Bürger in Wut

Bürger in Wut
Bürger in Wut (BIW)
Partei­vorsitzender Jan Timke
Gründung März 2004
Gründungs­ort Bremen
Farbe(n) blau, rot[2]
Mitglieder­zahl 500 (Mai 2011) [1]
Europapartei Europäische Allianz für Freiheit
Website www.buerger-in-wut.de

Bürger in Wut (BIW) ist eine 2004 gegründete rechtspopulistische[3][4][5] Wählervereinigung mit Sitz in Berlin. BIW selbst bezeichnet sich als bürgerlich-konservativ. Die Gruppierung trat im Mai 2007 in Bremen erstmals zur Wahl an und ist seitdem in der Bremischen Bürgerschaft vertreten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Wählervereinigung BIW ging 2004 aus dem aufgelösten Bremer Landesverband der Partei Rechtsstaatlicher Offensive hervor.[6] Programmatisch ähneln sich ihre Positionen vor allem in der Kriminalitäts- und Zuwanderungspolitik. Laut einer Situations-, Akteurs- und Ressourcenanalyse des Politologen Wolf Krämer kann die BIW nicht als rechtsextreme Partei im engeren Sinne bezeichnet werden. Sie grenze sich deutlich vom Rechtsextremismus ab. BIW weise aber eine deutliche Affinität zu fremdenfeindlichen und autoritären Inhalten auf. Ihre kulturalistisch begründete Fremdenfeindlichkeit zeige sich in der Forderung nach‚konsequente[r] Integration der bei uns auf Dauer lebenden Ausländer mit dem Ziel der Assimilation’.[7] Der Politikwissenschaftler Lothar Probst sieht BIW „im noch-demokratischen Rahmen“ und nicht als eine Anti-System-Gruppierung wie die NPD.[1]

Bei der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 13. Mai 2007 stellte sich die Wählervereinigung BIW im Wahlbereich Bremerhaven zur Wahl und erhielt dort 2.336 Wählerstimmen (5,29 %). Sie übersprang damit die Fünf-Prozent-Hürde im Wahlbereich Bremerhaven und zog mit einem Abgeordneten in die Bremische Bürgerschaft ein.[8] Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis hatte die BIW noch 4.99 % der Wählerstimmen und war mit einer Stimme am Einzug in die Bürgerschaft gescheitert.[9] Die BIW erwirkte danach vor dem Verwaltungsgericht Bremen eine einstweilige Verfügung zur Einsichtnahme in die Wahlniederschriften des Wahlbereiches Bremerhaven.[10] Am 9. Juli 2007 legte die Wählervereinigung wegen angenommener Verfahrensfehler bei der Stimmenauszählung Einspruch gegen die Wahl ein. In seinem Urteil vom 20. November 2007 wies das Wahlprüfungsgericht Bremen den Antrag zurück, die Wahl für ungültig zu erklären, ordnete jedoch eine öffentliche Neuauszählung der Stimmen im Wahlbereich Bremerhaven an und bestimmte, das Ergebnis der Wahl erforderlichenfalls zu berichtigen.[11] Gegen den Beschluss des Wahlprüfungsgerichtes legten beide Seiten beim Staatsgerichtshof Bremen Beschwerde ein. Die BIW wollte eine Wiederholungswahl im Wahlbereich Bremerhaven erreichen, der Landeswahlleiter widersprach jedoch der angeordneten Nachzählung. Der Staatsgerichtshof verfügte eine Nachzählung der Stimmen in zwei Bremerhavener Wahlbezirken, die am 21. April 2008 durchgeführt wurde.[12] Am 22. Mai 2008 entschied der Staatsgerichtshof, dass in einem weiteren Stimmbezirk (132/02, Freizeittreff Eckernfeld) eine Wiederholungswahl notwendig sei, da hier tatsächlich erhebliche Unregelmäßigkeiten im Umgang mit den Stimmzetteln festgestellt wurden.[13] Diese wurde für den 6. Juli 2008 angesetzt.[14] Nach dem amtlichen Endergebnis erreichte die BIW in dem betroffenen Stimmbezirk 27,6 % der abgegebenen gültigen Stimmen und kam daher im gesamten Wahlbereich Bremerhaven auf 5,29 %. Sie erhielt damit einen Sitz im Landesparlament von Bremen.[15]

Bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven erreichte die BIW 5,4 % der Stimmen und zog mit drei Abgeordneten ins Stadtparlament ein. Nach den Bremer Wahlen im Mai 2007 wurden Zweifel laut, ob der BIW-Vorsitzende Jan Timke und die spätere Stadtverordnete Annefriede Laue überhaupt wählbar waren. Gegen Annefriede Laue erließ das Amtsgericht Bremerhaven einen Strafbefehl wegen Wahlfälschung, dem Laue aber widersprach und der deshalb nicht rechtskräftig wurde.[15] Timke wurde durch das Amtsgericht im Januar 2009 nach mehrtägiger Verhandlung vom Tatvorwurf der Wahlfälschung freigesprochen, nachdem auch die Staatsanwaltschaft einen Freispruch beantragt hatte.[16]

Nach eigenen Angaben ist die BIW auch in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin vertreten und plant, dort an Wahlen teilzunehmen. Sie trat jedoch weder bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg 2008 noch der 2011 an.

Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen 2011 erreichte die BIW landesweit 3,7 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen (2007 0,8 %). Im Wahlbereich Bremerhaven gewannen die BIW 7,1 Prozent (2007 5,3 %) der Wähler. Außerdem errangen die Kandidaten der BIW erneut drei Sitze in der Stadtverordnetenversammlung von Bremerhaven und sieben Beiratsmandate in der Stadt Bremen.[17]

Wahlprogramm Bremen

Die BIW nennt als ihr Ziel eine „sozial verantwortliche, wertkonservative Politik der Vernunft“. Die aktuellen Probleme Bremens seien Arbeitslosigkeit und Niedriglöhne, zunehmende Staatsverschuldung und Kriminalität, der Geburtenrückgang, eine „falsche“ Bildungspolitik, eine unkontrollierte Zuwanderung und daraus entstehende „konfliktträchtige“ Parallelgesellschaften, der durch Globalisierung entfesselte Kapitalismus und eine „zentralistische“ Europäische Union, die die Souveränität des Landes und die Freiheit der Bürger beschränke.

Die Bremer Bürgerschaft solle auf fünfzig Abgeordnete verkleinert und ein „Landespräsident“ direkt vom Volk gewählt werden. Die Polizeipräsenz müsse verstärkt und eine „freiwillige Sicherheitswacht“ aus „zuverlässigen Bürgern“ gebildet werden. Die staatlich kontrollierte Abgabe von Heroin oder Methadon sei zu beenden, Strafgefangene seien nur noch in Ausnahmefällen vorzeitig zu entlassen. Das dreigliedrige Schulsystem sei wiederherzustellen, Klassenstärken sollen verringert und Schuluniformen eingeführt werden. Zudem soll eine Schuldenbremse verwirklicht und Umweltzonen abgeschafft werden.[18]

Internationale Kontakte

Mitglieder der BIW sind an der Europapartei Europäische Allianz für Freiheit beteiligt.[19] An dieser sind unter anderem Mitglieder der Freiheitliche Partei Österreichs und der United Kingdom Independence Party (UKIP) beteiligt. Zur Anerkennung der Europapartei durch das Europaparlament waren Unterschriften von Parlamentariern aus sieben EU-Ländern nötig, unter anderem von Jan Timke. [20]

Bekannte Mitglieder

Einzelnachweise

  1. a b Der Erfolg des Geert Wilders von Bremen. In: Süddeutsche Zeitung. 23. Mai 2011
  2. Wer wir sind.
  3. Paul Lucardie: Populismus im Parteiensystem in Deutschland und den Niederlanden. In: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Das Parlament. Nr. 35, 27. August 2007 (online, abgerufen am 29. Dezember 2010).
  4. Lothar Probst: Das Parteiensystem in Bremen. In: Uwe Jun, Melanie Haas, Oskar Niedermeyer (Hrsg.): Parteien und Parteiensysteme in deutschen Ländern. Wiesbaden 2008, S. 212 („Google Bücher“, abgerufen am 13. Juli 2010).
  5. Alexander Häusler: Rechtspopulismus als Stilmittel zur Modernisierung der extremen Rechten. In: Alexander Häusler (Hrsg.): Rechtspopulismus als „Bürgerbewegung“. Kampagnen gegen Islam und Moscheebau und kommunale Gegenstrategien. Wiesbaden 2008, S. 39.
  6. Christian Jakob: Beifall vom rechten Rand. In: taz.de. 11. September 2006, abgerufen am 6. November 2008.
  7. Wolf Krämer; Universität Bremen, Fachbereich 8, Arbeitsbereich Wahl-, Parteien- und Partizipationsforschung (Hrsg.): Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Bremen. Problemlagen und Perspektiven. Bremen Dezember 2010, S. 13 (Gefördert im Rahmen des Bundesprogramms Vielfalt tut gut, PDF 690KB, 32 S., abgerufen am 26. Mai 2011).
  8. Der Landeswahlleiter: Pressemitteilung. 10. Juli 2007, abgerufen am 18. April 2011 (PDF).
  9. Der Landeswahlleiter: Pressemitteilung. 25. Mai 2007, abgerufen am 6. November 2007 (PDF).
  10. Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen: Pressemitteilung. 5. Juli 2007, abgerufen am 6. November 2007 (PDF).
  11. Wahlprüfungsgericht der Freien Hansestadt Bremen: Beschluss. 20. November 2007, abgerufen am 6. November 2007 (PDF).
  12. Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen: Pressemitteilung. 11. April 2008, abgerufen am 6. November 2007 (PDF).
  13. Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen: Pressemitteilung. Abgerufen am 6. November 2007 (PDF).
  14. Der Senator für Inneres und Sport: Wahlwiederholung in Bremerhaven am 6. Juli 2008. 27. Mai 2008, abgerufen am 6. November 2007.
  15. a b Wilko Zicht: Bremerhaven: Bürger in Wut in den Landtag gewählt. In: Wahlrecht. 6. Juli 2008, abgerufen am 6. November 2007.
  16. Vorwurf Wahlfälschung: Abgeordneter Timke freigesprochen. In: WELT ONLINE. 28. Januar 2009, abgerufen am 6. April 2009.
  17. BIW: BIW schaffen Wiedereinzug in den Landtag. 27. Mai 2011.
  18. Dieter Wolf: BIW Bürger in Wut - Partei-Profil, Bundeszentrale für politische Bildung, 27. April 2011
  19. Standard.at Mölzer wirkt in neuer EU-Rechtsaußenpartei mit
  20. buerger-in-wut.de BIW-Abordnung bei Nigel Farage
  21. Bremen: Dr. Udo Ulfkotte tritt Bürger in Wut bei. In: Pressemitteilung von BIW. 20. Juni 2007, abgerufen am 25. April 2009.

Weblinks


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