Avro (Unternehmen)

Avro (Unternehmen)
A.V. Roe and Company
Rechtsform Limited Company
Gründung 1909
Auflösung 1963
Sitz Woodford (Greater Manchester), Großbritannien
Branche Flugzeugbau, Automobilbau

Avro (eigentlich A.V. Roe and Company) war ein britischer Flugzeug- und Automobilhersteller mit Stammsitz in Manchester. Der Name geht zurück auf den Unternehmensgründer, den Flugzeugpionier Sir Edwin Alliott Verdon Roe.

Inhaltsverzeichnis

Unternehmensgeschichte

Die Anfänge

Nachdem sich Roe bereits einen Namen als Konstrukteur gemacht hatte, entwickelte er im Jahre 1908 mit der Roe I das erste englische Motorflugzeug. Es war ein hölzerner Doppeldecker, angetrieben von einem 24-PS-Motor mit Druckschraube. Darauf folgten mehrere Dreideckerkonstruktionen wie die Avro Triplane.

Am 27. April 1909 gründete A.V. Roe zusammen mit seinem Bruder Humphrey V. Roe das Unternehmen A.V. Roe and Company.

Es folgten verschiedene Weiterentwicklungen von Roes Konstruktionen. Mit der Avro Type D, deren Erstflug am 1. April 1911 stattfand, wandte sich Roe vom Dreidecker-Konzept ab und widmete sich nun wieder dem Doppeldecker. Ein Exemplar des Type D wurde sogar versuchsweise mit Schwimmern ausgestattet, dieses Baumuster gilt als erstes britisches Wasserflugzeug.

Ein gesteigertes Interesse an der Entwicklung von Wasserflugzeugen führte im Herbst 1912 dazu, dass A.V. Roe einen Produktionsbetrieb nach Shoreham-by-Sea verlegte, wo eine geeignete Wasserfläche zum Testen dieser Maschinen zur Verfügung stand.

Im Januar 1913 wurde das Unternehmen in A.V. Roe & Company Ltd. umbenannt und die Abkürzung Avro als Handelsname eingeführt.

Neben verschiedenen Modellen, die teilweise nur in sehr geringen Stückzahlen gefertigt wurden – manchmal wurde von einer Baureihe lediglich ein Prototyp produziert – fertigte das Unternehmen auch Modelle, die äußerst erfolgreich und gefragt waren und teilweise bis zum heutigen Tage als legendär gelten. Nicht zuletzt war Chefkonstrukteur Roy Chadwick für viele gelungene Entwürfe des Unternehmens Avro verantwortlich.

So fertigte Avro im Ersten Weltkrieg die Avro 504, ein Flugzeug, das zwar weniger im Kampf eingesetzt wurde, aber vielen Piloten als Ausbildungsmaschine diente. Die Maschine hatte ihren Erstflug am 5. Juli 1913 und wurde in hohen Stückzahlen über einen langen Zeitraum produziert; noch bis 1932 wurde die 504 für den Export gebaut. Sie setzte damit vor allem in England Akzente im Bereich der Freizeitfliegerei.

Das gestiegene Interesse an der Luftfahrt wurde bei Avro erkannt, und so wurde nach dem Ersten Weltkrieg die Avro Transport Company gegründet, deren Geschäftsziel es war, Vergnügungsflüge, so genanntes „Joy-riding“, durchzuführen. Vor allem in den Seebädern der englischen Südküste erfreuten sich diese Flüge großer Beliebtheit.

Automobilbau

Ein zweites Standbein schaffte sich Avro nach dem Kriegsende im Bereich der Automobilindustrie. So arbeitete das Unternehmen als Zulieferer für das Modell T der Ford-Werke in Trafford Park, und auch eigene Automobilentwicklungen mit unterschiedlichen Motorvarianten wurden ab 1919 auf den Markt gebracht.

Ein Unikum war das „Monocar“, quasi ein verkleidetes Motorrad, das bis zum Ende der 1920er-Jahre gebaut wurde. Wahrscheinlich wurde Roe zum Bau dieses Vehikels durch die Tatsache inspiriert, dass sein Unternehmen in den Jahren zuvor den Runabout des Unternehmens Harper gebaut hatte. Der Harper Runabout war ein kleines, dreirädriges Fahrzeug mit einem 270-cm³-Einzylinder-Motor von Villers und stellte als kostengünstiges Auto für die breite Masse der Bevölkerung eine Alternative zum Motorrad dar.

Ebenfalls bot Avro das Leichtautomobil 11 hp mit seitengesteuertem 1,3 l - Vierzylindermotor an. Der Wagen hatte keinen separaten Rahmen, sondern eine selbsttragende Karosserie in Gemischtbauweise (blechbeplanktes Holzgerüst). Nach einem Jahr wurde die Fertigung eingestellt.

Die „Goldenen Zwanziger“

In den 1920er-Jahren nahmen viele Avros an den verschiedensten Flugzeugrennen und Wettbewerben teil, um die Leistungsfähigkeit der Flugzeugbauer aus Manchester und Hamble bei London zu demonstrieren.

Vor allem Maschinen aus der Avro-Avian-Reihe machten mit mehreren Rekordflüge von sich Reden, so zum Beispiel im Februar 1928 beim Langstreckenflug des Avro-Chefpiloten Herbert „Bert“ Hinkler von England nach Australien.

In dieser Zeit arbeitete man bei Avro auch an der Entwicklung des Autogiros, so wurden einige Maschinen von Cierva in Lizenz gebaut.

Ab dem Jahr 1935 gehörte Avro zur Hawker-Siddeley-Gruppe.

Der Zweite Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg entwickelte Avro aus der zweimotorigen „Manchester“ die „Lancaster“, den erfolgreichsten Nachtbomber der Royal Air Force, dem eine kriegsentscheidende Rolle nachgesagt wird.

Die Nachkriegszeit

Im Juli 1945 übernahm die Hawker-Siddeley Group das kanadische Unternehmen Victory Aircraft aus Malton, Ontario und gründete dort die Avro Aircraft Ltd., aus der später die Avro Canada entstand. Die Avro Canada entwickelte unter anderem die Avro Canada C-102 „Jetliner“, die Avro Canada CF-100 „Canuck“ und die Avro Canada CF-105 „Arrow“.

Mit der Avro Vulcan wurde das letzte Avro-Militärflugzeug produziert. Der Unternehmensname (Firma) Avro verschwand aufgrund der Reorganisation der Hawker-Siddeley-Gruppe im Jahre 1963.

Avro International Aerospace

1993 wurde Avro International Aerospace als hundertprozentige Tochter der British Aerospace gegründet. Bis 2002 wurden Passagiermaschinen unter der Typenbezeichnung Avro (RJ-Reihe) produziert.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Avro aircraft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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