. Chr.–100 n. Chr.
Schurmak-Kultur 200 v. Chr.–200 n. Chr.
Taschtyk-Kultur 100–600 n. Chr.
Tschernjachow-Kultur 200–500 n. Chr.

Abaschewo leitet sich von dem in Tschuwaschien gelegenen Ort gleichen Namens ab.[2] Hier befindet sich eine Grabstätte Angehöriger dieses Kulturkreises. Viele Kunstelemente dieser Kultur leiten sich aus der Schnurkeramik ab. Verschiedene Jamnaja-Katakombengrab-Gruppen nahmen Einfluss auf den Kulturkreis.

Siedlungsgebiete

Mitglieder der Abaschewo-Kultur bewohnten die westlichen Hänge des Urals. Teilweise lebten sie im Bereich des Trans-Ural.[3] Sie bewohnten hier die wenig bewaldeten Gegenden, es finden sich ebenfalls Hinweise auf Siedlungen im bewaldeten Mündungsbereich des Wetluga sowie in Gebirgsregionen des Ural.

Verwandte Völker des gleichen Kulturkreises lebten im Bereich der mittleren Wolga sowie der Wasserscheiden von Don und Wolga. Die Balanbasch, die ebenfalls der Abaschewo-Kultur angehörte, waren im Ural beheimatet. Sie zeigten jedoch wesentliche Unterschieden zur klassischen Abaschewo-Kultur und gehörten einem größeren Kulturkreis an.

Aufgrund ihrer geografischen Zuordnung innerhalb des etwa 1000 * 300  Kilometer großen Siedlungsgebietes lassen sich die Angehörigen der Abaschewo-Kultur in drei Gruppen unterteilen:

  • Als Don-Wolga-Gruppe bezeichnen Archäologen die im Siedlungsgebiet westlich der Wolga und östlich des Don lebenden Mitglieder der Abaschewo-Kultur.
  • Eine Mittel-Wolga-Variante siedelte im Gebiet zwischen Wolga und Südural
  • Die Südural-Variante wurde dem Bereich zwischen Südural und dem Fluss Tobol zugeordnet.

Zeitliche Einordnung

Eine zeitliche Einordnung wurde durch neueste stratigraphische Methoden ermöglicht. Sie belegen, dass die Abaschewo-Kultur dem 17. und 16. vorchristlichen Jahrhundert und damit der späten Bronzezeit zugeordnet werden kann. Keramikbruchstücke aus diesem Kulturkreis überlappen mit denen der Srubna-Kultur. Da sich Elemente der Begräbnisrituale der Alakul-Kultur denen der Abaschewo ähneln, entwickelten einige Forscher die Hypothese, dass die Abaschewo-Kultur länger andauerte als aufgrund des stratigraphischen Ergebnisses ermittelt wurde.

Neueste Untersuchungen ordnen die komplette frühe Metallurgie der Uralregion dem Kulturkreis der Abaschewo zu. Hierzu haben die Wissenschaftler die Besonderheiten einzelner in der Ural- und Wolga-Region lebender Gruppen der dort früher und später lebenden Bevölkerung gegenüber gestellt. Es wurde festgestellt, dass sowohl den an der Wolga als auch den am Ural lebenden Gruppen ohne zeitliche Unterbrechung weitere Gruppen folgten. Es kam also zu keinen zeitlichen Unterbrechungen in der Besiedlung.

Archäologische Spuren

Siedlungen

Insgesamt wurden etwa 50 Siedlungen entdeckt, nur in zehn finden sich brauchbare Fundstücke in auswertbarer Zahl. Die Siedlungen der Ural-Abaschewo-Kultur befinden sich meist im vorderen Bereich der ersten Stufe einer Flussterrasse oder sie wurden in höher gelegenen Tälern angelegt. In zwei Fällen konnte bei Siedlungen eine einfach angelegte Verteidigungseinrichtung nachgewiesen werden.

Die größte Siedlung besaß eine Fläche von einigen Tausend Quadratmetern. Archäologische Untersuchungen ergaben, dass eine durchschnittliche Niederlassung aus einem bis zu drei Häusern bestand. Archäologen gehen davon aus, dass die Häuserzahl vermutlich größer war, da viele Gebäude aufgrund fehlender Fundstücke nicht mehr erkennbar sind.

Abaschewo-Bauten wurden aus Holz errichtet. Dessen Verfügbarkeit schränkte die Bauweise ein. Wohnhäuser besaßen Maße zwischen 6 * 6,5 und 13 * 14  Metern. Hierbei fällt auf, dass alle Gebäude trotz unterschiedlicher Größe ähnliche Bauweise aufweisen. Da in den kleineren Gebäuden mehr metallische Gegenstände gefunden wurden, kann vermutet werden, dass der Größenunterschied auf unterschiedliche Nutzung hindeutet. Am Boden einzelner Häuser lassen sich in einigen Fällen Feuerstellen und Vertiefungen, die eventuell Vorratsräume darstellten, ausmachen.

Typische Fundstücke aus der Abaschewo-Kultur sind Tonscherben und Tierknochen. So wurden Krüge, Schalen, Kannen und Gefäße mit scharf ausgeformten Schultern gefunden. Charakteristisch für diese Gegenstände ist die spezielle Gestalt der Außenzone. Sie besitzt ein innenliegendes Gitter.

Bis auf wenige Einzelstücke waren die gefundenen Gefäße dekoriert. Meist handelt es sich hierbei um Abdrücke oder Linien, die von Kämmen erzeugt wurden. Einige besitzen Vertiefungen, geometrische Formen oder Linien. Vermutlich handelt es sich hierbei um Dekorationen, die auf der Kleidung angebracht waren.

Neben Ton-Gegenständen finden sich in den Siedlungen Artikel aus Metall. Hierzu gehören Stößel, Schleifgerätschaften und Tiegel. Applikationen in Form von Rosetten, die sich auf der Kleidung oder auf dem Haar befestigen ließen, scheinen ebenfalls typisch für die Kultur gewesen zu sein. Hierzu kamen Ringe, Anhänger und Armreife. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die verfügbare Literatur oft den Reichtum an Metallgeräten und Metallschmuck einzelner Funde übertrieben darstellt. Sicher ist, dass die Abaschewo-Kultur ein wichtiges Zentrum der Metallurgie im südlichen Ural war. Hierzu verhalfen ihr die kupferhaltigen Erze der Region.

Grabstätten

Bekannter und für viele Archäologen aussagekräftiger als die Siedlungen sind die Begräbnisstätten. Diese bestehen meist aus „Friedhöfen“ mit bis zu zehn Grabhügeln. Die höchste Zahl entdeckter Grabhügel auf einer Fläche lag bei 25.

Archäologen entdeckten, dass der überwiegende Teil der untersuchten Grabhügel männliche Leichname barg. Zahlreiche Gräber, vermutlich höhergestellter Persönlichkeiten, enthielten Grabbeigaben. Diese Auffälligkeit findet sich besonders bei Gräbern aus dem Bereich der Don: Friedhöfe von Filatowka und Wlassowo.

Bei der Untersuchung der Leichen wurde festgestellt, dass die Beisetzung stets auf dem Rücken liegend und mit gebeugten Beinen erfolgte. Ein Grabhügel enthielt meist mehrere Gräber. Teilweise begruben die Bewohner ihre Toten sogar in Grabhügeln anderer Kulturen. In einigen Gräbern lassen sich Spuren von einem Boden aus Birkenholz erkennen. Wände und Decken besaßen eventuell eine Holzabdeckung. Einige Gräber wiesen zusätzlich eine Umfriedung auf, die entweder aus Stein oder aus Holz errichtet wurde.

Die Gräber besaßen kaum Ausschmückungen, lediglich in wenigen Fällen wurden Gefäße mit gemahlenen Muscheln, Tierknochen oder in Ausnahmefällen Metallgeräte ins Grab gegeben.

Einen spektakulären Fund bietet das Grab von Pepkino. In ihm wurden 28 Männer, die eines gewaltsamen Todes gestorben waren, beigesetzt. Einige wiesen am Kopf Spuren von Axthieben auf.

Bei der Beisetzung scheinen Tieropfer eine Rolle gespielt zu haben, denn in vielen Gräbern wurden Knochen von Vieh sowie Schafsknochen entdeckt. Grabbeigaben in Form von Gefäßen, Knochen und Metallgegenständen wie beispielsweise Meißel, Dolche, sichelförmige Geräte, Ösen oder Haken wurden ebenfalls ausgegraben. Von besonderer Bedeutung sind Grabbeigaben in Form von Armbändern und Ringen.

Sozialleben

Die entdeckten Tierknochen lassen Rückschlüsse auf die Ernährung der Bewohner zu. Zwischen 68 und 79 % der Knochen stammten von Vieh, gefolgt von Schafs- und in geringem Umfang Schweineknochen. Anders als in vielen anderen Kulturen der Bronzezeit fanden Archäologen bei der Abaschevo-Kultur nur wenige Pferdeknochen, obwohl Pferdegeschirre entdeckt wurde. Hieraus leiten sie einen Hinweis auf eine stabile, ausgewogene Lebensweise, wie sie beispielsweise bei einem mit Vorräten ausgestatteten Winterlager zu erwarten ist, ab. Den Anteil an Schweineknochen erklären die Archäologen durch primitiv betriebene Landwirtschaft der Siedler. Als Besonderheit ergibt sich, dass ein erhöhter Anteil an Schweineknochen nur im Bereich des Cis-Urals beobachtet wird, da nur hier Eichenwälder vorhanden waren. Eicheln dienten als Schweinefutter.

Einfluss auf andere Kulturen

Die Abaschewo-Kultur hat Einfluss auf zahlreiche andere Kulturen der mittleren Bronzezeit Eurasiens. Hierbei ist die Art und Weise, wie diese Einflussnahme stattgefunden hat, noch nicht endgültig geklärt. So wanderten beispielsweise die Seima-Turbino in das Gebiet ein, dass von Angehörigen dieses Kulturkreises besiedelt war. Es finden sich keine Hinweise auf kriegerische Auseinandersetzungen. Im Gegensatz dazu besitzt der Grabhügel von Pepkino eindeutige Hinweise auf einen kriegerischen Konflikt zwischen Abaschevo- und den in Waldgebieten lebenden Balanovo-Kultur.

Die Abaschewo-Kultur wurde von der Srubna-Kultur assimiliert, die sie später ersetzte.

Einzelnachweise

  1. Die Datierungen in der Tabelle sind den einzelnen Artikeln entnommen und müssen nicht immer zuverlässig sein. Kulturen auf Gebieten ehemaliger Sowjetrepubliken wurden mit einbezogen.
  2. Abashevo Map—Satellite Images of Abashevo
  3. Indo-european & kurgan origins [Archive] - Skadi Forum. Forums. skadi.net (25. Oktober 2003). Abgerufen am 3. Juli 2010.

Literatur

  • Kama: Webster’s Quotations, Facts and Phrases; Icon Group International, Inc.; 2008; ISBN 0-546-65132-1, 9780546651324; S.19
  • Ludmila N. Koryakova, Andrej Vladimirovich Epimakhov, Urals and Western Siberia in the Bronze and Iron Ages. Cambridge University Press 2007; . ISBN 0-521-82928-3, 9780521829281;
  • Elena Efimovna Kuzʹmina, Victor H. Mair, The Prehistory of the Silk Road. University of Pennsylvania Press, 2007; S. 46-49. ISBN 0-8122-4041-3, 9780812240412;
  • Z. P. Mallory, Douglas Q. Adams, Encyclopedia of Indo-European Culture; Autor: Taylor & Francis, 1997; ISBN 1-884964-98-2, 9781884964985; S. 1-2
  • Philip L. Kohl, The Making of Bronze Age Eurasia. Cambridge University Press, 2007; S. 146. ISBN 0-521-84780-X, 9780521847803;

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